# taz.de -- das wird: „Jeder trägt einen Geist in sich“
       
       > Performer:in Colin Self über ein dreiteiliges Projekt in Hannover
       
       Interview Luna Harms
       
       taz: Colin Self, Ihre Oper handelt davon, Kontakt zu Geistern herzustellen.
       Warum ausgerechnet mit einem Überbleibsel der Vergangenheit über die
       Zukunft sprechen? 
       
       Colin Self: Ich denke, besonders die vergangenen Jahre, die ich mit eigener
       Forschung verbracht habe zum Thema „Schattenwelt“ und den Figuren, die
       diese bevölkern, haben mich zu dem Stück gebracht: Fragen wie die nach der
       Legitimität, wer wird erinnert und wie bleiben diese Menschen in
       Erinnerung; das Sterben eines Freundes sowie der Tod eines Unbekannten
       hatten auch damit zu tun.
       
       Stehen am Samstag also gespenstische Platzhalter dieser Toten auf der
       Bühne? 
       
       Die Geister sind nicht nur die Menschen, die nicht mehr unter uns sind,
       sondern auch jeder von uns trägt einen Geist in sich. Es gibt keine binäre
       Teilung in Leben und Tod.
       
       Apropos Teilung: Sie wollen die Grenze zwischen Bühne und Publikum
       überwinden. Warum? 
       
       Oper ist in meinem Verständnis etwas sehr Formales. Die Oper ist eine
       sterbende Welt und mit ihr treffen ihre Funktionen und Geschichte auf
       weitaus größere Probleme: Es passiert vieles in der Welt, und so wächst der
       Drang, sich aus dem Kontext der Formalität zu lösen hin zu etwas, das mit
       allen geteilt werden kann.
       
       „Kompass“ ist als Trilogie angelegt. Wie wichtig ist dieser Aufbau? 
       
       Das Stück wurde zu einer Trilogie durch die Masse an Material. Alle
       Vorstellungen funktionieren aber auch jeweils eigenständig.
       
       Und warum spielen Sie das Stück nun mit einem Lai:innen-Ensemble? 
       
       Es war auf eine Art schon immer mein Modell, mit Menschen jeglichen
       Hintergrunds und unterschiedlicher Erfahrung zu arbeiten, die spielen
       wollen. Es war immer die Idee, dass es nicht darum gehen sollte,
       professionell und wissend zu sein in dem, was man tut. Sondern darum, diese
       Erfahrung als Teil des Prozesses zusammen zu machen.
       
       Gibt es etwas, das Sie dem Publikum mitgeben möchten? 
       
       Nein. Ich mochte es noch nie, so etwas zu verordnen. Denn ich glaube daran,
       dass meine non-uniforme Idee von Kunst uns alle in verschiedene Richtungen
       lenkt – und es nicht nur ein einziges Ziel gibt. Aber vielleicht würde ich
       mir ein Gefühl von Veränderung wünschen oder sogar eine Veränderung im
       Herzen: ein erweitertes Verständnis davon, was wir hier alle zusammen,
       jetzt gerade auf diesem Planeten.
       
       5 Jan 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Luna Harms
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA