# taz.de -- Meduza-Auswahl 24. – 30. Oktober: Wie es ist, in Russland schwul zu sein
       
       > Ein junger Mann ergattert einen Job als Beamter in Russland. Dann
       > verliert er ihn wieder – wegen seiner Homosexualität.
       
 (IMG) Bild: Protest in Berlin 2013 gegen die homophoben Gesetze in Russland, seither hat sich die Lage für Homosexuelle massiv verschlechtert
       
       Das [1][russisch]- und [2][englischsprachige] Portal Meduza zählt zu den
       wichtigsten unabhängigen russischen Medien. [3][Im Januar 2023 wurde Meduza
       in Russland komplett verboten]. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme
       gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter
       [4][taz.de/meduza] immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber
       Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der [5][taz Panter Stiftung]
       gefördert. 
       
       In der Woche vom 24. bis zum 30. Oktober 2024 berichtete Meduza unter
       anderem über folgende Themen: 
       
       ## Russland will Telefonate über Messenger verbieten
       
       Der russische Föderale Dienst für die Aufsicht im Bereich der
       Kommunikation, Informationstechnologie und Massenkommunikation – genannt
       Roskomnadzor – könnte bald gegen Anrufe über Messenger vorgehen und diese
       blockieren. Wenn Nutzer etwa Anrufe aus dem Ausland oder von nicht als
       Kontakt eingespeicherten Personen erhalten, sollen die Behörden in der Lage
       sein, diese zu beschränken. [6][Ob das möglich ist – und wie –, erklärt
       Meduza (russischer Text).]
       
       Die Anwort lautet: Ja. Roskomnadzor bezieht sich auf ausländische
       Messenger-Dienste wie WhatsApp, Telegram oder Viber, die in Russland bisher
       nicht gesperrt sind. Sperren, wie Russland sie nun plant, gibt es bereits:
       So haben etwa Saudi-Arabien, Katar, Ägypten, Jordanien und die Vereinigten
       Arabischen Emirate ihre Einwohner jahrelang daran gehindert, über WhatsApp
       zu telefonieren. Der Rest des Messenger bleibt dabei nutzbar.
       
       ## Russland als Anführer einer neuen Weltordnung
       
       Als die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten des Brics-Blocks
       jüngst zu einem Gipfeltreffen in der russischen Stadt Kasan zusammenkamen,
       nutzte Wladimir Putin die Gelegenheit, um Russland als Anführer einer
       aufstrebenden neuen Weltordnung darzustellen. Dabei setzt der Kreml auch
       auf die Medien: Meduza hat eine Kopie der Anweisungen des Kremls erhalten,
       wie die staatlich finanzierten und regierungsfreundlichen Medien des Landes
       über das Ereignis berichten sollen.
       
       Die Richtlinien fordern etwa dazu auf, zu berichten, dass die „ganze Welt“
       auf den Gipfel fokussiert sei. Das Dokument hält die Medien außerdem dazu
       an, zu schreiben, dass der Gipfel beweise, dass die Versuche des Westens,
       Russland zu isolieren, „gescheitert“ seien. Außerdem werden die Medien
       aufgefordert, die Verschwörungstheorie zu verbreiten, dass die US-Regierung
       einen groß angelegten Wahlbetrug plant. Der solle dafür sorgen, dass die
       Kandidatin der US-Demokraten Kamala Harris im November sicher zur Präsident
       gewählt wird. [7][So zitiert Meduza aus dem Dokument (englischer Text).]
       
       ## Immer mehr Sold für Vertragssoldaten
       
       Die russischen Behörden erhöhen ständig die Zahlungen an Vertragssoldaten,
       die in den Krieg mit der Ukraine geschickt werden. Teilweise belaufe sich
       die Pauschalzahlung bereits auf mehrere Millionen Rubel (1 Million Rubel
       sind circa 9.500 Euro). Auf diese Weise kann die Front mit willigen
       Kämpfern versorgt, und eine neue Mobilisierungswelle vermieden werden.
       
       Der russische Staat hat außerdem wohl nicht vor, diejenigen, die bereits im
       Krieg sind, wieder aus dem Dienst treten zu lassen. Seit Herbst 2022 sind
       alle Verträge mit dem russischen Verteidigungsministerium unbefristet.
       Selbst diejenigen, die schwer verwundet wurden, werden nach ihrer Genesung
       wieder an die Front geschickt. Bereg, eine Kooperative unabhängiger
       Journalisten in Russland, hat mehrere Geschichten von russischen
       Vertragssoldaten gesammelt – darunter auch die von Deserteuren. [8][Meduza
       veröffentlicht sie in vollem Umfang] (russischer Text).
       
