# taz.de -- kritisch gesehen: liederabend „songs of joy“ im hamburger schauspielhaus: Glücksversprechen eingelöst
       
       Das Versmaß holpert. Trotzdem muss es Liebe sein. Das sei der Verfasserin
       des Gedichts bei Betrachtung all der Gegensätze aufgefallen, die es
       verhandelt, so Jacques Palminger am Ende des Abends „Songs of Joy“ im
       Hamburger Schauspielhaus, bevor er das Mikrofon an eine Sängerin übergibt:
       „Du liebst neu und ich lieb alt/ Dir ist warm und mir ist kalt, / Du im
       T-Shirt ich mit Schal, /Ich analog du digital, / Du liebst eckig, ich lieb
       rund, /Ich lieb Katze, du liebst Hund, / Du liebst Wolken ich lieb blau, /
       Ich St. Pauli – du HSV“.
       
       „Bert und Ernie“ ist eine Art Bonustrack. Und es ist bei Weitem nicht das
       erste Lied über Liebe und große Gefühle, das an dem Abend zu Gehör gebracht
       wird. Es wird gelacht, geweint, begeistert angefeuert. Auf der Bühne stehen
       Palminger und Carsten „Erobique“ Meyer. Sie navigieren, begleitet von einer
       Schar wechselnder Musiker:innen, durch das aufwendige Mitmach-Projekt.
       Denn unter dem Titel „Songs of Joy“ haben sie eine Auswahl von Texten
       vertont, die jede und jede*r bis Ende April einreichten konnte. Wie vor 14
       Jahren, als die zwei das Projekt „Songs for Joy“ am Berliner Gorki-Theater
       erstmals durchführten. Und wie damals fing alles an mit einem Aufruf:
       „Schreibst du gerne? Schick uns deine Texte! Wir vertonen deine Ideen in
       einem mobilen Studio.“
       
       Wie bei der amerikanischen Song-Poem-Bewegung der 1950er-Jahre, bei der
       Plattenfirmen Laien einluden, eigene Songtexte einzusenden und
       professionellen Studiomusikern Material für ihre Songs zu liefern, können
       Autor:innen sich auch hier von der Vertonung ihrer eigenen Texte
       überraschen lassen. Dabei ist es den zwei Hamburgern gelungen, eine gute
       Idee von ihrer unsympathischen Umsetzung durch die US-Plattenindustrie zu
       lösen. In nur zwei Wochen entwickelten sie aus den Texten Ideen, die in der
       Immanuelkirche auf der Veddel auch mit Leuten von der Elbinsel realisiert
       wurden. So singt beispielsweise der Kinderchor der Schule auf der Veddel
       das Stück „Noch ist es Sommer“.
       
       Als Gegenleistung bekommen die Autor:innen der Texte 250 Euro und eine
       Freikarte für das Erlebnis, auch ein tragender Teil einer ganz besonderen
       Situation zu sein. Denn was sich an diesem Abend einstellt, ist das Gefühl
       der Verbundenheit. Einer Verbundenheit mit der Stadt und ihrer Vielfalt in
       einem gemeinsamen Raum. Dass die Qualität der Texte variiert, interessiert
       im Laufe des Abends kaum. Denn über allem steht das Glück des Gemeinsamen
       im Augenblick, das sich situativ einlöst. Lena Kaiser
       
       3 Jun 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lena Kaiser
       
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