# taz.de -- orte des wissens: Ein Schatz, der erlaubt, verlässlich zu beschreiben
       
       > Das Hamburger Krebsregister gibt es seit 1926: Es zeichnet unverzerrte
       > Daten aller in der Stadt behandelten Patient*innen auf
       
       Wissen kann Gewissheit schaffen – gerade bei der Angst-Krankheit Krebs. Die
       Stadt Hamburg begann bereits 1926 mit der Wissensakkumulation. Der Arzt
       Georg Herman Sieveking (1867–1954) war damals Senatsphysikus und initiierte
       die Krebs-Erfassung: Krankenschwestern besuchten regelmäßig die
       Krankenhäuser und Ärzte, notierten die Namen neuer Krebspatienten und
       glichen die zentral gespeicherten Daten wöchentlich mit dem Sterberegister
       ab. So begann das erste epidemiologische, also populationsbasierte
       [1][Hamburgische Krebsregister] (HKR), das älteste weltweit.
       
       Die Ärztin Alice Nennecke leitet das HKR mit seinen 42 Mitarbeitern: „In
       der Hamburger Wohnbevölkerung kommt es jährlich zu circa 11.000
       Neuerkrankungen“, erklärt sie. Gegenwärtig leben ihr zufolge gut 50.000
       Personen in Hamburg, die in den letzten zehn Jahren eine Krebsdiagnose
       erhielten. „Das sind rund drei Prozent der Bevölkerung.“ Über die Zahlen
       hinaus mache die Langzeitbeobachtung Trends sichtbar: So könne „ein spätes
       Diagnosestadium auch von der Körperwahrnehmung abhängen und davon, ob
       Angebote des Gesundheitssystems in Anspruch genommen werden“. Andererseits
       zeige sich zum Beispiel beim Brustkrebs die Wirksamkeit des
       Mammographie-Screenings: „Die Diagnose erfolgt früher – das kann wiederum
       die Erfolgschancen der Therapie erhöhen.“
       
       Das HKR macht transparent, wie häufig und wo eine Krebserkrankung auftritt,
       wann sie erkannt und wie sie mit welchem Erfolg behandelt wird, liefert
       Erkenntnisse über das Alter, in dem die meisten Menschen erkranken – mit
       etwa 70 Jahren – und über das Geschlecht der Betroffenen: „Männer erkranken
       geringfügig häufiger an Krebs als Frauen“, so Nennecke. In Hamburg seien
       die Fallzahlen für beide Geschlechter aufgrund des größeren Anteils der
       weiblichen Bevölkerung aber insgesamt gleich.
       
       Die HKR-Daten leisten einen Beitrag zur Krebsforschung auf lokaler wie auf
       globaler Ebene, so Nennecke: „Das Hamburgische Krebsregister versammelt
       unverzerrte Real World Data zu allen in der Hansestadt behandelten
       Krebspatienten – ein Schatz an Daten für die Wissenschaft.“ Dieser
       Datenschatz fließt etwa in die Venuscancer-Studie ein. An diesem
       Forschungsprojekt sind 32 Länder und 70 Krebsregister beteiligt, um
       weltweit Daten zur Behandlung und zum Überleben gynäkologischer
       Tumorpatientinnen zu vergleichen.
       
       Das HKR ist angedockt bei der Behörde für Wissenschaft, Forschung,
       Gleichstellung und Bezirke. So kann es das Krebsgeschehen verlässlich und
       neutral beschreiben, ist Nennecke überzeugt. Die strengen
       datenschutzrechtlichen Vorschriften sind gesetzlich geregelt. Für die
       Qualität der Erfassung ist entscheidend, dass mehr als 90 Prozent aller
       Neuerkrankungen gemeldet werden. Dazu sind Arztpraxen und Krankenhäuser
       seit 2014 verpflichtet. Sie melden dem HKR die Diagnose-, Therapie- und
       Verlaufsdaten ihrer Krebspatienten, was die Krankenkassen mit 19,50 Euro je
       Meldung vergüten.
       
       Da die einzelnen Bundesländer die Daten einheitlich erheben und
       veröffentlichen, sind sie bundesweit vergleichbar. Auf dieser Grundlage
       publiziert das Zentrum für Krebsregisterdaten beim Robert-Koch-Institut in
       Berlin alle zwei Jahre den Bericht „Krebs in Deutschland“, auch das HKR
       liefert seine Daten jährlich zu.
       
       Kann Wissen Mut machen? Die Daten zum Krebsgeschehen können helfen, die
       Behandlung von Krebs und die Qualität der onkologischen Versorgung weiter
       zu verbessern, auch geben sie wichtige Forschungsimpulse. Als gesundheits-,
       sozial- wie auch als forschungspolitisches Instrument ist das Hamburgische
       Krebsregister enorm wertvoll, geht es doch um die zweithäufigste
       Todesursache im Land. Frauke Hamann
       
       23 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/behoerde-fuer-wissenschaft-forschung-gleichstellung-und-bezirke/einrichtungen/hamburgisches-krebsregister
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frauke Hamann
       
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