# taz.de -- Das muss so sein
       
       > Die Paralympischen Spiele von Paris waren für die Deutschen erfolgreich,
       > insgesamt reichte es aber wieder nicht für einen Platz in den Top 10
       
 (IMG) Bild: Sprung zu Gold: Markus Rehm
       
       Aus Paris Susanne Rohlfing
       
       Die Paralympics von Paris waren eine ebenbürtige Fortsetzung der zuvor so
       begeisternd über die Bühne gegangenen Olympischen Spiele. Schon die
       Eröffnungsfeier mitten in der Stadt am Place de la Concorde war ein
       Statement. Prominent integriert war auch ein Deutscher:
       Prothesen-Weitspringer Markus Rehm durfte kurz vor der Entzündung des
       Feuers die Fackel ein Stück weit tragen und stand im größtmöglichen
       Rampenlicht.
       
       „So etwas setzt einen dann ja doch etwas unter Druck“, sagte seine
       Trainerin Steffi Nerius nun nach dem Ende der Spiele am Sonntag. Aber Rehm
       war auch im Wettkampf souverän geblieben, ein schillernder Weltstar in
       einem deutschen Team, das wie die olympischen Kollegen um Anschluss kämpft
       an eine immer besser und breiter werdende Weltspitze.
       
       Der 36 Jahre alte Leverkusener wurde zum vierten Mal in Folge
       Paralympicssieger. Es war knapper als sonst, die internationale Konkurrenz
       kommt auch dem Weltrekordler immer näher. Entsprechend ausgelassen feierte
       Rehm seinen Erfolg, am Morgen danach musste seine Siegerehrung verschoben
       werden, weil er zu spät kam.
       
       Wahrscheinlich hatte Rehm auch ein bisschen den Para-Sport insgesamt
       gefeiert, in dem er seit Jahren den Vorkämpfer gibt für mehr Sichtbarkeit
       und mehr Anerkennung. Raus aus der Mitleidsecke und mit Leistungen
       überzeugen – das war immer sein Credo. Ihm selbst gelingt das schon länger.
       Und nun, das hat Paris gezeigt, schaffen das immer mehr Athletinnen und
       Athleten aus aller Welt.
       
       „Auch andere sind über die Jahre professioneller geworden“, sagt Rehm: „Da
       muss man sich gut und schnell mitentwickeln, sonst wird man abgehängt.“ Ihm
       gefällt das: „Jetzt sind wir da, wo wir all die Jahre hin wollten.“
       
       Die weltweit starken Leistungen bringen aber auch mit sich, dass es für
       jede einzelne Nation schwieriger wird, sich in den Top-Ten zu behaupten.
       Deutschland ist das wie schon vor drei Jahren in Tokio nicht gelungen.
       Einzelne Stars wie Rehm oder die Schwimmer Elena Semechin, Taliso Engel und
       Josia Topf oder Sportarten wie der Rollstuhlbasketball der Männer mit der
       überraschenden Bronze-Medaille konnten sich in Szene setzen. Aber insgesamt
       tut sich der deutsche Spitzensport, egal ob mit oder ohne Para- davor, im
       internationalen Vergleich immer schwerer.
       
       Platz elf im Medaillenspiegel (zehn Mal Gold, 14 Mal Silber und 24 Mal
       Bronze) ist für Team D Paralympics besser als Platz zwölf in Tokio vor drei
       Jahren, aber es ist kein Platz in den Top-Ten, wo Deutschland sich zuletzt
       in Rio 2016 (Platz 6) einordnete. In den nach Goldmedaillen sortierten
       Top-Ten von Paris haben sich hinter dem Riesenreich China, das mit weitem
       Abstand (219 Medaillen) an der Spitze rangiert, auch europäische Nationen
       wie Großbritannien (Platz zwei/124 Medaillen), die Niederlande (4./55),
       Italien (6./71) oder Frankreich (8./75) eingereiht.
       
       „Das Geheimrezept der Holländer kenne ich nicht“, sagte Rehms Trainerin
       Steffi Nerius: „Aber deren Erfolge sind faszinierend, die sind gefühlt so
       groß wie NRW, da frage ich mich schon, was wir falsch machen.“
       
       Ein großes Problem sieht die ehemalige Speerwurf-Weltmeisterin in der
       Talentfindung. „Es gibt genug Behinderte in Deutschland, wir müssen aber an
       sie herankommen“, sagt die 52-Jährige: „Ich fürchte, dass wir uns mit
       unserem Datenschutz selbst Schachmatt setzen.“ Schreibe man zum Beispiel
       Schulen an und frage nach Kindern mit Einschränkungen, um ihnen den
       Einstieg in den Sport zu ermöglichen, werde man aus Datenschutzgründen
       abgewiesen.
       
       In der Spitze sei der paralympische Sport inzwischen mit dem olympischen
       auf einer Ebene, da gebe es keinen Unterschied mehr. „Markus trainiert
       mindestens genauso viel wie olympische Weitspringer“, betont Nerius. Die
       Entwicklung in anderen Nationen sei rasant, in einigen vielleicht sogar mit
       „einem Geschmäckle“ behaftet, wie die Leverkusenerin erklärt: „Bei ein paar
       Ländern mache ich mir schon Gedanken, ob da alles so fair und sauber
       abläuft.“
       
       Insgesamt steht für Nerius aber fest, dass der Aufwand, den besonders Rehm
       betreibt, beispielhaft ist. „Wenn man in die Weltspitze will, muss das
       sein.“
       
       9 Sep 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Rohlfing
       
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