# taz.de -- Tote bei Armeeeinsatz gegen Sekte: Kongos spirituelle Hetzer
       
       > In der Stadt Goma geht die Armee gewaltsam gegen eine Sekte vor. Sie ist
       > mit „patriotischen“ Milizen liiert, die gegen Rebellen kämpfen wollen.
       
 (IMG) Bild: Luftbild der Großstadt Goma
       
       Kampala taz | Die Situation sei wieder „unter Kontrolle“, versichert Kaiko
       Njike, Militärsprecher der Provinz Nord-Kivu im Osten der Demokratischen
       Republik Kongo. Auf dem [1][Video], das Mittwoch mittag in der
       Provinzhauptstadt Goma aufgenommen wurde, sieht man hunderte Kongolesen in
       der prallen Sonne auf dem Boden sitzen, darunter Frauen und Kleinkinder,
       umzingelt von bewaffneten Soldaten. Darunter auch Frauen und Kleinkinder.
       „Wir haben sie festgenommen“, so Njike. Über die Zahl der Toten will er
       noch nichts sagen. Dazu sei es noch „zu früh“.
       
       Wazalendo (Swahili für „Patrioten“) nennen sich die Jugendbanden in der
       Millionenstadt Goma und dem Umland. Es sind spirituelle Bürgerwehren, wie
       sie in Kriegszeiten in dieser Region Afrikas regelmäßig auftauchen. Seit
       Kongos Präsident Felix Tshisekedi vergangenes Jahr angesichts des
       Vormarsches der M23-Rebellen rund um Goma eine Generalmobilmachung zur
       „Landesverteidigung“ ausrief, schießen diese Milizen wie Pilze aus dem
       Boden. Sie [2][bewaffnen sich mit Macheten und Messern] und sagen, sie
       wollten ihre Dörfer und das Vaterland verteidigen.
       
       Ihr Ärger richtet sich gegen das Nachbarland Ruanda, welches die
       [3][Tutsi-Rebellen der M23 (Bewegung] des 23. März) unterstützt, gegen
       kongolesische Tutsi und [4][gegen ausländische Friedenstruppen] wie die
       UN-Mission im Kongo (Monusco) sowie die ostafrikanische Eingreiftruppe aus
       Uganda, Kenia und Burundi, deren Mandat es ist, einen Waffenstillstand zu
       überwachen.
       
       Am Dienstag hatten die Wazalendo einen weiteren Protestmarsch in Goma gegen
       die ausländischen Truppen angekündigt. Die Militärregierung von Nord-Kivu
       hatet dies untersagt. Was genau dann in der Nacht auf Mittwoch in den
       Armenvierteln von Goma geschah, lässt sich im Detail nicht vollständig
       rekonstruieren. Aus verschiedenen Quellen hat die taz erfahren, dass sich
       einige Wazalendo mitten in der Nacht in einer Kirche im Stadtviertel
       Kyeshero zusammenfanden.
       
       ## Prediger ist eine Art spiritueller Führer
       
       Der Prediger dort, Efraim Bisimwa, fungiert wie eine Art spiritueller
       Führer. Seine Sekte nennt sich laut einem internen UN-Ermittlungsbericht,
       den die taz gesehen hat, „Natürlicher jüdischer messianischer Glaube an die
       Nation“, kurz: FNJMN. In seinen Predigten hetzt er gegen „ausländische
       Besatzer“.
       
       In seinen Kirchengebäuden befindet sich eine lokale Radiostation, die nach
       der Kirche [5][„Uwezo wa neno“ (RTUN)] heißt – „Die Macht des Wortes“. Über
       den Sender verbreitet Bisimwa seine Botschaften. Auf sein Geheiß hin
       formierten sich in den vergangenen Monaten in vielen Dörfern neue
       Bürgermilizen.
       
       Angeblich hatte der Prediger in den Morgenstunden des Mittwochs einen
       Gebetszug durch die Straßen von Kyeshero geplant. Im Nachbarviertel Ndosho
       hielten die Wazalendo ein geheimes nächtliches Treffen ab, um trotz
       Verbotes den Protestmarsch vorzubereiten. Ein Polizist, der das Treffen
       entdeckte, wurde nach Militärangaben von den Jugendlichen schwer verprügelt
       und starb später an seinen Verletzungen. Ab 3:45 Uhr am Morgen fielen dann
       zahlreiche Schüsse, über eine halbe Stunde lang, so Anwohner.
       
       Die Armee war angerückt. Sie sollte [6][laut Provinzregierung] das „Chaos“
       auflösen, das „bewaffnete Banditen auf Drogen und aufgehetzt“ angestiftet
       hätten, mit „Prophet“ Bisimwa als „Manipulator“. Die Streitkräfte hätten
       „sehr professionell“ eingegriffen. Einige „Banditen“ seien bewaffnet
       gewesen.
       
       Sektenanhänger Moïse Hangi gibt gegenüber lokalen Journalisten an, dass die
       Anhänger lediglich leichte Waffen wie Macheten und Speere hätten. Die Armee
       habe „unverhältnismäßig“ gehandelt.
       
       Die offizielle Bilanz von Kongos Armee: ein toter Polizist, 48 tote und 75
       verletzte „Banditen“ und 168 Festgenommene, darunter auch der Prediger
       selbst. Die UN meldete zuvor zehn Tote. In einem Handyvideo, das die taz
       gesehen hat, offenbar gefilmt von Nachbarn der Kirche, sieht man, wie
       Soldaten sieben Leichen auf einen Lastwagen laden.
       
       Kongos Armee sagt nun, die Ordnung sei wiederhergestellt. Die UN-Mission
       bleibt in Alarmbereitschaft.
       
       31 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/kabumba_justin/status/1696817257987399978?t=wH4k3MZy8UNDYvPm-Z2DAw&s=03
 (DIR) [2] /Gewalt-gegen-Tutsi-in-Kongo/!5923405
 (DIR) [3] /M23-Rebellenchef-ueber-Kongo/!5893776
 (DIR) [4] /Gewalt-bei-Protesten-im-Kongo/!5867203
 (DIR) [5] https://www.youtube.com/channel/UCDatwHdjBkArt-JJ55bhXkQ/about
 (DIR) [6] https://twitter.com/KivuMorningPost/status/1696858081295061027?t=ijE3mglNXwHJre_6FpAmjg&s=03
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schlindwein
       
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