# taz.de -- Triathlon-WM auf Hawaii: Hoffen auf die Fünfprozentchance
       
       > Die Triathleten Sebastian Kienle und Patrick Lange gehören auf Hawaii
       > nicht zum engsten Favoritenkreis. Die deutschen Dominanz scheint vorbei
       > zu sein.
       
 (IMG) Bild: Mit Trainingsrückstand nach Hawaii gereist: Patrick Lange bei der Vorbereitung auf dem Rad
       
       Es gibt Schlimmeres, als bei Sonnenschein mit Blick auf den Pazifik unter
       Palmen zu sitzen. Und doch ist Jan Frodeno mit gemischten Gefühlen an jenen
       Sehnsuchtsort gereist, der nach eigenem Bekunden „zehn, elf Jahren mein
       Leben geprägt hat“. Die Bucht von Kailua-Kona auf Hawaii, wo [1][die
       Strapazen aller Triathleten] beginnen, die sich an die 3,8 Kilometer
       Schwimmen im aufgewühlten Meerwasser, 180,2 Kilometer Radfahren über den
       flimmernden Asphalt und schlussendlich noch 42,2 Kilometer Laufen bei
       drückender Hitze machen.
       
       Diesmal kommen so viele „fitte Menschen in einem olympischen Dorf“ (Frodeno
       über den Ironman Hawaii) auf der Insel für die Weltmeisterschaft zusammen
       wie nie zuvor, weil nach zweijähriger Pandemiepause 5.000 Profis und
       Agegrouper starten. Die kritisch beäugte Auffächerung in zwei getrennte
       Termine für Männer und Frauen macht es möglich.
       
       Dass [2][Dreifach-Champion Frodeno] wegen eines Seuchenjahres mit
       angerissener Achillessehne, Corona-Infektion und Hüftoperationen nun seinen
       Titel aus 2019 beim Männerrennen (Samstag 18.25 Uhr MESZ/ZDF-Livestream)
       nicht verteidigen kann, hat lange am 41-Jährigen genagt. „Ein Jahr auf der
       Auswechselbank zu sitzen“, sagte er dem Triathlon-Magazin, falle ihm nicht
       leicht, denn eigentlich hätte diese Auflage zugleich sein Abschiedsrennen
       sein sollen, der Deal mit der Familie sei nun aber, sich 2023 „ein letztes
       Mal reinzustürzen“. Zuvor könnte es bei der diesjährigen Auflage bereits
       zur Wachablösung gekommen sein. Denn die Indizien sind erdrückend, dass die
       deutsche Dominanz mit einer sagenhaften Siegesserie seit 2014 endet.
       
       Damals hatte Sebastian Kienle die Konkurrenz düpiert, doch der Coup ist
       eben lang her. Schon vor einem Jahr hat der 38-Jährige angekündigt, 2023
       einen Schlussstrich zu ziehen, weil die Wehwehchen mehr und die
       Glücksgefühle weniger geworden sind. „Man kann sich durch so eine relativ
       lange Abschiedstournee immer mehr damit anfreunden, dass es danach vorbei
       ist. Ich hoffe, dass der Körper durchhält.“ Seine Siegchance bezifferte der
       ehemalige Physikstudent auf fünf Prozent, Er gibt sich vor seinem letzten
       Hawaii-Auftritt keinen Illusionen hin: „Du kommst hierher und du denkst, du
       bist wer. Die Insel zeigt dir, dass du ein Niemand bist.“ Er will vor allem
       den Zieleinlauf genießen, wenn ihn seine Frau und sein gerade ein Jahr
       alter Sohn erwarten: „Das hat das Potenzial zum emotionalen Höhepunkt.“
       
       ## Rückschläge in der Vorbereitung
       
       In jenem Areal machte Patrick Lange einst als Hawaii-Sieger seiner Frau
       Julia einen Heiratsantrag. Als ob der Triumph 2018 in Rekordzeit nicht
       genug wäre. Doch wie rasant es runter gehen kann, erlebte der gebürtige
       Hesse im Jahr darauf. Wegen körperlicher und mentaler Probleme und der
       schweren Erkrankung seiner später an Magenkrebs verstorbenen Mutter hätte
       der Doppelsieger aus 2017 und 2018 damals eigentlich gar nicht starten
       dürfen, bekannte Lange in seinem Buch „Becoming Iroman – Mein Weg zum
       Weltmeister im Triathlon“. Sein Ausstieg sei „der wahrscheinlich dunkelste
       Moment in meiner sportlichen Karriere“ gewesen.
       
       Längst läuft es dank eines neuen Umfelds – Trennung von Trainer Faris
       Al-Sultan und Manager Jan Sibbersen – wieder besser und zwischenzeitlich
       war Lange bereits so gut in Schuss wie früher. Dann zog er sich aber in
       diesem Jahr bei einem Radsturz eine Schulterverletzung zu, danach setzte
       ihm das zweite Mal eine Corona-Infektion zu. „Man kann nicht
       wegdiskutieren, dass ich Trainingsrückstand habe, auch wenn ich natürlich
       versucht habe, diesen in den vergangenen drei Monaten wettzumachen“,
       erklärte der 36-Jährige. Trotzdem versucht er sich in Zweckoptimismus. „Im
       Best-Case-Szenario will ich um den Sieg mitreden.“
       
       Wahrscheinlich werden seine Gedanken bald darum kreisen, wie die
       norwegischen Ausdauerwunder wieder einzufangen sind. An Kristian
       Blummenfelt und in seinem Windschatten vielleicht auch Trainingspartner
       Gustav Iden wird künftig bei Titelvergaben kaum ein Weg vorbeiführen.
       Blummenfelt gewann vor einem Jahr gleich seinen ersten Ironman in Mexiko
       und siegte im Mai bereits bei der Ersatz-WM in St. George im US-Bundesstaat
       Utah. Das Kraftpaket aus Bergen ist eine Ausnahmeerscheinung, wie seine
       6:44:26 Stunden zeigten, die er für die Langdistanz auf dem Lausitzring
       unter Laborbedingungen brauchte.
       
       Dass der 28-Jährige nach diesem Ironman auch auf der Kurzdistanz bei den
       Olympischen Spielen 2024 in Paris wie schon 2021 in Tokio die Goldmedaille
       gewinnen will, darüber staunt auch Frodeno: „Auf höchstem Niveau hat das
       noch niemand vorgemacht. Aber es hat auch noch niemand ein Jahr hingelegt
       wie er. Seine Siege und Rekorde sind ihm in Zeitabständen gelungen, die
       vorher als unvorstellbar galten.“ Auf Hawaii sollte sich Blumenfelt nicht
       zu sicher fühlen.
       
       Beim Frauenwettbewerb gewann überraschend die Hawaii-Debütantin Chelsea
       Sodaro aus den USA. Die 33-Jährige war vor gut anderthalb Jahren Mutter
       geworden und hatte nach einer Babypause im Juni in Hamburg zum ersten Mal
       einen Ironman bestritten. [3][Die Deutsche Anne Haug] verpasste nach 2019
       den erneuten Titeltriumph und wurde hinter der Britin Lucy Charles-Barclay
       Dritte.
       
       7 Oct 2022
       
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 (DIR) Frank Hellmann
       
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