# taz.de -- Streit um „Haus des Gastes“ auf Amrum: Abstimmung nach 24 Jahren Debatte
       
       > In der Gemeinde Nebel auf Amrum will die Politik das „Haus des Gastes“
       > abreißen, eine BI kämpft dagegen für die Sanierung. Im Februar wird
       > abgestimmt.
       
 (IMG) Bild: Baufällig oder nicht? Lange gab es nicht einmal ein Gutachten zum Zustand des Amrumer „Haus des Gastes“
       
       Neumünster taz | Abriss oder Sanierung – in Nebel auf Amrum [1][läuft ein
       Bürgerentscheid] über das Schicksal einer Villa aus der Bäderzeit, in dem
       heute die Touristinformation, das „Haus des Gastes“, untergebracht ist.
       Seit dem vergangenen Jahr streiten die Gemeindevertretung und eine
       Bürgerinitiative (BI) um die [2][Zukunft des historischen Gebäudes und des
       angrenzenden Parks]. Das Bürgerbegehren, den ersten Schritt des Verfahrens,
       hatte die BI für sich entschieden. Doch die Debatte hat sich in den
       vergangenen Wochen noch verschärft.
       
       Immer wieder verschwinden im Ort Schilder, mit denen die BI für ihr
       Anliegen „Retten wir das Haus des Gastes“ wirbt. „Kindergarten“ und
       „Schildbürgerstreich“, lauten die verärgerten Kommentare auf der
       Facebook-Seite der BI. In den Kommentar-Spalten des Onlinemediums „Amrum
       News“ beharken sich beide Seiten: Von der „irrlichternden
       Gemeindevertretung“ ist die Rede, „idiotisch-polemisch“ kontert ein anderer
       Nutzer.
       
       [3][Nicht nur Einheimische, auch zahlreiche Urlauber:innen beteiligen
       sich an den Debatten], rund 3.000 unterschrieben eine Petition zugunsten
       der Sanierung. Aber zur entscheidenden Abstimmung am 11. Februar sind nur
       die wahlberechtigten der 984 Einwohner:innen der Inselgemeinde
       aufgerufen.
       
       Das Haus des Gastes wurde 1905 im Bäderstil erbaut. Früher waren in der
       Villa ein Lungensanatorium und ein Kinderheim untergebracht. Seit 1986
       gehört das Gebäude, das am Ortsende in einem kleinen Park liegt, der
       Gemeinde, die dort die Tourismuszentrale sowie Veranstaltungsräume
       untergebracht hat. In den oberen Räumen wohnen während der Badesaison die
       Ehrenamtlichen, die im Sommer die Strandaufsicht übernehmen.
       
       Seit dem Jahr 2000 diskutiert die Gemeindevertretung über die Zukunft des
       Hauses. 2012 fiel zunächst ein Beschluss, das Gebäude zu sanieren. Der Plan
       wurde jedoch wegen erwarteter hoher Kosten nicht umgesetzt, stattdessen
       2018 beschloss die Gemeinde einen Neubau. Bei einem Architektenwettbewerb
       gewann ein Entwurf, der ein flaches Gebäude mit größerer Grundfläche als
       das heutige Haus vorschlägt – daher müssten zahlreiche Parkbäume weichen.
       
       Aus Sicht der Gemeinde passt sich der moderne Entwurf gut in die Landschaft
       ein. Der Gemeinderat steht geschlossen hinter dem Bau, ebenso die
       gemeindeeigene Amrum Touristik als Nutzerin des Hauses. Die
       Befürworter:innen verweisen zudem auf Barrierefreiheit und bessere
       Dämmung des Neubaus. Kritiker:innen wie der Insel-Historiker Georg
       Quedens sprechen dagegen von einem „Tomatentreibhaus“, das nicht zum
       Friesenstil des Ortes passe.
       
       Dennoch gab es keinen großen Protest – bis die Nebelerin Liane Kurfürst und
       ihr Mann Manfred zufällig darauf stießen, dass es keinen Beweis für die
       Baufälligkeit der Villa gebe: „Es war immer von einem Gutachten die Rede.
       Doch als wir das sehen wollten, gab es gar keins“, erklärt sie der taz. Um
       Klarheit zu schaffen, gründete sie mit anderen Interessierten die
       Bürgerinitiative, aus der das Bürgerbegehren folgte.
       
       „Wir bekommen viel Gegenwind“, sagt Kurfürst. Gerechnet habe sie damit
       nicht: „Wir wollten keinen Streit in der Gemeinde, nur sachlich klären,
       [4][ob sich dieses ortsprägende Gebäude vielleicht doch retten lässt].“ Auf
       eigene Kosten ließ die BI ein Gutachten erstellen, das dem Haus ein gutes
       Zeugnis ausstellte und auch die architektonische Besonderheit hervorhebt.
       
       Bürgermeister Cornelius Bendixen (CDU) nannte das Gutachten zwar „eine
       Farce“, ein Gegengutachten der Gemeinde fehlt aber weiterhin. Den
       Kompromissvorschlag einer Architektin, wie der Altbau so umgerüstet werden
       könnte, dass er alle Wünsche der Amrum Touristik inklusive Barrierefreiheit
       erfüllt, lehnte die Gemeindevertretung einstimmig ab. Streit gibt es über
       die Kosten – jede Partei legt Berechnungen vor, nach denen ihre Variante
       billiger wäre als die der Gegenseite. Gleiches gilt für die Umweltschäden:
       Die BI kritisiert, dass Bäume gefällt werden, die Gemeinde verweist auf ein
       Grasdach als Ausgleich.
       
       Während die Gemeinde ihre Vision vom neuen Haus des Gastes in aufwändigen
       Werbefilmen und Flyern zeigen kann, kleben Liane Kurfürst und ihre
       Mitstreiter:innen Zettel und verteilen Flyer. Und selbst das werde
       ihnen schwer gemacht, berichtet Kurfürst: „Da herrscht schon eine
       Ungleichheit der Waffen.“
       
       Bei der Abstimmung am 11. Februar müssen insgesamt drei Kreuze gesetzt
       werden: Ein Ja oder Nein zum Vorschlag der BI, das bestehende Gebäude zu
       erhalten und zu sanieren, ein Ja oder Nein zum Vorschlag der
       Gemeindevertretung für einen Neubau sowie eine Stichfrage – ein Verfahren,
       das zu Fehlern und damit ungültigen Stimmen führen kann. Eigentlich hätte
       eine Frage gereicht, schreibt ein User auf der Seite der Amrum news. Aber
       „die Gemeinde wollte unbedingt eine zweite Frage haben“.
       
       29 Jan 2024
       
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