# taz.de -- Streit um Bremer Kitafinanzierung: Wer ist Schuld an Kitapleite?
       
       > Der bundesweit agierende Kitaträger PME sieht sich in Bremen von der
       > Stadt in die Insolvenz getrieben. Die weist die Vorwürfe zurück. Zurecht?
       
 (IMG) Bild: Nicht leicht, den Überblick zu behalten: Das Bremer Finanzierungssystem für Kitas findet selbst die Behörde kompliziert
       
       Rund 430 Bremer Kindern droht in den nächsten drei Monaten [1][der Verlust
       ihres Kitaplatzes]. Auch nach einem Gespräch zwischen ihren Eltern und
       Vertretern der Bildungsbehörde ist eine Lösung nicht in Sicht.
       
       Grund ist ein Konflikt zwischen der Stadt und dem Kitaträger PME
       Familienservice Bremen gGmbH. Er steht hinter mehreren Kindertagesstätten
       in Bremen. Die Eltern und Mitarbeiter*innen der pme-Kitas wurden am
       20. November über die Situation informiert.
       
       Michael Pohl, Elternvertreter einer der betroffenen Kitas, spricht von
       einem „großen Schock“. Doch innerhalb eines Tages hätten sich die
       Elternvertreter*innen vernetzt: „Es ist wirklich sehr solidarisch“,
       sagt Pohl. „Alle Eltern packen mit an.“
       
       Der Träger hatte der Elternschaft mitgeteilt, zum 21. November Insolvenz
       beantragt zu haben. Sobald die Insolvenz angemeldet ist, läuft ein
       Countdown von drei Monaten für die Bremer PME-Kitas. Gehälter der
       Beschäftigten können nicht darüber hinaus gezahlt werden. Betroffen von der
       angedrohten Pleite wären bis zu acht Einrichtungen mit rund 430
       Betreuungsplätzen und etwa 120 Beschäftigtne.
       
       ## Vorwürfe gegen die Stadt
       
       Nach Angaben des Trägers hat ein Zahlungsstopp der Stadt Bremen zu der
       wirtschaftlichen Notlage geführt. Über einen längeren Zeitraum sei so ein
       Defizit von mehr als einer Million Euro entstanden. Der Mutterkonzern pme
       wirft der Stadt vor, über Jahre hinweg den Träger unterfinanziert zu haben.
       Während laufender Verhandlungen habe sie dann seit Oktober die Zahlungen
       eingestellt.
       
       Auch die Bremer CDU-Familienpolitikerin Sandra Ahrens erhebt schwere
       Vorwürfe gegen die Behörde. In einer Pressemitteilung aus dem November
       hatte sie sogar behauptet, die Behörde habe den Träger „in die Pleite
       getrieben“. Mittlerweile ist dieser Beitrag auf der Webseite der CDU
       gelöscht.
       
       Die Stadt weist die Vorwürfe zurück. Es habe seit Monaten Gespräche mit pme
       gegeben, um die „trägereigenen Probleme“ zu lösen. Allerdings habe PME auch
       nach mehrfacher Aufforderung notwendige Nachweise nicht erbracht. Deshalb
       seien die Zahlungen vorerst eingestellt worden. Die Mitwirkung des Trägers
       bezeichnet eine Sprecherin des Senats als „schwierig“.
       
       Der Träger ist eine hundertprozentige Tochter der bundesweit agierenden PME
       Familienservice GmbH. Obwohl er Kitas in Bremen verantwortet, ist er beim
       Amtsgericht Berlin-Charlottenburg registriert. Unter der Bezeichnung „PME
       Familienservice“ finden sich außer in Berlin auch in Frankfurt am Main und
       Bonn Einträge im Firmenregister.
       
       Deren Hauptgesellschafterin ist eine Familienholding, die, nomen est omen,
       Gisela Erler und ihren Söhnen gehört. Die Grünen-Politikerin war von 2011
       bis 2021 Staatsrätin in der baden-württembergischen Landesregierung.
       
       Nach außen tritt der Konzern eher intransparent auf. Zur Holding gehören
       unter anderem Ableger mit Geschäftsführer*innen in Hessen und
       Lüneburg. Auf der Website für PME Bremen fehlen Namen und Kontaktdaten von
       Ansprechpartner*innen oder der Regionalleitung. Die angegebene
       Telefonnummer führt nach Stuttgart.
       
       Bremen sei der einzige Standort, an dem es zu einer wirtschaftlichen
       Notlage gekommen sei, sagt der Pressesprecher von PME. Das zeige, wie
       schwer es Kitabetrieben in Bremen gemacht werde, zu wirtschaften.
       
       Tatsächlich ist PME nicht der einzige Akteur, der das
       [2][Kita-Finanzierungsmodell von Bremen] kritisiert. „Das Bremer System ist
       sehr kompliziert“, moniert auch Carsten Schlepper, Leiter des
       Landesverbands evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder. „Es ist sehr
       aufwändig, für beide Seiten, nicht wirklich transparent und oft
       willkürlich.“ Man könne nicht sehen, was welcher Träger mit der Stadt
       ausgehandelt habe, sagt Schlepper.
       
       ## Unübersichtlich, aber mit guter Finanzwirkung?
       
       [3][Schlepper bezieht sich mit der Kritik auf das in Bremen seit 2008
       geltende Finanzierungsmodell.] Nach dem müssen in Bremen freie Träger wie
       PME jährlich einen Antrag auf Finanzierung stellen. In diesem muss jeder
       einzelne Posten separat aufgeführt und einzeln mit der Stadt abgerechnet
       werden. Die Stadt entscheidet, was als „angemessen“ gilt, zum Beispiel an
       Miete.
       
       Es gibt zudem immer einen Eigenanteil, den die Träger einbringen. Errechnet
       wird der nach dessen Finanzkraft und dem Ermessen der Kommune. Diese Regel
       kann auch Folgen für die Beschäftigten der unterschiedlichen Kitas haben.
       So bekamen Erzieher*innen der Bremer Elternvereine [4][eine Zeit lang
       weniger Lohn für die gleiche Arbeit wie Kolleg*innen in Kitas privater
       oder städtischer Träger].
       
       Kristin Tanneberg, Geschäftführerin des „Verbunds Bremer Kindergruppen“
       wünscht sich mehr Austausch zu der Regelung. „Wir wünschen uns, dass alle
       Beteiligten an einen Tisch kommen und gemeinsam über ein transparentes,
       einheitliches Finanzierungssystem sprechen“, sagt sie der taz.
       
       Laut einer Sprecherin des Senats ist das Bremer System „von der
       Finanzwirkung gut“. Aber selbst sie räumt ein, dass es tatsächlich
       aufwändig und unübersichtlich sei. [5][Bildungssenator Mark Rackles (SPD)]
       hat deshalb am 15. Dezember zu einem Gespräch über eine Neuordnung des
       Kita-Finanzierungssystems eingeladen.
       
       Auch die Elternvertreter*innen der von der Insolvenz betroffenen
       PME-Kitas hatten sich am Donnerstag zu einem ersten Gespräch mit der
       Staatsrätin Jennifer Müller-Wilkens (SPD) getroffen. Der Austausch sei
       wohlwollend und transparent gewesen, sagt Michael Pohl. Es sei erkennbar,
       dass die Behörde „mit Hochdruck daran arbeitet, die Betreuungskapazitäten
       für alle sieben Einrichtungen zu sichern“.Die Elternschaft bedauert, dass
       trotz mehrfacher Anfragen noch kein Gespräch mit dem Träger PME vereinbart
       werden konnte.
       
       3 Dec 2025
       
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