# taz.de -- Unterbringung in Flüchtlingsheimen: Kindgerechte Orte fehlen
       
       > Geflüchtete Kinder leben in Unterkünften oft unter prekären Bedingungen.
       > Unicef und Menschenrechtler fordern die Politik zum schnellen Handeln
       > auf.
       
 (IMG) Bild: Geflüchtete Kinder leben in Unterkünften oft unter prekären Bedingungen
       
       Berlin taz | Gewalt, kaum Privatsphäre, Angst vor Abschiebung: In
       Unterkünften für Geflüchtete werden die Rechte von Kindern und Jugendlichen
       stark verletzt. Das geht aus einer [1][Studie vom Sinus-Institut] [2][im
       Auftrag von Unicef Deutschland und dem Deutschen Institut für
       Menschenrechte] (DIMR) hervor. Rund 40 Prozent der seit 2015 in Deutschland
       Asylsuchenden sind Kinder oder Jugendliche unter 18 Jahren. Für sie,
       genauso wie für jedes Kind, das sich in Deutschland aufhält, gilt
       verbindlich die UN-Kinderrechtskonvention.
       
       Über die Bedingungen, unter denen die Kinder in Unterkünften leben, gibt es
       keine systematischen Erhebungen. Die Untersuchung soll eine Wissenslücke
       schließen, sagt Michael Windfuhr vom DIMR. Dazu wurden Jungen und Mädchen
       zwischen 6 und 17 Jahren in Unterkünften aus ganz Deutschland befragt. Sie
       berichten von ihrer Lebensrealität und wurden bei der Konzeption der Studie
       miteinbezogen. Die Erhebung sei zwar nicht repräsentativ, würde aber die
       Sicht der Kinder einfangen.
       
       Die Kinder konnten ihre eigene Lebensrealität präzise und sachlich
       beschreiben, sagt Silke Borgstedt vom Sinus-Institut. Und: Sie hätten
       Vorschläge zur Verbesserung ihrer Situation. Als besonders wichtig
       empfanden die Kinder dabei [3][die Wohnverhältnisse]. Einige Befragte
       berichten davon, getrennt von ihrer Familie untergebracht zu sein.
       
       Viele Kinder äußern den Wunsch nach Rückzugsorten, wie beispielsweise ein
       17-jähriger Junge: „Was ich mir wünsche, ist ein bisschen mehr
       Privatsphäre.“ Etliche Kinder seien auch [4][mit Gewalt konfrontiert]: „Ein
       Ehepaar, das hier wohnt, hat sich gestritten und die Frau wurde verletzt“,
       sagt der Jugendliche.
       
       ## Kinder berichten von Alltagsdiskriminierung
       
       Viele Kinder nennen zudem die ständige Angst vor der Abschiebung als
       Belastung, wie zum Beispiel ein Mädchen, 15 Jahre alt: „Ich habe manchmal
       diese mentalen Breakdowns, indem ich halt denke: Wird jetzt alles gut
       gehen? Es fühlt sich schon anders an, wenn man keinen Standort hat.“ Einige
       Kinder berichten außerdem von Alltagsdiskriminierung in der Schule, [5][in
       öffentlichen Verkehrsmitteln], bei der Suche nach Arbeit oder
       Ausbildungsplätzen.
       
       Auf Bildungsangebote blicken die Kinder überwiegend zuversichtlich und
       optimistisch, [6][wünschen sich aber möglichst schnell Zugänge], wie zum
       Beispiel ein 15-jähriger Junge: „Ich möchte auf eine richtige Schule gehen.
       Außerhalb vom Camp. Wo ich was lernen kann, was ich in der Zukunft brauchen
       kann“.
       
       Die Befragung der Kinder ergibt: „Die Orte, an denen sie leben, sind nicht
       kindgerecht“, sagt Christian Schneider von Unicef. Nach teilweise
       jahrelanger Flucht mit traumatischen Erfahrungen bräuchten sie vor allem
       einen Ort, um zur Ruhe zu kommen, müssten aber oft jahrelang in den
       Unterkünften leben und hätten keine Möglichkeit, eine Kindheit zu erleben,
       die diesen Namen verdiene. „Das ist nicht das Leben. Das ist sozusagen ein
       Stopp für das Leben“, beschreibt ein 15-jähriges Mädchen ihren Alltag.
       Warten könne das Problem nicht, sagt Schneider, denn: „Kindheit ist
       irgendwann unwiederbringlich vorbei.“
       
       Radwan Al Hammadeh, 19, hat an der Studie mitgewirkt. Die Ergebnisse
       überraschen ihn nicht: „Meine eigenen Erfahrungen sind ähnlich. Ich hoffe
       jetzt, dass die Ergebnisse bei der Politik ankommen“.
       
       29 Aug 2023
       
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