# taz.de -- Freundschaft unter Frauen: „Die Eine, mit der ich alles teile, gibt es nicht!“
       
       > Als Mädchen hatte Yıldız Regber eine beste Freundin. Doch seit sie eine
       > große Lüge in ihrer Familie aufdeckte, fehlt ihr das Vertrauen für enge
       > Freundschaften.
       
 (IMG) Bild: Yıldız (links) mit Melek (unten) und Martina (oben)
       
       Ja, Yıldız Regber pflegt heute Freundschaften. Punktuelle, wie sie sagt.
       Eine für Therapie, eine für Politik, mit einer geht sie zum kurdischen
       Tanzabend. „Nur die eine beste Freundin, mit der ich alles teile, gibt es
       nicht.“ Außer zu ihrer Tochter, sagt Regber, habe sie dafür nicht das
       nötige Vertrauen.
       
       Das war nicht immer so. „Ich war ein geliebtes Kind“, erinnert sich Yıldız
       Regber an ihr Aufwachsen in einem anatolischen Dorf. „Ich hatte meine
       Eltern und [1][diese eine beste Freundin], mit der ich alles teilte.“
       Damals hieß sie nicht Yıldız, sondern Gülbeyaz mit Vornamen. Das bedeutet
       „Weiße Rose“ auf Türkisch.
       
       Kurz vor ihrem achten Geburtstag kam dann ihr großer Bruder aus
       Deutschland. Er nahm sie mit nach Berlin zu seiner Frau und den drei
       Söhnen. Menschen, die sie bis dahin nur als Sommergäste kannte. Seitdem
       sollte sie Yıldız heißen, so wie es in ihrem Pass steht. „Alles fühlte sich
       falsch an“, erinnert sich Regber. Mit 14 erfuhr sie, warum: Ihre Eltern
       hatten sie als Baby bei den Großeltern zurückgelassen.
       
       ## Der Vertrauensverlust
       
       „Meine Eltern waren also in Wirklichkeit meine Großeltern, mein Bruder und
       seine Frau meine Eltern. Alle haben es gewusst außer mir!“ Noch heute
       blitzen die dunkelbraunen Augen der 51-Jährigen vor Empörung beim Erzählen.
       
       Regbers Kindheit in Deutschland war schwierig. Neu zugezogen, Alevitin,
       Mädchen: „Ich war die Notfallfreundin, aber mit meinen eigenen Problemen
       ging ich zu niemandem.“ Für eine beste Freundin, sagt sie, hätte sie
       sowieso keine Zeit gehabt. Schon mit zwölf schulterte Regber die
       Familienangelegenheiten – dolmetschte bei Ärzten und Ämtern, überwies die
       Miete, betreute die Jüngeren.
       
       Dann kam Regbers kleinster Bruder bei einem Busunglück ums Leben. Sie
       wollte ausziehen. Als die Eltern das nicht erlaubten, brach sie mit der
       Familie, ging ins Ausland, hielt nur mit ihrer Lieblingstante Kontakt:
       „Meine Tante Yeter würde ich als Freundin bezeichnen.“
       
       ## Verletzlichkeit macht Angst
       
       Zurück in Berlin engagierte Regber sich politisch, verliebte sich,
       heiratete, wurde Witwe – und eröffnete mit ihrem neuen Partner ein Café in
       Moabit. Über die Jahre kam noch eine Freundin dazu: Melek, die Frau ihres
       Bruders. „Politisch knallt es regelmäßig zwischen uns, aber wir können uns
       seit 25 Jahren alles sagen.“ Bei ihr weiß Regber, dass sie sie nicht fallen
       lässt.
       
       Es ist paradox. Regber ist engagiert, hilfsbereit, beliebt. Selbst unter
       ultrakonservativen, türkischen Nachbarn genießt die unverheiratete linke
       Kurdin, die raucht und bis auf bunte Stoffbänder nichts auf ihrem Haar
       trägt, Respekt. Wenn sie einen Musikabend im Kulturzentrum nebenan
       organisiert, schickt sogar der Imam die Frauen hin. Auch der Kontakt mit
       ihrer Mutter und zur Familie ist wieder gut.
       
       Doch „sobald es ein bisschen intimer wird, kriege ich Angst“, erzählt
       Regber. Ein paar Freundinnen habe sie schon vor den Kopf gestoßen, weil sie
       das gemeinsame Wellnesswochenende oder die Essenseinladung abgelehnt
       habe. „Wenn ich älter bin, möchte ich ein, zwei Freundinnen, mit denen ich
       Torte essen gehe“, sagt Regber und pustet sich nachdenklich eine
       Haarsträhne aus der Stirn: „Vielleicht kriege ich das noch hin!“
       
       9 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nina Apin
       
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