# taz.de -- Magdeburg, Musk und Mülheim: Überreizte Regelungen und fällige Fragen
       
       > Es auch mal krachen lassen, sorgt für moralische Entlüftung. Und eine
       > Handreichung ist immerhin ein Anfang einer arbeitenden Außenministerin.
       
 (IMG) Bild: Eröffnung der Tesla-Gigafactory in Grünheide im März 2022
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Musk das sein?
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Küppersbusch: Anderes Thema.
       
       taz: Ballern, bis es wehtut – werden wir diese Silvesterprozedur jemals
       loswerden? 
       
       Küppersbusch: Ja, Feinstaub, appe Arme und reichlich unnötiger Ärger bei
       Feuerwehr und Krankenwagen: schon klar. Aber mal ab davon: Unsere völlig
       überreizte Gesellschaft wartet auf alles Mögliche, nur nicht auf die
       nächste echt-nur-gut-gemeinte Verbotsdebatte. In Deutschland ist vieles
       vernünftig geregelt. Höflich gesagt. Andere finden uns schon ein bisschen
       pingelig und eigen. Gute Imagepflege und moralische Entlüftung: Es auch mal
       krachen lassen.
       
       taz: Tesla hat 2024 zum ersten Mal weniger Autos verkauft als im Vorjahr.
       Liegt ’s an Musk, an China oder an der deutschen Verbrennerliebe? 
       
       Küppersbusch: Ja, genau, alles. Teslas cooler move war, ein E-Auto als
       Protzblitz auf die Autobahn zu rammen – wo andere seit Jahrzehnten mit
       verschämten Dinkelbrätlingen über Teststrecken brummseln. Fluch der guten
       Tat: Nix ist so alt wie ein Statussymbol von gestern. Das Massen-„Model Y“
       setzt Patina an, der „Truck“ zielt nur auf die USA und, neuerdings: Wenn
       ich ein Auto von einem Fascho fahren will, kann ich mit einem VW längere
       Tradition mitkaufen. In Deutschland mangelt’s zudem an Lade-Luden und
       herrscht ziemlich Wechselstrom bei den Förderungen. VW und BMW verkauften
       mehr Stromer als Tesla, also hauchzart mehr als – nichts. Schöner Twist:
       Die AfD will mehr Verbrenner, und Elon Musk mehr AfD. Können sie
       untereinander klären.
       
       taz: Während die Versäumnisse der Polizei beim Anschlag von Magdeburg
       [1][immer deutlicher zutage treten], warnt Sachsen-Anhalts
       Ministerpräsident Haseloff (CDU) vor „voreiligen Schuldzuweisungen“. Ist
       das schon Verschleppung oder deutsche Aufklärungsrichtgeschwindigkeit? 
       
       Küppersbusch: In Magdeburg wurden [2][Migranten bepöbelt], bedroht,
       Hakenkreuze gemalt und allerhand Strafanzeigen gegen Polizei, Stadt und
       Weihnachtsmarktbetreiber erstattet. Oder wie man in Deutschland so sagt:
       Schuld ist mein Alkohol. Besauft euch dran. Der Mörder konnte in die
       Menschenmenge rasen, weil ein Polizeifahrzeug nicht, wie verabredet, einen
       Rettungsweg versperrte. Das ist entsetzlich banal und darin für die Opfer
       und Angehörigen noch entsetzlicher. Und aber vor allem eines – entsetzlich
       banal eben. Es wird düster, wenn man sich für Besonnenheit und präzise
       Aufklärung entschuldigen muss.
       
       taz: Die USA errichten eine neue Militärbasis im kurdisch kontrollierten
       Norden Syriens. Ist das die Chance für die Kurden, gegen Erdoğans
       Vernichtungswillen zu bestehen? 
       
