# taz.de -- Finale der Vierschanzentournee: Eierlikör springt weiter
       
       > In Innsbruck steht das Team Österreich vor einem Dreifachsieg.
       > Deutschlands Skispringer kommen mit dem Druck nicht zurecht.
       
 (IMG) Bild: Über die Welt: Daniel Tschofenig vom Team Östereich beim Training in Innsbruck
       
       Eigentlich wollten Deutschlands Skispringer im September auf der Schanze
       von Bischofshofen trainieren, wo am Montag das große Finale der 73.
       Vierschanzentournee (16.30 Uhr/live in ZDF und Eurosport) über die Bühne
       geht. „Aber dann sind uns die Böhsen Onkelz mit einem Konzert
       dazwischengekommen“, erzählt der letztjährige Tournee-Zweite [1][Andreas
       Wellinger].
       
       Die mit [2][Pius Paschke] als Topfavorit angetretenen deutschen Flieger
       sind nur chancenlose Nebendarsteller beim Skisprung-Grand-Slam. Die
       Hauptrollen beim dramatischsten Tournee-Endkampf aller Zeiten spielen die
       [3][Favoriten aus Österreich]. Skiflug-Weltrekordler Stefan Kraft führt
       nach seinem Triumph am Samstag in Innsbruck mit 0,6 Punkten Vorsprung
       (umgerechnet 33 Zentimeter) vor seinem Landsmann Jan Hörl und 1,3 Zählern
       (umgerechnet 72 Zentimeter) von Daniel Tschofenig.
       
       „Die spannendste Tournee der Geschichte“ hatte [4][Sven Hannawald] bereits
       vor dem Start des weltweit wichtigsten Skisprung-Events angekündigt. Dabei
       im Kopf hatte der Mann, der vor 23 Jahren als letzter Deutscher die Tournee
       gewinnen konnte, jedoch ein Duell der Gastgeberländer zwischen den
       Österreichern um Jan Hörl und den Deutschen um Pius Paschke.
       
       Paschke, der vor der Tournee fünf von zehn Weltcups gewann, liegt jedoch
       vor dem Finale bereits uneinholbare 22 Meter hinter Kraft zurück. In den
       drei Tourneespringen gab es keinen einzigen deutschen Podestplatz. Die
       Österreicher feierten vor 22.500 Fans am Samstag am Bergisel dagegen einen
       überragenden Dreifachsieg, haben damit acht von neun möglichen Plätzen bei
       den Tournee-Siegerehrungen der letzten Tage abgesahnt. Das österreichische
       Trio ist auf dem besten Weg, nach 50 Jahren den zweiten
       Dreifach-Tournee-Gesamtsieg der Geschichte für Österreich zu holen.
       
       Und was taten sie als Vorbereitung auf das Finale in Bischofshofen? „Ich
       habe mir erst mal mein Lieblingsessen Lasagne bestellt, schließlich hat
       sich heute ein Kindheitstraum erfüllt“ erklärte Routinier Stefan Kraft (31)
       nach seinem ersten Tournee-Sieg am Bergisel mit Tränen in den Augen:
       „Dahoam ist es am schönsten, heute waren 20 Leute und meine Frau für mich
       da.“ Die hatte ihm auch neuen Treibstoff mitgebracht: „Eierlikör“. Damit
       gab der Ausnahmeathlet, der seit einem Jahrzehnt die Flieger-Weltelite
       mitdominiert und alle wichtigen Titel gewonnen hatte, auf dem Weg in den
       Finalort eine Runde im Bus aus.
       
       ## „Sweet Caroline“ schlägt Böhse Onkelz
       
       Oben auf der Schanze hatte Kraft vor seinem entscheidenden Sprung noch
       gemeinsam mit seinen Teamkollegen Tschofenig (22) und Hörl (26) noch „Sweet
       Caroline“ geschmettert. Mit dieser Lockerheit schweben die Österreicher
       durch die Tournee, saugen Energie aus der Begeisterung der Zuschauer und
       geben stundenlang Interviews. Schummel-Vorwürfe der Konkurrenz in Sachen
       Wunderanzüge und Material werden cool gekontert – in Innsbruck wurden die
       Bindungen der Austria-Überflieger nach der Landung plötzlich mit Mützen
       bedeckt.
       
       „Der Schmäh stimmt bei uns – genau wie alles andere: Teamspirit, Material,
       springerische Leistung. Trotzdem weiß ich selbst nicht so recht, was da
       momentan gerade abgeht“, sagt Österreichs Trainer Andreas Widhölzl. Wer
       letztlich den ersten Austria-Tourneesieg seit Stefan Krafts Triumph 2015
       feiern wird, kann er auch nicht sagen: „Am liebsten wäre mir, wenn alle
       drei ex aequo oben stehen würden.“ Tagesform und die Nerven würden
       entscheiden. Für Kraft spricht seine einzigartige Erfahrung, für Hörl das
       Springen auf seiner Heimschanze in Bischofshofen, für Tschofenig die
       jugendliche Leichtigkeit.
       
       Bei den [5][deutschen Fliegern] läuft derweil die Ursachenforschung, warum
       sie wieder einmal bei der Tournee versagt haben. „Das hat verkrampft
       ausgesehen, nicht locker und frei“, analysierte Bundestrainer [6][Stefan
       Horngacher]: „Da war Druck drauf – und manchmal geht der Schuss dann nach
       hinten los.“ Fest steht, dass der deutsche Kurs einer Abschottung mit
       möglichst wenig Medienterminen und Zuschauerkontakt gescheitert ist.
       
       „Wenn es Richtung Tournee geht, werden sie fest und fester. Sie müssten
       diese Atmosphäre einfach mal aufsaugen, Gänsehaut und Adrenalin zulassen –
       so wie es die Österreicher tun“, sagt Sven Hannawald. Oder wie es
       Austria-Trainer Widhölzl ausdrückt: „Wenn ich keinen Bock auf Medien und
       Fans habe, dann habe ich bei der Tournee ein Problem.“
       
       5 Jan 2025
       
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