# taz.de -- berliner szenen: Berlin ist arm und nicht sexy
       
       Am Rand der Demo „Berlin ist Kultur“ ist es ruhiger. Warm angezogene
       Menschen mit Mützen und Schildern kommen und gehen durch das Brandenburger
       Tor. Ich stehe vor der Akademie der Künste und warte auf M., mit dem ich
       hier verabredet bin. Ein Pärchen mit einem Schild, auf dem nur „Uff“ steht,
       schlendert vorbei. Auf einem anderen Schild steht: Berlin ist arm & sexy.
       Das „& sexy“ ist durchgestrichen. Das trifft es beides ziemlich gut, finde
       ich.
       
       Etwas weiter leert ein Mitarbeiter der BSR die Mülleimer. Er trägt eine
       orangefarbene Jacke, eine blaue Kappe, eine Kippe im Mundwinkel und feste
       Handschuhe. Ab und zu sieht er zu den Demonstrierenden und schüttelt den
       Kopf. Eine Frau spricht, das Mikrofon pfeift. Sie redet über 10 Prozent der
       Stellen, die wegfallen müssen. Es betreffe alle Bereiche der Kultur.
       
       Der Müllmann macht eine Pause und setzt sich neben seiner mobilen
       Müllstation kurz breitbeinig auf eine Bank. Er stützt sich mit dem linken
       Arm auf sein Bein, schiebt sich mit dem rechten Handrücken die Mütze nach
       hinten und raucht. Eine Gruppe von Demonstranten geht vorbei. Sie reden
       laut über Anträge, die abgelehnt wurden, und bleiben vor der Bank stehen.
       Einer hat einen grünen Mantel an, seine Stimme ist laut. Der Müllmann zieht
       an der Kippe und murmelt etwas. Der Typ dreht sich um, sieht ihn an und
       sagt: „Was bitte?“
       
       „Brauchste ’n Taschentuch, wollt ick wissen, wo du hier so rumheulst“, sagt
       der Mann. „Ehrlich gesagt, so was in der Art, ja!“, sagt der Typ. „Deswegen
       demonstrieren wir ja. Wir brauchen Hilfe.“ – „Hab auch keine“, sagt der
       Müllmann. „Aber versteh ick schon. Habt ja recht. Alles Gute.“ Der Typ
       wünscht ihm das Gleiche und ich erinnere mich daran, dass ich vorhin
       gelesen hatte, dass heute Welt-Nettigkeitstag ist. Isobel Markus
       
       19 Nov 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Isobel Markus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA