# taz.de -- Russischer Aufkauf eines Flughafens: Des Oligarchens Konsum
       
       > Ein russischer Investor will den Flughafen Hahn kaufen. Das beschäftigt
       > auch Robert Habeck: Der Minister will den Vorgang prüfen.
       
 (IMG) Bild: Der insolvente Flughafen Hahn im Hunsrück
       
       Frankfurt am Main taz | Bekommt ein russischer Oligarch Zugriff auf den
       [1][deutschen Zivilflughafen Hahn], einst Basis der US-Airforce, auf der
       bis zum zweiten Golfkrieg Kampfjets der Nato stationiert waren?
       
       Am Rande seines Arbeitsbesuchs in der US-Hauptstadt Washington musste
       [2][Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck] am Montagabend einräumen, dass
       er über den möglichen Verkauf des Flughafens im Hunsrück an einen
       russischen Investor nachdenkt. „Wir screenen das gerade“, erklärte der
       Grünen-Politiker, der die kritische Infrastruktur „potenziell berührt“
       sieht.
       
       Habeck bat um „ein paar Wochen“ für die Prüfung des brisanten Vorgangs. Die
       hessische Landesregierung, die eine kleine Minderheitsbeteiligung am Hahn
       hält, hatte Habeck aufgefordert, den Zuschlag zu verhindern. Am
       Dienstagnachmittag tagte eine Gläubigerversammlung beim Insolvenzgericht in
       Bad Kreuznach. Im Anschluss an das Treffen sagte Insolvenzverwalter Jan
       Markus Plathner, dass das Angebot des Höchstbietenden vorerst nicht
       genehmigt werde. Die endgültige Entscheidung über den Verkauf des
       Flughafens kann erst nach der Prüfung durch das
       Bundeswirtschaftsministerium erfolgen.
       
       Der mögliche Einstieg des russischen Milliardärs Viktor Charitonin beim
       defizitären Hunsrück-Flughafen sorgt seit dem Wochenende für aufgeregte
       Schlagzeilen. Der Pharmamogul und Oldtimerfan hatte vor Monaten mit seiner
       Nürburgring-Holding (NR-Holding) ein Kaufangebot abgegeben, allerdings war
       es nur das zweitbeste. Das deutsch-britische Joint Venture „Swift Conjoy“
       mit Sitz in Frankfurt am Main hatte zunächst alle Mitbewerber ausgestochen.
       Bis zum vereinbarten Stichtag war beim Insolvenzverwalter der mit Swift
       notariell vereinbarte Kaufpreis allerdings nicht eingegangen, was den
       Russen erneut auf den Plan ruft.
       
       ## Mainzer Immobilienunternehmen hat ebenfalls Interesse
       
       Neben ihm verhandelt als Drittplatzierte die Mainzer „Richter-Gruppe“, ein
       Immobilienunternehmen, das auf die Verwertung von Konversionsflächen oder
       ehemaligen Unternehmensstandorten spezialisiert ist. Dem Vernehmen nach
       haben sowohl die NR-Holding als auch die Richter-Gruppe den jeweiligen
       Kaufpreis auf einem Anderkonto des Insolvenzverwalters hinterlegt. An
       mangelnder Liquidität dürfte der Deal mit diesen Bietern nicht mehr
       scheitern.
       
       Als großer Minderheitseigner sitzt auch das Land Rheinland-Pfalz bei den
       vertraulichen Verhandlungen mit am Tisch. Julia Klöckner, CDU-Politikerin
       aus Rheinland-Pfalz, ging schon einmal vorsorglich auf Konfrontationskurs.
       Charitonins Aufstieg zum wichtigen Player im russischen Pharmageschäft sei
       nur mit dem Segen Putins möglich gewesen, so die ehemalige
       Bundesministerin. In der kommenden Woche wird sich der Innenausschuss des
       Mainzer Landtags mit dem Fall beschäftigen.
       
       Über den umstrittenen Investor ist wenig bekannt, außer dass er auf der
       Forbes-Liste der reichsten Weltbürger mit einem Vermögen von 1,4 Milliarden
       Dollar als „Viktor Xharitonin“ geführt wird.
       
       ## Privatisierung des Flughafens ist eine Pleite-Geschichte
       
       Angeblich steht er auch auf der „Putin-Liste“ der US-Regierung, als
       Vertrauter des russischen Präsidenten. Mit seiner NR-Holding führt er seit
       2014 erfolgreich Regie im Freizeitzentrum „Grüne Hölle“ samt Achterbahn,
       traditionsreicher Rennstrecke und legendärer „Nordschleife“. Mit seinem
       Einstieg dort hatte der Milliardär die Mainzer Landesregierung von einem
       krachend gescheiterten Projekt befreit, das bis dahin Hunderte Millionen an
       Steuergelder verschlungen und ständig für Negativschlagzeilen gesorgt
       hatte.
       
       Die Privatisierung des Flughafens Hahn ist eine Pleite-Geschichte. 2016
       scheiterte der Verkauf an einen chinesischen Investor, der sich als dubiose
       Garagenfirma erwies. Brisant war auch 2017 der umstrittene Verkauf an den
       [3][chinesischen Luftfahrtkonzern HNA], der von einem Staatsbetrieb der
       Volksrepublik kontrolliert wird und gleichwohl inzwischen pleite ist.
       
       Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen mehrere Beteiligte wegen des
       Verdachts der Insolvenzverschleppung und des Subventionsbetrugs. Der
       mögliche Einstieg des Russen mit Putin-Connection wäre angesichts dessen
       Angriffskriegs gegen die Ukraine weitaus brisanter. Noch immer wickelt das
       US-Militär über den Hahn logistische Operationen ab.
       
       7 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Minusgeschaeft-Regionalflughaefen/!5733827
 (DIR) [2] /Streit-ueber-US-Subventionen/!5914374
 (DIR) [3] /Chinas-Unternehmensgruppe-HNA/!5744761
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christoph Schmidt-Lunau
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Robert Habeck
 (DIR) Luftverkehr
 (DIR) Oligarchen
 (DIR) Kolumne Der rote Faden
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) China
 (DIR) Luftverkehr
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Chinesische Spionage-Flugkörper: Mehr als nur 99 Luftballons
       
       Ballons am Himmel sind kein Anlass mehr für Heiterkeit. Sondern für Sorge:
       Wir wissen nicht, wozu die chinesische Spionage imstande ist – und wofür.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Oligarch kritisiert Oligarchen
       
       Der Chef der Wagner-Truppe Jewgeni Prigoschin bemängelt fehlendes
       Engagement russischer Oligarchen im Angriffskrieg. Prigoschin gilt als
       „Putins Koch“.
       
 (DIR) Chinas Unternehmensgruppe HNA: Nach Kaufrausch folgt Pleite
       
       Der chinesische Konzern HNA wollte die Luftfahrtbranche weltweit erobern.
       Doch der größenwahnsinnige Kurs führte in den Ruin.
       
 (DIR) Minusgeschäft Regionalflughäfen: Eine Luft-Nummer
       
       In Dortmund zahlt jeder mit der Wasserrechnung für den Betrieb eines
       Flughafens. Doch schon bald könnte dem „Airport 21“ das Ende drohen.