# taz.de -- Pflegeroboter in Seniorenheimen: Gesteigertes Wohlbefinden
       
       > Ein Kieler Projekt zeigt, dass Pflegeroboter in Seniorenheimen die Laune
       > der Bewohner:innen verbessern. Aber Menschen ersetzen können sie
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Hilft auch beim Nachmittagskaffee: der Kieler Pflegeroboter Charlie
       
       Sein Name ist Charlie, und er will nur helfen: Der humanoide Roboter mit
       den großen Augen und dem kindlichen Mündchen war für eine Studie in
       Pflegeheimen in Schleswig-Holstein im Einsatz. In einer dreijährigen
       Pilotphase konnten Forschende nachweisen, dass solche mechanischen Helfer
       die mentale und physische Gesundheit von Heimbewohner:innen fördern
       können. Charlie ist nicht der einzige seiner Art: Immer mehr Roboter werden
       im [1][Pflegebereich] eingesetzt. Aber ihre Möglichkeiten sind – zumindest
       bisher noch – begrenzt.
       
       Charlie tanzt auf der Stelle, hebt und senkt die Arme. Neben ihm machen
       zwei ältere Frauen die Übungen nach, so zu sehen auf der [2][Homepage des
       Robust-Projekts]. „Robust“ steht für „Robotik-basierte Unterstützung von
       Prävention und Gesundheitsförderung in stationären Pflegeeinrichtungen“. An
       der Studie beteiligt sind die Fachhochschule Kiel, die Gesellschaft für
       digitalisierte und nachhaltige Zusammenarbeit Siegen (DNZ), die Diakonie
       Schleswig-Holstein, in deren Pflegeheimen Charlie und seine Kollegen
       mitarbeiten konnten. Hinzu kommen die Ersatzkassenverbände in
       Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, die das Projekt maßgeblich
       finanziert haben.
       
       Die App mit den Bewegungsübungen war das am häufigsten genutzte Programm
       des Roboters, gefolgt von einer „Jukebox“ mit Schlagern, klassischer Musik
       und einem Quiz. Anfangs seien einige Pflegekräfte skeptisch gewesen, hätten
       nicht gewusst, wie der Roboter des Modells „Pepper“, das auf Rollen läuft
       und die Größe eines Kindes hat, bei den Bewohner:innen ankommen würde.
       
       Doch nach kurzer Zeit zeigte sich, dass die Pflegebedürftigen die Zeit mit
       Charlie durchaus genossen und sogar messbar profitierten: „Charlie und die
       anderen Roboter konnten die Senior:innen sowohl körperlich als auch
       kognitiv aktivieren. Der Einsatz steigerte nachweislich das Wohlbefinden“,
       sagt Gaby Lenz, Professorin für Soziale Arbeit an der FH Kiel. Der Roboter
       sorgte für Spaß, mehr Bewegung und weniger Einsamkeit. Die beteiligte
       Diakonie Nord-Nord-Ost hat Spendengelder gesammelt, um nach der Pilotphase
       einen eigenen „Charlie“ zu kaufen. Ein 300 Seiten starker Abschlussbericht
       ist als Handreichung für andere Pflegeheime im Netz abrufbar.
       
       Roboter sind [3][schon länger in Pflegezimmern und Krankenhausfluren
       angekommen] – allerdings sehen die meisten nicht so menschenähnlich aus wie
       das Pepper-Modell „Charlie“. Kastenförmige „Scheuersauger“ oder rollende
       Tablettständer, wie sie auch in Restaurants eingesetzt werden, können als
       Putz- oder Servierhilfen den menschlichen Pflegekräften Arbeit abnehmen.
       
       Auch direkt am Pflegebett sind die Maschinen einsetzbar: Der japanische
       „Robear“ mit einem aufgemalten Bärengesicht bringt 140 Kilo auf die Waage
       und kann einen Menschen heben und tragen. Greifhände besitzt er nicht,
       dafür sind seine Arme weich gepolstert.
       
