# taz.de --
(IMG) Bild: Zukunftsbilder der Vergangenheit und was man aus ihnen lernen kann, erkunden wir hier in jeder Ausgabe.
Zwanzig Jahre lang schraubte der Erfinder, er hämmerte und kurbelte, um
sich einen alten Menschheitstraum zu erfüllen: ein Ebenbild. Er war nun der
Schöpfer – ein Gott gewissermaßen – eines menschlichen Gehirns, bestehend
aus hunderttausend Teilen. „Gedankenmaschine“ nannte er seine
dampfbetriebene Kreation, die „einfache Vorgänge des Gehirns mit hoher
Präzision“ durchführen könne.
Als Architekt und Künstler Frank R. Paul seinen Traum 1927 illustrierte,
ist [1][Alan Turing], der spätere Erfinder der Informatik, fünfzehn Jahre
alt und fragt sich: Wenn der Körper eine unermesslich komplexe Maschine
ist, die denken kann – müssten nicht auch andere Maschinen dazu in der Lage
sein? Turing wird zum Vordenker des Computers und prophezeit: Alles ist
berechenbar mit dem richtigen Programm.
Die Erfüllung ihrer Visionen werden Paul und Turing nicht erleben. Ihre
erdachten Computer tragen wir heute in der Tasche und lassen sie für uns
arbeiten. Vergangenen Monat bestand der [2][AI-Bot „ChatGPT“] den
Turing-Test, indem seine Antworten nicht von denen eines Menschen
unterschieden werden konnten.
Doch der Traum der intelligenten Maschine, die per Knopfdruck globale
Probleme löst, bleibt unerfüllt. Die Computer reflektieren lediglich
unseren Blick auf die Welt, simulieren aus menschlichem Wissen die
wahrscheinlichste Buchstabenkombination. Hinter der Vision der
Gedankenmaschine steckt womöglich der Wunsch nach einem übermächtigen
Helfer. Aber, ach: Das ersehnte Ebenbild, es bleibt so unperfekt wie wir.
Thore Rausch
15 Apr 2023
## LINKS
(DIR) [1] /!5090808&SuchRahmen=Print
(DIR) [2] /!5923244&SuchRahmen=Print
## AUTOREN
(DIR) Thore Rausch
## ARTIKEL ZUM THEMA