# taz.de -- Vor dem Parteitag der US-Demokraten: Heimspiel für Harris?
       
       > In ihrer politischen Hochburg Chicago versammeln sich die US-Demokraten
       > ab Montag. Auch Anti-Gaza-Kriegs-Proteste sind angekündigt.
       
 (IMG) Bild: Wird die Stimmung beim Parteitag ähnlich enthusiastisch? Harris und Walz bei einem Wahlkampf-Event Anfang August
       
       Washington taz | Am Montag beginnt in der US-Metropole Chicago der
       diesjährige Parteitag der Demokraten. Für die Partei und das Spitzenduo –
       bestehend aus der derzeitigen Vizepräsidentin Kamala Harris und
       [1][Minnesotas Gouverneur Tim Walz] – kommt nach einem Monat der
       Veränderungen nun die große Gelegenheit, sich einem nationalen und
       internationalen Publikum neu zu präsentieren. Erwartet werden neben
       politischen Größen und Hollywood-Starts auch zehntausende Demonstranten.
       
       Ein reibungsloser Parteitag könnte den Grundstein für einen möglichen
       Wahlerfolg von Harris im November legen. Ein Vorteil für die Demokraten ist
       außerdem, dass – sowohl die Stadt als auch der US-Bundesstaat Illinois, in
       dem sie liegt – seit Jahrzehnten fest in demokratischer Hand. Ein
       Heimspiel? „Parteitags-Veranstaltungsorte haben einen hohen symbolischen
       Wert. In diesem Jahr symbolisiert Chicago den neuen [2][progressiven
       Populismus] der Demokratischen Partei, die sich auf Amerikas Kernregion
       konzentriert – den Mittleren Westen“, erklärt die US-Historikerin Amy Dru
       Stanley der taz.
       
       Bereits zum zwölften Mal veranstalten die Demokraten ihren
       Nominierungsparteitag in der am Michigansee gelegenen Großstadt im Norden
       der USA. Zuletzt war dies 1996 der Fall. Ein Grund warum Chicago vor allem
       im 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert so viele Parteitage austragen
       durfte, ist deren Lage. Chicago liegt im Herzen der USA, es ist ein
       Transport-Knotenpunkt für Züge, den Flugverkehr und das amerikanische
       Highway-System. Hinzukommt, dass Chicago im Gegensatz zu Städten wie New
       York, Boston oder Los Angeles nicht als elitär angesehen wird, sagt der
       Geschichtsprofessor David Faber von der Universität in Kansas der taz.
       
       ## „Wir stehen an einem Wendepunkt“
       
       Mit der offiziellen Nominierung einer schwarzen Frau indischer Abstammung
       schreiben die Demokraten zudem US-Geschichte. Doch in diesem Jahr stehe
       noch viel mehr auf dem Spiel, erklärt Dru Stanley: „Die Bedeutung dieses
       Parteitages könnte nicht größer sein. Es geht darum, [3][die Menschen im
       Land zu mobilisieren], um die autoritären, faschistischen Kräfte der
       MAGA-(Make American Great Again)-Republikaner zurückzuschlagen. Die
       US-Demokratie steckt in der Krise – wir stehen an einem Wendepunkt, wie
       auch Frankreich in diesem Sommer“, sagte sie.
       
       Zur Unterstützung dieses Anliegens werden Bekanntheiten aus der Musik- und
       Filmbranche in Chicago erwartet: Sänger John Legend und Rapper Lil Jon
       sollen auftreten. Auch TV-Host Jon Stewart und Schauspielerin Julia
       Louis-Dreyfus, die in der HBO-Show „Veep“ eine Vizepräsidentin spielte,
       sind in Chicago mit dabei. Ob sich Spekulationen über mögliche Auftritte
       von Beyoncé oder Taylor Swift bewahrheiten, bleibt abzuwarten.
       
       Klar ist, dass Präsident Joe Bidens Entscheidung, nicht für eine weitere
       Amtszeit zu kandidieren, den Parteitag verändert. Vor einem Monat noch
       machten sich die Demokraten darüber Sorgen, wie sie Bidens
       „Altersschwächen“ auf dem Parteitag kaschieren könnten. Jetzt geht es
       darum, die aktuelle Euphorie über Harris und Walz in Wählerstimmen zu
       verwandeln.
       
       ## Böse Erinnerungen an den Parteitag von 1968
       
       Demokraten der jüngeren Generation erinnern sich vermutlich an die
       Jubelbilder von Barack Obama, als dieser vor Tausenden in Chicagos Grant
       Park seinen Wahlsieg im Jahr 2008 feierte. Doch gerade ältere Generationen
       mögen sich auch an den Parteitag 1968 erinnern. Es war ein Jahr, in dem die
       USA viel durchlebte. Präsident Lyndon B. Johnson entschied sich, wie Biden,
       nicht erneut zu kandidieren. Der Bürgerrechtler Martin Luther King Jr. und
       der US-Senator Robert F. Kennedy wurden erschossen, der Vietnam-Krieg
       spaltete das Land. Vor dem Parteitag protestierten Tausende, es kam zu
       Ausschreitungen unter den Delegierten und auf Chicagos Straßen. Die sich
       bahnbrechende Gewalt sorgte damals für Aufrur in den USA.
       
       Auch in diesem Jahr wird mit großangelegten Demonstrationen gerechnet, mehr
       als 20.000 Teilnehmende werden in den kommenden Tagen in Chicago erwartet.
       [4][1968 war es der Vietnam-Krieg, der die Menschen mobilisierte]. In
       diesem Jahr ist es der Krieg in Gaza. Doch damit enden die Parallelen auch
       schon wieder.
       
       „Es ist unwahrscheinlich, dass es zu Gewalt im Ausmaß von 1968 kommen wird,
       obwohl wir Demonstrationen gegen die US-Beteiligung am Israel-Hamas-Krieg
       in Gaza erwarten können. Die Polizei wurde mobilisiert, um die Ordnung
       aufrechtzuerhalten – aber der Bürgermeister wird die gewaltsame
       Unterdrückung von 1968 nicht wiederholen“, sagte Dru Stanley. Denn die
       ganze Welt sehe zu.
       
       US-Präsident Joe Biden wird bereits am Montagabend auf dem Parteitag, bei
       dem über 50.000 Besucher erwartet werden, auftreten. Am Dienstag folgt dann
       Ex-Präsident Obama. Das Spitzenduo Walz und Harris wird am Mittwoch und
       Donnerstag sprechen – ein Spektakel zum Abschluss.
       
       18 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [3] /Demokraten-im-US-Wahlkampf/!6025387
 (DIR) [4] https://www.bbc.com/news/articles/c8jl0p4vklyo
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hansjürgen Mai
       
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