# taz.de -- Jonas Hanke zum Streik von Verdi in der Wilmersdorfer Straße: Innenstädte sollen lebendig sein
       
       Verdi streikt. Mal wieder. Am Mittwoch vor der Galeria-Kaufhof-Filiale in
       der belebten Wilmersdorfer Straße. Die soll im Januar 2024 dichtmachen.
       Anschließend soll das Gebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt
       werden.
       
       Als ich aus der U-Bahn komme, höre ich bereits die ersten Trillerpfeifen
       und eine Art Trommelkonzert. Auf der Straße haben sich viele Streikende
       versammelt. Sie tragen Warnwesten. Ist das auch eine Warnung an den
       Vorstand von Karstadt Galeria Kaufhof und die Politik?
       
       Konkret fordert Verdi einen Flächentarifvertrag für alle Beschäftigten von
       Galeria Kaufhof. Die Mitarbeitenden in der von Schließung bedrohten
       Filialen in der Wilmersdorfer und der Müllerstraße sollen in bestehende
       Filialen versetzt werden.
       
       Für mich ist es schwer vorstellbar, dass ein seit 1906 bestehendes Kaufhaus
       aufgrund von Sparmaßnahmen geschlossen werden soll. Ich komme zwar nicht
       aus Berlin, jedoch gibt es auch in meiner Heimatstadt Aachen eine
       Traditionsbuchhandlung, und es wäre fatal, wenn auch diese schließen
       müsste. Ein funktionierender Einzelhandel stärkt die Lebendigkeit von
       Innenstädten, meint eine Verdi-Rednerin. Sie hat recht. Außerdem soll das
       Arbeiten auf Abruf verhindert werden, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sollen
       weiterhin gezahlt werden und Rentenarmut soll gestoppt werden.
       
       Wie ich während einer der unzähligen Protestreden erfahre, fühlen sich die
       Mitarbeitenden von Karstadt nicht ernst genommen. Wie mir Ralph Thomas, ein
       Redner von Verdi, bestätigt, findet er die Machenschaften des Managements
       von Karstadt eine „Riesensauerei“. Die Berliner Politik fordert Thomas auf,
       die Neubaupläne nicht zu genehmigen.
       
       Es sind nicht nur Streikende von Karstadt da, sondern auch viele
       Mitarbeitende von Thalia und Ikea. Die Streikenden von Thalia fordern eine
       Rückkehr in den Flächentarifvertrag, aus dem der Konzern 2020 aus
       spartechnischen Gründen ausgestiegen ist.
       
       Die Gruppe der Ikea-Streikenden fordert einen Digitalisierungstarifvertrag.
       Dieser soll die Belegschaft in die neue Welt der Digitalisierung mitnehmen
       und Mindeststandards bei digitalen Arbeitsprozessen wie dem angestrebten
       Ausbau des Onlinehandels setzen.
       
       Wie mir eine Streikende von Ikea mitteilt, soll der Möbelriese endlich
       seine Blockadehaltung aufgeben und sich auf Verhandlungen mit den
       Gewerkschaften einlassen.
       
       Als ich meine Rückfahrt antrete, denke ich immer noch an die vielen
       schlagkräftigen Reden und an den Willen der streikenden Beschäftigten.
       
       Der Autor (17) absolviert bei der taz sein Schülerpraktikum
       
       13 Apr 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Hanke
       
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