       Ein Soldat erzählt etwa: „Jetzt kann man nur noch kündigen, wenn man keine
       zwei Arme, zwei Beine oder einfach keinen Kopf mehr hat.“ Ein anderer
       Soldat erzählt, dass er mit einer Lüge rekrutiert wurde: „Mir wurde
       versprochen, dass ich nicht schießen würde und dass ich einen Lastwagen
       fahren würde, um humanitäre Hilfe zu verteilen oder Verwundete zu
       evakuieren.“
       
       ## Universität, Job, dann Flucht – weil er schwul ist
       
       Der 23-jährige Denis Leontovich lebte in Russland offen als schwuler Mann.
       Nach dem Abschluss der Universität nahme er eine Stelle als Regionalbeamter
       in der Stadt Samara an, wo er sich auf soziale Projekte konzentrierte. Im
       Frühjahr 2024 wurde er jedoch nach einer Belästigungskampagne in den
       sozialen Medien zum Rücktritt gezwungen.
       
       Nun ist Leontovich aus Russland geflohen und beantragt Asyl in Frankreich.
       Mit dem unabhängigen Medium Holod spricht er darüber, wie es ist,
       homosexuell zu sein – während man für eine Regierung arbeitet, die
       homophobe Gesetze verabschiedet. [9][Meduza veröffentlicht eine Übersetzung
       seines Berichts in der Ich-Form (englischer Text).]
       
       So berichtet Leontovich: “‚Wir finden dich, wo auch immer du bist‘ – das
       las ich jeden Tag. In Zukunft hoffe ich, im Bereich Menschenrechte zu
       arbeiten, mich ehrenamtlich zu engagieren und Flüchtlingen aus Russland zu
       helfen. Wenn die diplomatischen Beziehungen wiederhergestellt sind und
       diskriminierende Gesetze aufgehoben wurden, werde ich zurückkehren und mich
       weiterhin für mein Land einsetzen. Ich weiß nicht, wann das sein wird. Ich
       hoffe nur, dass es nicht ein Jahrhundert dauert“.
       
       ## Meduza zu Gast in der taz
       
       Galina Timtschenko, Gründerin und Herausgeberin von Meduza, und
       Chefredakteur Iwan Kolpakow sprechen in einem taz Talk auf Einladung taz
       Panter Stiftung über das zehnjährige Jubiläum des Mediums – und wie sie
       weiter gegen die Propaganda des Kreml ankämpfen.
       
       Wir laden Sie herzlich ein, am 11. November um 19 Uhr in die taz Kantine
       mit Galina Timtschenko, Iwan Kolpakow und weiteren Gästen ins Gespräch zu
       kommen. Der Eintritt ist frei.
       
       Mehr Informationen finden Sie [10][hier].
       
       30 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://meduza.io/
 (DIR) [2] https://meduza.io/en
 (DIR) [3] /Russische-Medien-im-Exil/!5911767
 (DIR) [4] /Unser-Fenster-nach-Russland/!t5916992
 (DIR) [5] /!v=4269299f-23bb-40f2-a4ea-2b1b1ae40192/
 (DIR) [6] https://meduza.io/cards/glava-roskomnadzora-zayavil-chto-vedomstvo-mozhet-zablokirovat-zvonki-cherez-votsap-i-telegram-neuzheli-i-pravda-mozhet
 (DIR) [7] https://meduza.io/en/feature/2024/10/24/kremlin-tells-propagandists-to-promote-anti-dollar-brics-payment-system-and-push-u-s-election-conspiracy-theories-in-latest-media-guidelines
 (DIR) [8] https://meduza.io/feature/2024/10/28/uvolitsya-teper-mozhno-tolko-esli-u-tebya-net-dvuh-ruk-dvuh-nog-ili-golovy
 (DIR) [9] https://meduza.io/en/feature/2024/10/25/denis-leontovich-landed-a-government-job-in-russia-despite-being-openly-gay-then-online-harassment-forced-him-to-flee-the-country
 (DIR) [10] /taz-Talk-zu-Osteuropa/!vn6043858/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gemma Teres Arilla
 (DIR) Tigran Petrosyan
       
       ## TAGS
       
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       Exil.