# taz.de -- Trainerinnen bei der WM: Allein unter Männern
       
       > Sarina Wiegman ist die letzte im Turnier verbliebene Nationaltrainerin.
       > Außer England haben die anderen Teams im Viertelfinale Männer als
       > Coaches.
       
 (IMG) Bild: Seltenes Bild: Sarina Wiegman ist die einzige Trainerin, die es ins Viertelfinale geschafft hat
       
       Sidney taz | Als Chloe Kelly zum finalen Elfmeter anlief, kratzte sich
       Sarina Wiegman an der Seitenlinie kurz an der Nase. Sekunden später reckte
       auch Englands Nationaltrainerin beide Arme in den Himmel. Vor einem Jahr
       hatte sie nach dem EM-Viertelfinale gegen Spanien (2:1 n. V.) ihre
       Abwehrchefin Millie Bright in die Luft gehoben, nach dem Elfmeterschießen
       im WM-Achtelfinale gegen Nigeria (4:2) hing die Niederländerin bloß
       entkräftet am Hals ihrer Nummer sechs. „Ich bin heute um zehn Jahre
       gealtert“, gab die 53-Jährige hernach zu.
       
       Nun kann die Trainerin ihrer Erfolgsstory das nächste Kapitel hinzufügen.
       Sie ist bereits [1][Europameisterin 2017] und Vizeweltmeisterin 2019 mit
       den Niederlanden, [2][Europameisterin 2022 mit England] geworden. Wiegman
       hat bei Amtsantritt 2021 den Leistungsanspruch der „Lionesses“ ganz nach
       oben geschraubt, aber sie bringt das inzwischen ohne Verbissenheit rüber.
       Nur: Sie ist jetzt bei dieser WM die einzige Frau. Ein Umstand, der die
       zweifache Mutter ziemlich stört.
       
       „Ich hoffe, dass es in Zukunft mehr Trainerinnen geben wird“, sagte sie,
       als sich mit dem Ausscheiden [3][der südafrikanischen Nationaltrainerin
       Desiree Ellis] ihre Sonderrolle ankündigte. In die WM starteten 20 Trainer
       und 12 Trainerinnen. „Wir hoffen, dass das Gleichgewicht in Zukunft besser
       wird, und wir arbeiten daran, zumindest in England“, versprach Wiegman. Bei
       der EM vor einem Jahr standen den 10 Männern 6 Frauen gegenüber. Sie und
       Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg duellierten sich im Finale von
       Wembley.
       
       Auch wenn es sich nach den bisherigen Turnierergebnissen aufdrängen mag,
       einfache Urteile verbieten sich. Einerseits war Vlatko Andonovski bei den
       USA ein Fehlgriff, weil er nicht jenes Händchen hat wie Vorgängerin Jill
       Ellis, deren besonnene Art inmitten der Stars und Sternchen beruhigend
       wirkte.
       
       ## Der richtige Typ
       
       Andererseits scheint der Schwede Tony Gustafsson gerade genau der richtige
       Typ, um mit einer gewissen Stringenz das Heimteam Australien auf Titelkurs
       zu bringen. Wie schnell es sich auf diesem Posten drehen kann, illustriert
       mit Pia Sundhage eine der prominentesten Figuren. Niemand zweifelt an den
       fachlichen und menschlichen Fähigkeiten der Schwedin, doch so erfolgreich
       sie in den USA arbeitete, so sehr fällt ihr das Vorrunden-Aus mit Brasilien
       auf die Füße.
       
       Hege Riise half nicht mal ihre große Beliebtheit: Als Spielerin mit
       Norwegen noch Weltmeisterin, Europameisterin und Olympiasiegerin, konnte
       sie das Aus im Achtelfinale gegen Japan nicht verhindern. Andere
       skandinavische Ländern, in denen traditionell Frauen in Führungsrollen
       anerkannt sind, vertrauen Männern: Lars Söndergaard wird als Vaterfigur der
       Däninnen gelobt, Peter Gehardsson nach seinem Coup gegen die USA von den
       Schwedinnen gefeiert.
       
       Laut der Europäischen Fußball-Union (Uefa) sind bislang nur 6 Prozent aller
       qualifizierten Trainer Frauen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat bis auf
       Pionier Gero Bisanz und Übergangslösung Horst Hrubesch stets auf Frauen
       gesetzt. Heraus kamen unter Thina Theune-Meyer (2003) und Silvia Neid
       (2007) zwei Weltmeistertitel. Voss-Tecklenburg ist bei der Mission zum
       dritten Stern früh gescheitert, aber ihre Vita als Fußballlehrerin ist
       beispielhaft. Nur ist ihr Werdegang aus dieser Generation von ganz unten
       nach ganz oben die Ausnahme.
       
       ## Kaum Frauen an deutschen Bänken
       
       Der Mangel an Trainerinnen ist immer noch eklatant. Im Breitenfußball, wo
       in einigen Landesverbänden schon 10 Prozent Frauen trainieren, ist es dabei
       nicht ganz so schlimm wie im höherklassigen Fußball. Bereits bei der
       B-Lizenz sieht es dünn aus. Nur 3 von 100 Absolventen sind Frauen. Wenn am
       15. September der FC Bayern die neue Saison der Frauen-Bundesliga eröffnen,
       bringt der Gegner SC Freiburg mit Theresa Merk die einzige Cheftrainerin
       unter den 12 Klubs mit.
       
       Der DFB will seit längerem Trainerinnen fördern. Einige aktuelle
       Nationalspielerinnen haben den ersten Lehrgang absolviert. Die wohl bald
       aus dem DFB-Team zurücktretende Marina Hegering hat die B+-Lizenz und
       besitzt zudem ab 2024 bereits einen Anschlussvertrag beim VfL Wolfsburg.
       „Sie bringt alle fachlichen und persönlichen Voraussetzungen mit, um auch
       als Trainerin erfolgreich zu arbeiten“, sagt VfL-Direktor Ralf Kellermann.
       
       Es lohnt sich, gleich zu beginnen: Bevor Sarina Wiegmann beim
       niederländischen Verband nach ihrer Karriere mit 104 Länderspielen die
       U19-Juniorinnen übernahm, hatte sie schon als Sportlehrerin gearbeitet. Den
       richtigen Umgang mit einer Gruppe, sagte sie einmal, könne man nicht früh
       genug lernen.
       
       8 Aug 2023
       
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