# taz.de -- EuGH entscheidet zu Fake-Möbeln: Kann dieser Schrank Kunst sein?
       
       > Der Schweizer Möbelhersteller USM streitet seit Jahren um den
       > urheberrechtlichen Schutz seines Möbelsystems USM Haller. Nun entschied
       > der EuGH.
       
 (IMG) Bild: Ach, die sind das: Ein Original-Sideboard von USM
       
       Wer einen USM-Haller-Couchtisch vor sich sieht, hat es nur mit dem
       kleinsten Teil einer großen Idee zu tun: Der Architekt und Schöpfer des
       Möbelsystems aus verchromten Rohren und bunten Flächen, Fritz Haller,
       beschäftigte sich in größerem Umfang mit Modularität.
       
       Er dachte über modulare Stadtstrukturen nach, groß genug für die ganze
       Weltbevölkerung. Auch das Werk des Herstellers im Schweizer Kanton Bern
       wurde nach seinen Ideen errichtet und wie das bekannte Möbelsystem in
       modularer Bauweise mehrmals erweitert.
       
       Schnell ist aus der raumlangen Regalwand eine kaskadierende
       Regal-Landschaft zusammengesteckt oder ein paar kubische
       Aufbewahrungsinseln, die wie Eisberge durchs minimalistische Industrie-Loft
       treiben. Leider verhält es sich mit diesen Möbeln auch genau wie mit Lego
       in Kinderhand: Um Visionen zu verwirklichen, braucht es viel Material. Und
       soll die Landschaft aus USM-Haller-Bauteilen entstehen, ist dieses Material
       ganz schön teuer.
       
       ## Populär und imitiert
       
       Günstiger geht es anders: Die Popularität des Designklassikers zeigt sich
       in der Zahl der Imitate auf Onlineplattformen. Eine Suche nach „USM Haller
       Dupe“ etwa führt direkt zu [1][Tchibos] augenscheinlichem Imitat „Sideboard
       CN3“. Die chinesische Handelsplattform [2][Alibaba] bietet ein „Modulares
       Organizer-Schranksystem“ für Büro, Zuhause und Gewerberäume an, das auf
       einem Bild nicht vom Schweizer Vorbild zu unterscheiden ist – dabei aber
       nur Bruchteile kostet.
       
       Das Nürnberger Unternehmen „Konektra“ bietet neben anderen zu USM Haller
       kombinierbare Bauteile und Montagen an: Ersatzteile und Ergänzungen für
       Regale des Schweizer Herstellers. Seit 2019 brennt deswegen ein
       Gerichtsstreit. Aus den Ersatzteilen ließe sich ein komplettes Regal bauen,
       argumentierte USM.
       
       ## Kunst oder Gebrauchsgegenstand?
       
       Der Fall zog vom Düsseldorfer Landgericht über das Düsseldorfer
       Oberlandesgericht (OLG) bis zum Bundesgerichtshof, der 2023 den
       [3][Europäischen Gerichtshof (EuGH)] um Klärung einiger Begriffe ansuchte.
       
       Dass die Gerichte sich jeder möglichen Hilfe der höchsten Instanz bedienen,
       verwundert nicht: Generalanwalt Maciej Szpunar schreibt in seinem
       Schlussantrag von Dilemmata, die der Schutz geistigen Eigentums von Werken
       an der Grenze zwischen „reiner“ Kunst und Gebrauchsgegenstand aufwerfen,
       weil sie beides sind. Die Beurteilung sei notwendig teilweise subjektiv –
       was mit dem Selbstverständnis eines Richters auf Kollisionskurs liegt.
       
       Und so kann der EuGH das Dilemma naturgemäß auch nicht auflösen, aber
       zumindest eine europaweit harmonisierte Vorstellung des
       Urheberrechtsschutzes formulieren. Fraglich war vor allem, unter welchen
       Voraussetzungen Gebrauchsgegenstände solchen Schutz erfahren können.
       
       ## Entscheidung des EuGH
       
       Nun hat der EuGH ein Urteil gesprochen, allerdings ohne die
       Rechtsstreitigkeit final zu klären. Nicht die Idee, sondern die
       Ausdrucksform, das sichtbare Ergebnis sei entscheidend. Darin müsse sich
       die Persönlichkeit der Urheber*in widerspiegeln und ihre freien
       kreativen Entscheidungen erkennbar sein, die sich nicht aus technischen
       Notwendigkeiten ergeben.
       
       Womit man wieder bei gewissen subjektiven Spielräumen wäre. Für
       Möbelgestalter ist mit Urheberrechtsschutz also schwer zu kalkulieren. Wer
       sichergehen will, muss die eigenen Designs als eingetragenes
       Geschmacksmuster anmelden.
       
       Für USM Haller wird sich zeigen, was die deutschen Gerichte damit anfangen.
       Das OLG hatte – anders als zuvor das Landgericht – in den Regalen kein
       urheberrechtlich geschütztes Werk der angewandten Kunst erkannt. Die
       Gestaltung sah es als wesentlich technisch determiniert und insofern nicht
       als frei kreativ an.
       
       Im Februar hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass
       Birkenstock-Sandalen nicht unter den Urheberrechtsschutz von Kunstwerken
       fallen. Birkenstock konnte nicht belegen, [4][dass die Sandale ausreichend
       auf künstlerischen Erwägungen beruhe].
       
       4 Dec 2025
       
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