       Küppersbusch: Legt man die Karte der Bodenschätze Syriens über die
       geografische, ist das Kurden- das Erdöl- und Gasgebiet. Na, so eine
       Überraschung. Zudem unterstützt Israel die Kurden – zwei Argumente, die
       angeführt werden, wenn über die künftige Politik von Präsident Trump
       gerätselt wird. Umgekehrt ist für Erdoğan Kurdenhass und Landhunger eins.
       Und beide Gelegenheitsdemokraten sind Buddies und Nato-Partner. Die Lösung
       wäre ein autonomes, demokratisches Kurdengebiet, das mit allen Seiten
       klarkommen kann. Also ausgeschlossen.
       
       taz: Annalena Baerbock ist zu Gesprächen mit den neuen Machthabern [3][nach
       Syrien gereist.] Was sollte ihre Botschaft sein? 
       
       Küppersbusch: „Gib das schöne Händchen.“ Die Reise ist die Botschaft.
       Anders als bei ihrer monotonen „mit Russland darf man nicht
       reden“-Arbeitsverweigerung ist hier auch forsches moralisches Vorpreschen
       willkommen. Für Baerbock ist das mediale Bild, wie HTS-Führer al-Dscholani
       ihren Handschlag auslässt, so wertvoll wie für ihn eine gute Entschuldigung
       für seinen neuerdings westlichen Auftritt mit Anzug und Krawatte. Beide
       haben ihren Fankurven was zum Aufregen gegeben, und nun kann ausgelotet
       werden, ob vielleicht in Syrien so etwas wie der nette Islamist von nebenan
       herangedeiht.
       
       taz: An Neujahr lieferten die Erneuerbaren mehr Strom, als in Deutschland
       verbraucht wurde. Warum wird der Strom nicht endlich billiger? 
       
       Küppersbusch: Binnen zwei Wochen taumelte der Strompreis an den Börsen
       zwischen 900 Euro/Megawattstunde – Dunkelflaute, Werktag – und null –
       Feiertag, Windböen. Wir Verbrauchenden haben meist langfristige Verträge.
       Mit einer cleveren Steuerung und mehr Vorratshaltung – Batteriespeicher
       etwa – ließe sich das ändern. Wann? Ich frage für einen Stromkonzern.
       
       taz: Und was macht der RWE? 
       
       Küppersbusch: Spielt als Titelverteidiger gegen Schalke, Oberhausen, Köln,
       Duisburg, Bochum. Das sind nicht die 70er, sondern ein regionales
       Hallenturnier in Mülheim. Oder: Who the fuck is Bundesliga. Fragen: waam
       
       5 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/attentat-von-magdeburg-neuer-verdacht-zu-den-fluchtwegen-110210274.html
 (DIR) [2] /Nach-dem-Anschlag-in-Magdeburg/!6056534
 (DIR) [3] /Baerbock-und-Barrot-in-Damaskus/!6060556
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Friedrich Küppersbusch
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Die Woche
 (DIR) Elon Musk
 (DIR) Magdeburg
 (DIR) Nancy Faeser
 (DIR) Böllerverbot
 (DIR) Silvesterknallerei
 (DIR) Strafgerichtshof
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Syrer*innen in Deutschland: Faeser will Schutzstatus prüfen
       
       Wenn die Lage in Syrien stabil sei, müssten bisher Schutzbedürftige
       Deutschland verlassen. Arbeitende Menschen mit Deutschkenntnissen sollen
       bleiben können.
       
 (DIR) Nach Raketenschuss in Neukölln: Influencer am Flughafen festgenommen
       
       Ein Influencer hatte an Silvester in Berlin-Neukölln eine Rakete in eine
       Wohnung geschossen. Jetzt wurde er am Flughafen festgenommen. Er sitzt in
       U-Haft.
       
 (DIR) Debatte über Verbot von Privat-Feuerwerk: Schluss mit dem Böllerterror
       
       Die Bilanz der Silvesternacht mit fünf Toten durch Feuerwerkskörper zeigt:
       Auch Deutschland sollte Verbrauchern die gefährliche Knallerei untersagen.
       
 (DIR) Ex-Gefangene aus Folterknast: „Syrien ist nicht sicher“
       
       Ruham Hawash saß in einem der syrischen Folterknäste und brachte in
       Deutschland einen Regime-Vertreter vor Gericht. Ein Gespräch über Befreiung
       und Gerechtigkeit.