# taz.de -- berliner szenen: Verdammt verfehlte Stadt
       
       Es ist 18 Uhr, als ich am Anhalter Bahnhof mit Rad in die S25 nach Norden
       steige. Nach zwei Stationen bleibt die Bahn im Tunnel stehen. Die Frau
       neben mir stöhnt gequält auf. Eine halbe Stunde habe sie vergeblich auf die
       S1 nach Oranienburg gewartet, erzählt sie. Und dass sie jetzt ab
       Gesundbrunnen einen Regionalzug nehmen wollte. Einzig: Dort müsste man erst
       mal hin. Wir aber stecken im Tunnel vorm Bahnhof Friedrichstraße.
       Irgendwann geht es weiter, aber vorm Nordbahnhof stehen wir wieder im
       Tunnel. Sehr lange. „Was ist heute dran?“, fragt die Frau gegenüber. „Die
       haben doch so eine Liste mit Gründen, von der sie immer was aussuchen.“
       „Gegenstände im Gleis“, sagt der Mann neben der Tür. „Können sie die nicht
       einfach runternehmen?“, wundert sich ein anderer. Man stellt sich ja immer
       viele Fragen in solchen Situationen. Um 19.15 Uhr kommen wir schließlich am
       Gesundbrunnen an, dort endet die Fahrt. „Weiterfahrt Richtung Pankow vom
       selben Gleis“, lautet die Ansage. Wir warten lange, der Bahnsteig ist sehr
       voll. „Weiterfahrt Richtung Pankow vom Gleis gegenüber“, heißt es dann.
       Dort verrät die Anzeige, dass der nächste Zug nach Wannsee fährt, und der
       folgende, also der Richtung Pankow, „hier endet“. Ich schiebe mein Rad
       durch die Menschenmassen zum Fahrstuhl. Gerade als ich merke, dass er
       kaputt ist, wieder eine Durchsage: Es sei verboten „gefährliche
       Gegenstände“ auf dem Bahnhof mitzuführen. Das ist gut, denn hätte ich jetzt
       etwas Sprengstoff dabei, ich würde ihn zünden.
       
       Ich stelle das Rad verbotener Weise auf die Rolltreppe. Auf dem Weg nach
       Pankow passiere ich überquellende Müllcontainer: BSR-Streik. „Failed city“,
       denke ich, als ich am S-Bahnhof Wollankstraße ankomme. Denn die Straße
       unter der S-Bahn ist für die Weiterfahrt mit einem Holzzaun versperrt,
       „wegen Bauarbeiten, voraussichtlich bis 2028“.
       
       Gaby Coldewey
       
       26 Mar 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gaby Coldewey
       
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