# taz.de -- herzensort: Schnäpse mit Madonna
       
       Schon von Weitem lockt der verschnörkelte Schriftzug auf der Klapptafel:
       Coffee, Drinks and Cigarettes. Hinter den bodentiefen Fenstern sitzen
       Menschen auf 50er-Jahre-Sesseln an Nierentischen, während am mit
       schillernden Minifliesen beklebten Tresen gerade jemand im Muskelshirt
       einen Cocktail mixt.
       
       Die Marietta ist eine der bekanntesten queeren Bars im Berliner Stadtteil
       Prenzlauer Berg und die perfekte Mischung aus gemütlich und sexy. Ihr
       Publikum ist bunt, am „Schwulen Mittwoch“ verwandelt sich der Gehweg in
       eine fröhlich vibrierende Menschenmasse. Ich habe dort schon Geburtstage
       gefeiert, mit der Crew Schnäpse getrunken und zu Madonna getanzt. Damit ist
       jetzt Schluss. Laut Inhaber wird der Mietvertrag nicht verlängert,
       stattdessen soll eine Restaurantkette einziehen, die 55 Euro pro
       Quadratmeter zahlt. Ein irre trauriger Höhepunkt des Wandels im Kiez: immer
       mehr Ketten, immer weniger Individualität.
       
       Nähert man sich der Marietta von der anderen Seite aus, ist auf der
       Klapptafel zu lesen: A bar and a state of mind. Bleibt zu hoffen, dass
       wenigstens Letzteres überlebt. Franziska Seyboldt
       
       14 Dec 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Franziska Seyboldt
       
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