       Ein deutsches Projekt wiederum, das zeitweise von der Bundesregierung
       gefördert wurde, ist ein Roboter-Bett, das sich aufrichten und so einen
       Pflegebedürftigen mobilisieren kann. Auch als Gesellschafter kommen Roboter
       zum Einsatz. In Japan ist bereits seit den 1990er-Jahren die mechanische
       Plüschrobbe „Paro“ im Einsatz, mit der Demenzkranke kuscheln können.
       Inzwischen ist „Paro“ mit KI ausgestattet, kann Reaktionen speichern und
       individuell reagieren.
       
       Dennoch seien die Fähigkeiten der mechanischen Helfer bisher noch zu
       eingeschränkt, um menschliche Pflegekräfte zu ersetzen, sagt Oliver Bendel,
       Professor am Institut für Wirtschaftsinformatik der Fachhochschule
       Nordwestschweiz und Autor des Buches „Pflegeroboter“, in einem
       [4][Interview mit dem Fachblatt „Demenz-Zeitung.de“]. Zudem seien meist nur
       Prototypen und Kleinserien im Einsatz, mit entsprechend hohen Preisen.
       
       Diese Diskrepanz brachte auch das französische Unternehmen Aldebaran
       Robotics in Schwierigkeiten, das „Pepper“ und den zweibeinigen humanoiden
       Roboter „Nao“ entwickelt hat. Bereits 2022 wurde Aldebaran an die deutsche
       United Robotics Group verkauft. Im Februar 2025 meldete das Unternehmen
       Insolvenz an. Mehrere Medien berichten über die Folgen für die „Pepper“-
       oder „Nao“-Roboter, die bereits irgendwo im Einsatz sind: Wenn Aldebaran
       die Software nicht mehr erneuert, könnte es zu Problemen im Einsatz kommen.
       Im Juli stieg der chinesische Konzern Maxvision bei Aldebaran ein.
       
       Eine Lösung für den [5][Pflegenotstand] seien die technischen Kollegen
       bisher also nicht, sagte Bendel. Dennoch sieht er auf mittlere Sicht die
       Roboter als „wertvolles Werkzeug, von dem Pflegekräfte wie Pflegebedürftige
       profitieren“. Angst brauche niemand vor ihnen zu haben: „Im Moment ist
       unser Bild von Robotern stark von Science-Fiction-Büchern und -Filmen
       geprägt, und wir nehmen sie in Europa eher als Bedrohung wahr. Das ist sehr
       schade“, so der Fachmann.
       
       1 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Zukunft-der-Altenpflege/!5930408
 (DIR) [2] https://www.robust-vdek.de/
 (DIR) [3] /Roboter-in-der-Pflege/!5574439
 (DIR) [4] https://demenz-im-krankenhaus.de/2022/06/15/roboter-in-pflege-und-betreuung-moeglichkeiten-und-grenzen/
 (DIR) [5] /Pflegenotstand/!6073890
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geisslinger
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Alten- und Pflegeheime
 (DIR) Pflegekräftemangel
 (DIR) Pflege
 (DIR) Roboter
 (DIR) Kiel
 (DIR) Reden wir darüber
 (DIR) Pflegekräftemangel
 (DIR) Alten- und Pflegeheime
 (DIR) Gedächtnistraining
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Theaterstück über die Zukunft der Pflege: FP3 soll’s richten
       
       Das Staatstheater Oldenburg beschäftigt sich mit der Zukunft der Pflege.
       Das Stück „Requiem.exe“ versucht, etwas Optimismus in die Debatte
       einzubringen.
       
 (DIR) Pflegenotstand in der Praxis: Ein Tag im Leben des Altenpflegers
       
       Medizin dosieren, Wasser bringen, einsalben, anziehen, Arbeit dokumentieren
       – und reden. Aber schnell, denn die Zeit für Matthias Bauerkamp rast.
       
 (DIR) Roboter in der Pflege: Praxistests stehen noch aus
       
       Angekündigt sind sie schon lange. Doch im Praxisalltag werden Roboter
       bisher fast nur für einfache Hilfsleistungen genutzt.