# taz.de -- Die Wahrheit: Lang lebe der Charlie
       
       > Der Tod der Queen verändert viele Dinge – auch den Kopf ihres
       > Nachfolgers, der künftig als König nach links schauen wird.
       
       Es war die längste Lehrzeit in der Geschichte, doch jetzt hat Charles
       endlich einen Job. Andere sind in diesem Alter bereits sieben Jahre in
       Rente. Nun sind eine ganze Reihe Veränderungen in Großbritannien und im
       Commonwealth nötig.
       
       Zunächst muss King Charles III. die königliche Standarte, die vor dem
       Buckingham Palace wehte, wenn die Queen zu Hause war, ändern. Sie ist
       viergeteilt: ein Viertel für den schottischen Löwen, eins für die irische
       Harfe, und zwei für England. Wales kommt auf dem Lappen nicht vor. Aber
       Charles war siebzig Jahre lang Prinz von Wales, und da sollte er sich
       erkenntlich zeigen.
       
       Das Pfund Sterling kann auch nicht so bleiben. Es sind 4,5 Milliarden
       Banknoten mit dem Porträt der Königin im Umlauf. Die Bank of England
       erwägt, Aufkleber mit dem Gesicht von Charles an die Untertanen zu
       verteilen, die sie über den Queens-Kopf kleben sollen. Und neue Münzen
       müssen geprägt werden. Die Königin schaute auf den Münzen nach rechts,
       Charles will nach links gucken. Eine späte Rebellion gegen die
       Erziehungsberechtigte?
       
       Britische Briefmarken enthalten keinen Ländernamen, weil die Briten
       behaupten, dass sie Briefmarken erfunden haben, aber auf jeder Marke ist
       das Profil der Königin abgebildet. Die Post gab bekannt, dass Briefe, die
       nach dem offiziellen Ableben der Königin am Donnerstag um 18.32 Uhr
       Ortszeit abgeschickt worden sind, zurück an den Absender gehen. Auf den
       roten Briefkästen ist das königliche Emblem „EIIR“ – also „Eli-zabeth II.
       Regina“ – zu sehen, außer in Schottland. Dort hat man die Kästen gleich
       nach Elisabeths Krönung 1952 in die Luft gesprengt, denn in Schottland
       regierte Elizabeth I. nicht. Also kann es dort auch keine Nummer II geben.
       
       Sämtliche Abgeordnetenposten sind derzeit vakant, weil die Parlamentarier
       einen Eid auf die Königin geschworen haben. Solange sie keinen Eid auf
       Charles abgelegt haben, dürfen sie weder im Unterhaus an Abstimmungen und
       Debatten teilnehmen, noch ihr Gehalt kassieren. Die Ernennung von Liz Truss
       zur Premierministerin ist also vorerst ungültig. Böse Zungen behaupten, die
       Queen habe ihren Lebenswillen verloren, nachdem sie Truss am Dienstag
       getroffen hatte.
       
       Von den fünfzig Kolonien, die Elisabeth bei ihrem Amtsantritt vorfand, sind
       nicht mehr viele übrig, und es könnten noch weniger werden. Vielleicht hat
       die Queen in ihrem Testament der Republik Irland die sechs nord-irischen
       Grafschaften vermacht. Und in den vierzehn Ländern, die die Königin als
       Staatsoberhaupt anerkennen, muss die Verfassung auf den neuen König Charles
       umgeschrieben werden. In einigen Fällen geht das nur per Referendum – eine
       gute Gelegenheit, sich aus dem Staub zu machen.
       
       Das hat man davon, wenn man Frauen auf den Thron lässt. Früher war das
       undenkbar. Bis Ende dieses Jahrhunderts müsste man aber Ruhe haben, denn
       die nächsten Thronfolger sind Männer: William und George. Lang lebe der
       König.
       
       12 Sep 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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