# taz.de -- VfB Lübeck ist wieder mal pleite: Die chronisch Unterfinanzierten
       
       > Schon zweimal musste der VfB Lübeck Insolvenzen durchmachen. Nun ist es
       > wieder eng. Das Problem: Ist der Fußball pleite, trifft das den ganzen
       > Verein.
       
 (IMG) Bild: Kann nicht aus dem Vollen schöpfen: VfB Lübecks Trainer Guerino Capretti
       
       Hamburg taz | Wenn man sich die gute alte Zeit wie ein Konto vorstellt, auf
       dem im Laufe der Jahre stetig aufs Neue besonders schöne Erlebnisse und
       Erfolge verbucht werden, dann hätte der VfB Lübeck in den vergangenen 15
       Jahren dort herzlich wenig eingezahlt. Gut, es ging zweimal (2020, 2023)
       der Aufstieg in die 3. Fußball-Liga darauf ein. Aber nachhaltig war das ja
       nicht, es folgte jeweils die direkte Rückkehr. Und sonst noch? Äh, tja, nee
       – nix!
       
       Die wirklich gute alte Zeit liegt noch länger zurück. Vor 23 Jahren, am 7.
       Oktober 2002, war die Zeit so gut wie selten sonst in der Historie des 1919
       gegründeten Vereins. Der Aufsteiger belegte nach dem achten
       Zweitliga-Spieltag hinter dem SC Freiburg und dem 1. FC Köln und vor
       Eintracht Frankfurt und Mainz 05 den dritten Tabellenplatz, der damals noch
       zum direkten Aufstieg in die Bundesliga berechtigte.
       
       Zwar kam es nicht zur Sensation, dass der VfB viele Jahre vor Holstein Kiel
       als erster schleswig-holsteinischer Verein in der Bundesliga mitspielen
       durfte. Der Zweitliga-Klassenerhalt war für das Team des damaligen
       VfB-Trainers Dieter Hecking aber eine souveräne Angelegenheit. Und in der
       Saison darauf ging es im DFB-Pokal bis ins Halbfinale, welches die Lübecker
       bei Werder Bremen unglücklich mit 2:3 n. V. verloren.
       
       Die aktuellen Gegner des Clubs tragen andere Namen: SSV Jeddeloh II etwa
       oder FSV Schöningen. Oder auch 1. FC Phönix Lübeck. Der kleine Lokalrivale
       stand in der vergangenen Saison der viertklassigen Regionalliga Nord
       erstmals nach vielen Jahren in der Abschlusstabelle besser als der VfB da.
       Am gestrigen Sonntag standen sich die Teams im Stadtderby gegenüber. Der
       VfB musste sich im Auswärtsspiel mit 0:2 geschlagen geben.
       
       Wie die Gegner auch heißen mögen, die schwierigste Aufgabe ist für den VfB
       Lübeck seit Langem offensichtlich eine andere – gutes Management! Mitte
       Juli wurde auf einem Infoabend mit dem Namen „Wie kam die Million weg?“
       dazu Klartext gesprochen.
       
       ## VfB Lübeck muss Löcher stopfen
       
       „Der VfB befindet sich in einer chronischen und strukturellen
       Unterfinanzierung. Die gibt es nicht erst seit der Saison 2024/25, sondern
       seit Jahren. Das unterstreichen die beiden Insolvenzen, die der Verein
       schon durchmachen musste“, sagte der in die Finanzkommission berufene
       Kaufmann Maik Becker. „Die Kosten können nicht von den operativen Umsätzen
       gedeckt werden. Daher hat man Gelder aus der Folgesaison genutzt, wie etwa
       Dauerkartenverkäufe und Sponsorenleistungen. Dasselbe wurde auf der
       Kostenseite gemacht, sodass hier Kosten aus der aktuellen Saison in die
       nächste geschoben wurden. Löcher wurden durch Einzelmaßnahmen gestopft.“
       
       War im Dezember 2024 zunächst von einem Fehlbetrag von einer Million Euro
       die Rede, waren es drei Monate später 1,5 Millionen Euro. „Unsere
       Erkenntnis ist, dass bei einem mittelständischen Unternehmen mit einem
       Millionen-Umsatz und nicht trivialen Geschäftszweigen derartige
       Vereinsstrukturen nicht funktionieren können. Sie sind dysfunktional“,
       wurde Jurist Detlef-Meyer-Stander von HL Sports zitiert.
       
       Erheblicher Druck kam dann vonseiten des Finanzamtes Lübeck. Dieses fordert
       die Ausgliederung des Spielbetriebs der ersten Herrenmannschaft aus dem VfB
       Lübeck. „Das war keine Bitte des Finanzamtes. Wir müssen das prüfen, damit
       der Verein seine Gemeinnützigkeit nicht verliert“, sagte der Vorsitzende
       Dieter Gudel an jenem Abend. „Wenn der Fußball im Verein pleite ist, fliegt
       der gesamte Verein in die Luft – also auch alle anderen Abteilungen.“
       
       Im Telefongespräch mit der taz erklärte Gudel nun, dass seit dem Infoabend
       Mitte Juli weitere Schritte vollzogen worden seien. „Wir haben viele
       Einschnitte gemacht, damit wir uns finanziell neu aufstellen. Mit allen
       Schwierigkeiten, die das mit sich bringt. Unser Ziel ist es, dass wir
       möglichst bis zum Beginn der nächsten Saison den Verein konsolidiert
       haben“, sagte der VfB-Vorsitzende. „In der Jahreshauptversammlung am 18.
       Oktober werden wir als Vorstand gemeinsam mit dem Aufsichtsrat der
       Mitgliederschaft eröffnen, dass wir gerne das Mandat hätten, eine
       Ausgliederung zu planen und zu vollziehen.“
       
       Während ein solcher Schritt schon mal eine Anhängerschaft auf die
       Barrikaden bringt, ist beim VfB diesbezüglich nichts zu erkennen. Es
       scheint, als beschleiche die Anhängerinnen und Anhänger das Gefühl, dass es
       womöglich die letzte Chance für den Verein sein könnte. Oft genug hatten
       sie in der Vergangenheit ja schon Geld gesammelt, um ihren VfB zu retten.
       So auch im Dezember 2024, als Fans, Sponsoren und andere Vereine rund eine
       Million Euro einsammelten. Drei Monate später tat sich dann aber schon die
       nächste Lücke von 480.000 Euro auf.
       
       ## Erfolge in weiter Ferne
       
       Im Hinblick auf die Versammlung am 18. Oktober nehme er in der
       Mitgliederschaft eine positive Stimmung bezüglich einer Ausgliederung wahr,
       so Gudel. In knapp zwei Wochen gibt es Gewissheit. Bis es große sportliche
       Erfolge der Mannschaft gibt, an die sich die VfB-Fans auch Jahre später mit
       Freude erinnern, wird es länger dauern – viel länger.
       
       5 Oct 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Görtzen
       
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