# taz.de -- berliner szenen: Schlechte Stimmung im Parkett
       
       G. und ich sitzen in einem Berlinalekino, essen Salzstangen und warten auf
       den Beginn eines Films aus Indien. Direkt neben uns geht eine Frau auf und
       ab und murmelt dabei vor sich hin. Vermutlich sucht sie etwas, also frage
       ich: „Suchen Sie etwas?“ „Ja“, ruft sie laut, „einen Platz! Da zahlt man
       scheiß viel Geld für diese Karten, nach dem mühseligen Onlineticketkauf und
       findet noch nicht mal einen Platz!“ Ich sehe ihr dabei zu, wie sie sich vor
       den freien Platz zu meiner Linken stellt: „Och, mit dieser Laune, müssen
       Sie sich aber nicht ausgerechnet hier hinsetzen.“
       
       „Doch!“, schreit sie und wirft ihre Mütze auf den Sitz. „Ich setze mich
       genau hierhin!“ Ich wechsele mit dem Mann zu ihrer Linken einen Blick.
       
       Die Frau setzt sich, meckert weiter, richtig wütend, warum man die Karten
       nur noch online bestellen könnte, früher hätte man diese noch an der Kasse
       erhalten. Ich stöhne laut: „Jetzt ist aber mal gut, oder soll das die ganze
       Zeit so weitergehen?“ „So was kennen Sie wohl gar nicht mehr, man konnte
       die Karten abholen, wieso machen wir uns so abhängig von dem ganzen
       Onlinezeug?“, ruft sie aggressiv. Ich bin genervt. Der Mann auf der anderen
       Seite auch, er setzt sich weg. Die Frau erblickt meine Salzstangen: „Und
       essen dürfen Sie hier schon gar nicht!“ Ich nicke und schlage vor: „Gehen
       Sie sich doch bitte beschweren.“
       
       Die Leute kichern. Die Frau wütet weiter über das Onlinticketing, so dass
       sich eine Kinobesucherin von der anderen Seite einschaltet: „Man bekommt
       immer noch Karten an den Theaterkassen.“ Egal, die Frau beschwert sich
       weiter, so dass G. und ich gleichzeitig nach unseren Jacken greifen. Weiter
       oben finden wir viel bessere Plätze. Und dann sehen wir in aller Ruhe einen
       wundervollen Film über eine große Liebe und eine stille, starke Frau, die
       das Leben nimmt, wie es kommt. Isobel Markus
       
       24 Feb 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Isobel Markus
       
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