# taz.de -- Regierung in Bangladesch: Dhaka fordert Auslieferung Hasinas
       
       > In Bangladesch werden Rufe nach einer Auslieferung von Ex-Premier Sheikh
       > Hasina lauter. Sie war nach Indien geflohen. Nun soll Interpol helfen.
       
 (IMG) Bild: Bangladesch will die Ex-Regierungschefin Sheikh Hasina mithilfe von Interpol suchen
       
       Mumbai taz | Seit drei Monaten weht in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka ein
       Wind der Veränderung. Am 8. August übernahm Friedensnobelpreisträger
       [1][Muhammad Yunus die Übergangsregierung als vorläufiger Regierungschef].
       In den 84-Jährigen setzen vor allem junge Menschen große Hoffnung. Wenige
       Tage zuvor war die geschasste Premierministerin Sheikh Hasina außer Landes
       geflohen.
       
       Hasina befindet sich seitdem im Nachbarland Indien, zu dem Bangladesch gute
       Beziehungen unterhält. Seit ihrer Flucht wird die Forderung lauter, sie in
       ihrer Heimat vor Gericht zu stellen. Gelegentlich berichten indische
       Medien, [2][wie Hasina einkauft oder spazieren geht]. Das stößt in
       Bangladesch auf Unmut.
       
       In dem südasiatischen Land wurden bereits im Oktober Haftbefehle gegen
       Hasina und 44 ihrer Mitarbeiter:innen erlassen. Ihnen wird
       vorgeworfen, verantwortlich für den Tod hunderter Demonstrant:innen zu
       sein.
       
       Im Juli war es zu massiven Protesten gegen die Regierung gekommen, bei
       denen [3][offiziellen Angaben zufolge über 1.000 Menschen starben] und
       viele weitere verletzt wurden. Das bangladeschische Sondertribunal ICT
       versucht seit einiger Zeit, Hasina zur Rechenschaft zu ziehen.
       
       ## „Massaker, Tötungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“
       
       Nun forderte das ICT die internationale Polizeiorganisation Interpol auf,
       eine „Red Notice“ gegen die Ex-Premierministerin zu erlassen. Damit ersucht
       Chefankläger Mohammad Tajul Islam, ihren genauen Aufenthaltsort durch
       Interpol ermitteln und sie vorläufig festzunehmen zu lassen. Hasina habe
       während der Proteste „Massaker, Tötungen und Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit“ angeordnet, so Islam.
       
       Der ehemaligen Regierungschefin und weiteren Mitgliedern ihrer Partei
       Awami-Liga werden außerdem Korruption und Amtsmissbrauch vorgeworfen. „Wo
       auch immer sie sind, wir werden uns mit aller Entschlossenheit dafür
       einsetzen, sie zu verhaften und nach Bangladesch zurückzubringen“, kündigte
       Asif Nazrul, Mitglied der Übergangsregierung, an.
       
       Unter anderem Berichte von der in Thailand ansässigen internationalen
       Menschenrechtsorganisation Fortify Rights verdichten Hinweise darauf, dass
       Sicherheitskräfte und Mitglieder der Awami-Liga friedliche Demonstranten
       getötet haben sollen.
       
       „Um die Kultur der Straflosigkeit zu beenden, muss die Übergangsregierung
       die Rechenschaftspflicht und Unterstützung für Opfer vergangener Verbrechen
       sicherstellen, einschließlich außergerichtlicher Tötungen, gewaltsamen
       Verschwindenlassens und Folter“, äußerte sich Direktor John Quinley auf der
       [4][Website der Organisation]. Die Drahtzieher der Gewalt müssten zur
       Rechenschaft gezogen werden, so Quinley.
       
       ## Neue Auseinandersetzungen
       
       Sheikh Hasina war fast 16 Jahre ununterbrochen an der Macht. Während ihrer
       Zeit im Amt wurde die Opposition systematisch geschwächt, während die
       Awami-Liga weite Bereiche der Gesellschaft durchdrang.
       
       Die Jugendorganisation Chhatra-Liga, der studentische Flügel der
       Hasina-Partei, wurde nach ihrem Rücktritt verboten. Aus Studierendenkreisen
       kommt ebenfalls die Forderung, die Awami-Liga selbst zu verbieten.
       Beobachter:innen gehen derzeit aber nicht davon aus, dass es so weit
       kommt.
       
       Die Forderung nach der Auslieferung Hasinas wirft Schatten auf die
       Beziehungen zwischen Bangladesch und Indien. Während Delhi das Gesuch
       bisher ablehnte, wachsen die Spannungen. In Bangladesch steht Indien
       zunehmend in der Kritik, das alte Regime zu unterstützen.
       
       Aus Indien wiederum gibt es scharfe Vorwürfe, dass die hinduistische
       Minderheit im Nachbarland seit der politischen Umwälzung zunehmend bedroht
       werde. Die benachbarten Staaten sind jedoch wirtschaftlich miteinander
       verflochten. Indien liefert etwa Erdöl, Baumwolle, Strom und Lebensmittel.
       
       Neuwahlen werden in Bangladesch frühestens im kommenden Jahr erwartet.
       Inzwischen kam es zu neuen Auseinandersetzungen, als Anhänger:innen der
       Awami-Liga am Sonntag versuchten, die erste öffentliche Kundgebung seit dem
       Sturz Hasinas abzuhalten. Laut der [5][bangladeschischen Zeitung Prothom
       Alo] wurde dort die Verschwörungserzählung verbreitet, bei den
       Massenprotesten im Juli haben es sich um ein internationales Komplott
       gehandelt.
       
       13 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Nobelpreistraeger-wird-Regierungschef/!6029054
 (DIR) [2] https://www.hindustantimes.com/india-news/sheikh-hasina-s-exile-lutyens-bungalow-heavy-security-cover-101729796298569.html
 (DIR) [3] https://www.reuters.com/world/asia-pacific/more-than-1000-killed-bangladesh-violence-since-july-health-ministry-chief-says-2024-08-29/
 (DIR) [4] https://www.fortifyrights.org/bgd-inv-2024-11-12/
 (DIR) [5] https://en.prothomalo.com/bangladesh/politics/l8ffr979q8
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Natalie Mayroth
       
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