# taz.de -- St. Paulis Rugby-Frauen sind wieder da: Tränen fließen nur vor dem Spiel
       
       > Nach drei Jahren sind die Rugbyfrauen des FC St. Pauli zurück in der
       > 15er-Bundesliga. Beim ersten Spiel müssen sie sich Münster geschlagen
       > geben.
       
 (IMG) Bild: Kampf um jeden Zentimeter: St. Pauli ging in Münster punktemäßig leer aus
       
       Münster taz | Der letzte motivierende Satz der Mannschaftskapitänin, dann
       ein Moment Stille. Alle Spielerinnen strecken ihre linken Hände aus und
       legen sie übereinander in die Mitte. Ein tiefer Atemzug, dann schreien sie:
       „Immer nach vorn, niemals allein.“ Die Hände schnellen in die Luft. Der
       Kreis löst sich auf, jede rennt auf ihre Position. Das Spiel beginnt.
       
       Es ist Samstag, das erste Spiel der Saison gegen die Rugby Ruckoons in
       Münster. Die Aufregung in der Mannschaft ist groß, denn nach drei Jahren
       sind die [1][Rugby-Frauen des FC St. Pauli] zurück in der 15er-Bundesliga.
       
       Grund für die Pause: In den vergangen Jahren gab es nicht genügend
       Spielerinnen. Nach Corona sei die Mannschaft nur noch dünn besetzt gewesen,
       sagt Kapitänin Martina Lenton. Viele hätten ihr Studium beendet und seien
       daraufhin weggezogen. Es habe zudem Verletzungen gegeben und kein
       Jugendteam, das aufsteigen konnte. Sie seien nur noch 25 Frauen gewesen.
       
       Ein 15er-Team mit so wenigen Mitgliedern sei verantwortungslos, sagt
       Lenton. Es passiere dann schnell, dass schon verletzte Spielerinnen aufs
       Feld gehen, um das Team nicht im Stich zu lassen, und sich dadurch noch
       stärkere Verletzungen zuziehen.
       
       ## Instagram bringt neue Spielerinnen
       
       Das Team trat daraufhin nur noch in der 7er-Bundesliga an, wo nur sieben
       Spielerinnen gleichzeitig auf dem Feld stehen. Dafür benötigt man ein viel
       kleineres Team. [2][15er ist eigentlich die Standardform, in Deutschland
       aber seltener.]
       
       Der Rückzug der St.-Pauli-Frauen aus der 15er-Bundesliga wurde damals nicht
       als Auflösung gesehen, sondern eher als Beginn einer Aufbauphase. Es
       mussten neue Leute gefunden und trainiert werden. Ziel war, einen Kader von
       mindestens 35 bis 40 Frauen zu erreichen – und das hat geklappt. Das Team
       besteht mittlerweile sogar aus circa 60 Frauen im Alter von 17 bis 37.
       Manche spielen schon lange, andere haben gerade erst angefangen.
       
       Momentan kämen jede Woche ein bis zwei Anfragen für Probetrainings, sagt
       Lenton. [3][„Etwa 40 Prozent neuer Anfragen kommen direkt über Insta.“]
       Seit März 2023 rufen sie auf der Plattform dazu auf, zum Training zu
       kommen. Mit Fotos und Videos zeigen sie Eindrücke von Trainingssituationen
       und Spielen, und erreichen damit tausende Menschen. „Wir zeigen, wer wir
       sind und nicht nur Sport, Sport, Sport“, sagt die Kapitänin.
       
       Dass sie jetzt so viel Aufmerksamkeit bekommen, seien sie gar nicht gewöhnt
       – besonders als Frauenteam. „Es war schon ein Kampf, überhaupt einen
       eigenen Account erstellen zu dürfen“, sagt Lenton. Es hieß im Verein, das
       bräuchten die Frauen nicht – jetzt seien alle davon begeistert und ließen
       sich inspirieren.
       
       Auch am Spieltag drehen die Frauen ein Video, posten Fotos und lassen ihre
       Follower:innen so an dem für sie so besonderen Tag teilhaben. Der
       beginnt schon früh – um acht Uhr morgens auf einem Parkplatz am Berliner
       Tor, mit Kaffeebechern in der Hand und im schwarzen St.-Pauli-Rugby-Pulli.
       Wer zu spät kommt, schuldet der Mannschaft für jede Minute einen Snack.
       Doch heute taucht auch die Letzte noch pünktlich auf.
       
       Drei Stunden geht es mit St.- Pauli-Bussen nach Münster. „Das ist noch
       relativ nah dran“, sagt Lenton. Das Team spielt in der Frauenbundesliga B,
       der zweiten Liga mit sieben Teams. Im Extremfall geht es bis nach
       Heidelberg.
       
       Lenton spielt seit zwölf Jahren bei St. Pauli Rugby, seit drei Jahren ist
       sie Kapitänin. Sie war bereits Teil des alten 15er-Teams. Das wurde 1989
       gegründet. Seitdem kam St. Pauli 15-mal ins Endspiel um die Deutsche
       Meisterschaft. Achtmal wurden sie Deutsche Meisterinnen. Und mehr als 20
       Spielerinnen schafften es in die Nationalmannschaft. Die Erfolgsgeschichte
       baue einen gewissen Druck auf, sagt die Kapitänin.
       
       Für das Spiel wünscht sie sich, dass alle umsetzen, was trainiert wurde,
       und kein Chaos auf dem Feld entsteht. Niemand soll aufgeben, wenn es hart
       wird.
       
       Im Bus läuft laute Musik, die Frauen singen mit und machen einander Zöpfe,
       damit die langen Haare im Spiel nicht stören. Lenton holt eine Brotdose mit
       Nudeln hervor. „Die sind noch von der Pastaparty übrig“, sagt sie. Es ist
       eine Tradition des Frauenteams, am Abend vor dem Spiel gemeinsam Pasta zu
       essen.
       
       ## Ein Armband für Jede
       
       Bevor die Mannschaft auf den Platz geht, treffen sich alle in der
       Umkleidekabine. Der Trainer bespricht letzte Spielsituationen und vergibt
       die Trikots. Dann wird es emotional: Kapitänin Lenton hat für alle
       Spielerinnen Armbänder gebastelt – mit braun-weißen Perlen und den
       Buchstaben FC SP XV. Damit führt sie eine neue Tradition ein: Jede
       Spielerin soll beim ersten 15er-Spiel ein solches Armband bekommen. Bei
       einigen fließen Tränen.
       
       Dann geht es aufs Feld – die Spielerinnen wärmen sich auf. Um 14 Uhr
       geht das Spiel los und das mitten in der prallen Sonne bei 28 Grad. Schon
       nach wenigen Minuten erzielt Münster die ersten Punkte. Die
       St.-Pauli-Frauen lassen sich davon nicht stressen und schaffen es lange,
       keine weiteren Punkte zuzulassen. Erst zum Ende hin gelingt es den
       Gegnerinnen wieder und das Spiel endet 29:0 für die Rugby Rackoons.
       
       Die Spielerinnen sind frustriert, aber zufrieden. „Ich bin unfassbar stolz
       auf uns“, sagt Kapitänin Lenton. Fünfzig Prozent der Spielerinnen seien in
       Schlüsselpositionen gewesen, die sie noch nie gespielt haben. Das Team wird
       jetzt weiter üben, jede Woche, und aus den taktischen Fehlern lernen. „Wir
       sind stärker und fitter – beim nächsten Mal machen wir sie platt.“
       
       22 Sep 2025
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Leo Schurbohm
       
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