# taz.de -- Regierungskrise in Kenia: Staatschef frisst Stellvertreter
       
       > Unterstützt von Präsident Ruto, steht in Kenia die Amtsenthebung von Vize
       > Gachagua bevor. Nach blutigen Unruhen implodiert die Regierung.
       
 (IMG) Bild: Will „bis zum Ende“ kämpfen: Kenias Vizepräsident Rigathi Gachagua
       
       Nairobi taz | Monatelang musste sich Kenias Regierung gegen eine wütende
       [1][Jugendprotestbewegung] auf den Straßen wehren – jetzt kämpft sie gegen
       sich selbst. Kenias Parlament behandelt seit Dienstag einen Antrag, ein
       Amtsenthebungsverfahren gegen Vizepräsident [2][Rigathi Gachagua]
       einzuleiten. Nachdem am 1. Oktober das Parlament die Zulässigkeit dieses
       Antrags beschloss, schien seine Annahme sicher: 291 der 349 Abgeordneten
       haben ihn unterschrieben – weit mehr als die zu seiner Annahme nötige
       Zweidrittelmehrheit von 233 Stimmen.
       
       Eingebracht wurde der Antrag vom Abgeordneten Mutuse Mwengi, dessen
       Kleinpartei MCC (Maendeleo Chap Chap Party) zur Parteienallianz Kenya
       Kwanza von Präsident [3][William Ruto] gehört. Zu Rutos Lager gehören die
       meisten Befürworter eines Impeachments von Gachagua. Damit fliegt Rutos
       Regierungskoalition, die 2022 die Wahlen gewann, spektakulär auseinander.
       
       Gachagua wird Amtsmissbrauch, Verfassungsbruch, Untergraben der nationalen
       Einheit, Anstacheln zum ethnischen Hass und Bereicherung vorgeworfen – er
       soll in den zwei Jahren seiner Vizepräsidentschaft Besitztümer im Wert von
       rund 36 Millionen Euro erworben haben, zumeist Hotels, während er als
       Vizepräsident ein Jahresgehalt von umgerechnet knapp 85.000 Euro bezieht.
       
       Gachagua weist die Vorwürfe zurück und sagt, er habe die Hotels geerbt. Er
       erhebt seinerseits gegen Ruto massive Vorwürfe, und manchen Unterstützern
       des Präsidenten zufolge hat der Vizepräsident sogar die Massenproteste der
       [4][„Generation Z“] für einen Rücktritt des Präsidenten gefördert, die
       Kenia im Juni und Juli erschütterten und mehrere Dutzend Tote forderten.
       
       ## „Ein beispielloser Moment“
       
       Zuletzt beschwerte sich Gachagua, Ruto habe ihn aus seiner Whatsapp-Gruppe
       geschmissen und verweigere ihm ein Ruhegeld für den Fall seines
       freiwilligen Rücktritts. Vor der Presse lehnte er am Montagabend einen
       Rücktritt ab und sagte, er werde „bis zum Ende“ kämpfen. Am Dienstagabend
       sollte er im Parlament sprechen.
       
       Es sei „ein beispielloser Moment für unsere Demokratie“, sagte
       Parlamentspräsident Moses Wetangula. Das Parlamentsgebäude in der
       Hauptstadt Nairobi wurde am Dienstag von Sicherheitskräften abgeriegelt, in
       Erwartung möglicher Unruhen.
       
       Am Wochenende hatte es Gewalt gegeben, nachdem die Aufrufe zur
       Amtsenthebung Gachaguas auf öffentlichen Versammlungen vorgestellt wurden,
       um dafür Unterschriften zu sammeln und den Druck auf die Abgeordneten zu
       verstärken. Im Touristendorf „[5][Bomas of Kenya]“ in Nairobi gerieten
       Ruto- und Gachagua-Anhänger aneinander. In mehreren Landesteilen gab es
       Gewalt, etwa in Nyeri, wo Demonstranten die Fernstraße blockierten, ebenso
       in den Städten Kakamega, Nakuru und Nyahururu.
       
       ## Vielleicht einfach beide amtsentheben?
       
       Wenn schon, dann solle man nicht nur Vizepräsident Gachagua des Amtes
       entheben, sondern Präsident Ruto gleich mit, verlangten Gachagua-treue
       Demonstranten in Nyeri – schließlich wurden sie 2022 auf einem gemeinsamen
       Ticket gewählt. Das finden auch viele derer, die im Sommer demonstrierend
       durch Kenias Straßen gezogen waren.
       
       Aktivist [6][Morara Kebaso], Gründer der neuen Partei Inject (Inclusion of
       National Justice Economic and Civic Transformation), sagt: „Wir wollen das
       Haus besenrein fegen und wir lassen doch nicht den Hausherrn drin.“
       
       Kebaso versuchte vergeblich, sich mit dieser Meinung im Bomas of Kenya
       Gehör zu verschaffen. „Erst wurde ich am Tor abgewiesen, und als ich
       endlich hineinkam, verweigerte man mir das Mikrofon“, berichtet er. „Chaos
       brach aus.“ Kebaso wurde auf der Bühne von fliegenden Stühlen verletzt.
       
       8 Oct 2024
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Maria Macharia
       
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