# taz.de -- Ausbeutung bei Bananenproduktion in Ecuador: Morddrohung per Messenger
       
       > Wegen ihres Einsatzes für Plantagenarbeiter:innen werden
       > Gewerkschafterinnen eingeschüchtert. Die Gewerkschaft vermutet
       > Bananenproduzenten dahinter.
       
 (IMG) Bild: Bei der Produktion von Bananen werden Menschen weltweit ausgebeutet
       
       Die Nachrichten kamen per Whatsapp – wortgleich, zur selben Uhrzeit. Drei
       Gewerkschafterinnen haben in Ecuador wegen ihres Einsatzes für
       Bananenarbeiter:innen Morddrohungen bekommen, mutmaßlich von einer
       Gruppe der organisierten Kriminalität.
       
       Man solle sofort aufhören, die Arbeiter zu „belästigen“ und ihre Rechte zu
       verteidigen, steht in der Nachricht, [1][die die Gewerkschaft
       veröffentlicht hat]. Es folgen detaillierte Angaben über Wohnorte und die
       Familien der drei Frauen.
       
       „Wir nehmen diese Bedrohung sehr ernst“, sagt Maricela Guzmán, eine der
       betroffenen Frauen. Sie und ihre Kolleginnen arbeiten seit mehreren Jahren
       für die Bananengewerkschaft ASTAC. Sie organisieren Arbeiter:innen auf
       den Plantagen, geben Schulungen, kritisieren Bananenunternehmer öffentlich.
       Mehrere Hunderttausend Menschen arbeiten in Ecuador auf Bananenplantagen,
       teils unter unmenschlichen Bedingungen.
       
       Lange Zeit war Ecuador im Vergleich zu seinem Nachbar Kolumbien ein relativ
       friedliches Land. Doch seit einigen Jahren setzt sich auch dort die
       organisierte Kriminalität fest. Die Gruppen nutzen unter anderem die Häfen
       des Landes, um Kokain nach Europa oder die USA zu transportieren. Anfang
       August wurde der ecuadorianische Präsidentschaftskandidat Fernando
       Villavicencio in der Hautpstadt Quito auf offener Straße erschossen.
       
       Die Gewerkschafterin Guzmán erzählt, dass ihre Heimatstadt Quevedo eine der
       gefährlichsten Städte Ecuadors geworden sei. Täglich gebe es
       Auseinandersetzungen rivalisierender Banden, auch Tote. Sie fühle sich
       aktuell relativ sicher, aber sie traue sich kaum auf die Straße. Jedes
       fremde Geräusch, jede unbekannte Person, jeder vorbeifahrende Motorroller
       löse Panik aus. „Es ist sehr schwer zu erklären, was ein Mensch fühlt, wenn
       er glaubt, dass sein Leben in Gefahr ist.“
       
       Die Gewerkschaft ASTAC geht davon aus, dass ein Auftraggeber hinter den
       Nachrichten steckt. „Die Mafia bietet so etwas als schmutzige
       Dienstleistung an“, sagt Jorge Acosta, der Gründer der Gewerkschaft. Er
       vermutet Bananenproduzenten hinter den Drohungen, denen die Arbeit von
       ASTAC schon lange ein Dorn im Auge sei. Dafür spreche, dass die Absender
       kein Schutzgeld für sich selbst forderten, sondern sich direkt auf die
       Arbeit der drei Frauen beziehe.
       
       Ähnlich sieht das die Entwicklungsorganisation Oxfam, die mit ASTAC
       zusammenarbeitet. „Wir sehen in den Morddrohungen einen Angriff auf die
       gesamte Arbeit von ASTAC und auf Gewerkschaftsarbeit in Ecuador generell“,
       sagt Steffen Vogel, der als Referent für ein gerechtes Ernährungssystem bei
       der Organisation arbeitet. „Verstrickungen zwischen der Bananenindustrie
       und der organisierten Kriminalität liegen auf der Hand.“
       
       Oxfam hat unter anderem mit dem Hilfswerk Misereor, der SPD-nahen
       Friedrich-Ebert-Stiftung und der Menschenrechtsorganisation ECCHR einen
       Brief an den ecuadorianischen Präsidenten und andere internationale Stellen
       geschrieben, um auf die Situation aufmerksam zu machen. Auch
       Politiker:innen in Deutschland und deutsche Supermärkte habe man
       aufgefordert, für den Schutz der Gewerkschafterinnen zu sorgen. Etwa ein
       Viertel der Bananen in deutschen Supermärkten kommt aus Ecuador.
       
       Erste Reaktionen gibt es bereits, etwa vom Europaabgeordneten Helmut
       Scholz. „Ich verurteile die Morddrohungen gegen die drei
       Gewerkschaftsführerinnen und ihre Familien aufs Schärfste“, sagt der
       Handelspolitiker der Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament. Ecuador
       habe sich 2017 in einem Freihandelsabkommen mit der EU verpflichtet,
       grundlegende Arbeitsnormen durchzusetzen. „Die Regierung ist nun dringend
       gefordert, die Verantwortlichen der Morddrohungen juristisch zur
       Rechenschaft zu ziehen.“
       
       Der Bundestagsabgeordnete Fabian Funke (SPD) sieht eine Verantwortung auch
       bei der internationalen Politik und Konzernen: „Die Todesdrohungen gegen
       die mutigen Gewerkschafter:innen von ASTAC sind ein weiterer ganz
       konkreter Beweis dafür, warum es starke Lieferkettengesetze auf allen
       Ebenen braucht“, sagt er. Das Recht sich gewerkschaftlich zu organisieren
       sei ein Grundrecht und müsse durchgesetzt werden.
       
       Gemeinsam mit internationalen Partnern organisiert ASTAC momentan den
       Schutz seiner Mitarbeiterinnen. Die gewerkschaftliche Arbeit wolle man
       selbstverständlich fortsetzen.
       
       7 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/AstacEcuador/status/1709876039688569003
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Seufert
       
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