# taz.de -- Der Trend: Solarwende in Deutschland
       
       > Wie der Drang, dazugehören zu wollen, deutsche Dächer bepflasterte
       
       Eigentlich ist Deutschland alles andere als sonnenverwöhnt. Dennoch war die
       Bundesrepublik 2009 mit Abstand Spitzenreiter in Bezug auf die weltweit pro
       Kopf installierte Photovoltaik-Leistung. Möglich machte das eine
       [1][progressive Finanzierungspolitik] um die Jahrtausendwende: Der Staat
       zahlte Geld für den produzierten Strom und vergab günstige Kredite.
       
       Es gab aber noch einen weiteren Treiber. Fachleute bezeichnen ihn als
       soziale Ansteckung. Wie Analysen des Volkswirts Johannes Rode von der TU
       Darmstadt zeigen, erhöhte sich mit jeder Installation die
       Wahrscheinlichkeit, dass in der Nachbarschaft weitere Anlagen auf Haus und
       Garagendächer gebaut wurden. Diese Nacheifereffekte addierten sich so weit,
       dass Hotspots entstanden, in denen besonders viele Solaranlagen installiert
       wurden.
       
       Ist eine kritische Masse erreicht, kippt möglicherweise eine
       Verhaltensnorm: Anstatt sich als Außenseiter zu fühlen, wenn man sich
       Solarmodule auf das Dach bauen lässt, empfindet man sich nun als
       Sonderling, wenn man es nicht tut. So erklärt es der Soziologe Damon
       Centola von der University of Pennsylvania. [2][Photovoltaik-Anlagen
       verwandelten sich vom Spielzeug für Ökos und Nerds zum „Mercedes-Benz auf
       dem Dach“], wie Forscher feststellten.
       
       Trotz der hohen Ansteckungsgefahr brach die Infektionskette jäh ab: Ab 2010
       wurden die Finanzierungshilfen für Photovoltaik von der Bundesregierung
       gekürzt und für den eingespeisten Strom wurde weniger gezahlt. Der Ausbau
       der Solarenergie wurde so stark verlangsamt.
       
       8 Jul 2023
       
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