# taz.de -- Erste Handball-Bundesliga: Favorit dank dänischer Dominanz
> Nach einer eher mäßigen Vorsaison gilt die SG Flensburg-Handewitt nun als
> Anwärter auf den Meistertitel, auch wenn ihnen das gar nicht so lieb ist.
(IMG) Bild: High-Five für alle: Simon Pytlick dürfte zum Schlüsselspieler der SG Flensburg-Handewitt werden
Flensburg taz | Es sind nur Spielchen, kleine Neckereien, im Grunde
Albernheiten – aber dass die Konkurrenz, wo sie geht und steht, von der ach
so favorisierten SG Flensburg-Handewitt spricht, nervt die Flensburger
schon ein wenig. Doch woher kommt diese Einschätzung der Magdeburger,
Berliner und Kieler, wo die SG doch nur eine mäßige Vorsaison in der ersten
Handball-Bundesliga gespielt hat und mit Rang drei [1][abermals die
Champions League verpasste]?
Das ist relativ simpel. Zum einen haben die Handballspieler aus Flensburg
nur einen Neuen hinzubekommen, Niclas Kirkelökke von den Rhein-Neckar
Löwen. Der etwas schläfrig wirkende Däne, gerade mit seiner überragenden
Nationalmannschaft [2][im Finale gegen Deutschland zum Olympiasieger]
gekrönt, ist ein taktisch hochflexibler Hybrid-Akteur, der vorn wie hinten
mehrere Positionen ausfüllen kann. Die Gruppe der Dänen im Kader der SG ist
nun noch größer geworden – Kapitän Johannes Golla ist einziger Deutscher.
Nach einem [3][stattlichen Umbruch im Sommer 2023] samt neuem Trainer kann
Flensburg also auf eine eingespielte Mannschaft zurückgreifen, in die der
lange wegen einer Herzmuskelentzündung fehlende Rückraumspieler Kay Smits
zurückkehrt. Die Abläufe sollten stimmiger ineinandergreifen, Coach Nicolej
Krickau kennt die Bundesliga nun besser als vor einem Jahr – das sind die
Argumente der Konkurrenz, Flensburg-Handewitt zum ersten Anwärter auf die
Deutsche Meisterschaft zu stempeln.
Tatsächlich strahlt der Neun-Millionen-Euro-Kader eine individuelle Klasse
aus, die zu höchsten Ambitionen verleitet: Benjamin Buric und Kevin Möller
sind zwei starke Torhüter, Golla ist der aktuell beste deutsche Handballer
und Spielmacher Jim Gottfridsson wurde schon mehrfach bei großen Turnieren
als „wertvollster Spieler“ ausgezeichnet. Hinzu kommt Simon Pytlick, der
seine Dänen in Paris gemeinsam mit dem Berliner Mathias Gidsel zur
Goldmedaille trug – Pytlick ist erst 23 Jahre alt und dürfte mit seiner
Wurfgewalt und Entschlossenheit zum Flensburger Schlüsselspieler reifen.
## SG Flensburg-Handewitt mit gutem Umfeld
Diese Mannschaft bewegt sich außerdem in einem bewährten Umfeld, in dem
sich aber zuletzt auch einiges verändert hat. Es gibt einen neuen
Hauptsponsor, die Modernisierungen in der veralteten Campushalle haben
endlich begonnen, die Führungscrew mit Sportchef Ljubomir Vranjes und
Manager Holger Glandorf findet besser zueinander.
Es komplettiert den Umbruch, dass mit Assistenztrainer Marc Bult der letzte
Verbleibende aus der sechs Jahre währenden Maik-Machulla-Ära mit zwei
Meistertiteln in Folge gegangen ist. Machulla versucht sein Trainer-Glück
nun in Dänemark beim Spitzenklub Aalborg HB. Und Bult ist neuer Cheftrainer
beim Zweitligisten HSG Nordhorn-Lingen
Neuer Ko-Trainer der SG Flensburg-Handewitt ist Anders Eggert. Er war
Publikumsliebling der 2010er-Jahre, ein frecher und immer gutgelaunter Typ,
der von linksaußen nach Belieben traf. Er könnte der etwas stillen und
ernsthaften Mannschaft mit seinem Schalk im Nacken gut tun. Andererseits
gibt es auch skeptische Blicke auf die dänische Dominanz in der Mannschaft.
Johannes Golla hatte sich einmal dahingehend geäußert.
## Überzeugender Auftaktsieg gegen Erlangen
Beim 42:28 zum Auftaktsieg am Freitagabend gegen Erlangen zeigte die SG,
was Trainer Krickau von ihr sehen möchte: mehr Tempo, mehr Gegenstöße, mehr
sogenannte leichte Tore. Der schwache Kontrahent wurde mühelos überlaufen.
Solche Spiele gab es in der Vorsaison auch, aber sie wechselten sich mit
peinlichen Auswärtsauftritten ab. Deswegen fordert Trainer Krickau in
dieser Saison mehr Stabilität von seinem auf allen Positionen doppelt stark
besetztem Team.
Ein Vorteil im Meisterschaftsrennen könnte sein, dass die SG lediglich in
der weniger stressigen European League antritt. Diese gewann Flensburg in
der Saison 2023/24 gegen die Füchse Berlin – im Mai war die Erleichterung
spürbar, denn zuvor hatte Krickaus Team die Titelchance im DHB-Pokal
verstreichen lassen, als sie im Kölner Halbfinale der MT Melsungen
unterlag. Für den ehrgeizigen Übungsleiter war der Coup in der European
League sehr wichtig, auch wenn dieser Pokal verglichen mit der Champions
League geringgeschätzt wird.
Die SG Flensburg-Handewitt will wieder in die Champions League. 2014 gewann
man mit dem Trainer Ljubomir Vranjes völlig überraschend gegen den THW Kiel
– ein Meilenstein der Vereinsgeschichte. Nicht umsonst ist es Vranjes, der
den wichtigsten Titel im Klubhandball immer wieder als Ziel der nächsten
drei Jahre propagiert. Doch erst mal müsste die SG dorthin kommen und einen
der ersten beiden Plätze belegen.
Dass es für sie ab der Saison 2025/26 dann ohne Spielmacher Jim
Gottfridsson weitergehen wird, stellt einen erheblichen Einschnitt dar –
seit 2013 trägt er das SG-Trikot. Im kommenden Sommer wechselt er nach
Ungarn zum SC Szeged und macht den Platz frei für einen jüngeren Regisseur.
8 Sep 2024
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## AUTOREN
(DIR) Frank Heike
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