# taz.de -- „Vertrauensstudie“ der Uni Bielefeld: Jugendliche misstrauen Medien
       
       > Eine große Mehrheit jüngerer Menschen vertraut nicht auf Medien und
       > Journalist_innen. Viele Jugendliche neigen gar zu Verschwörungstheorien.
       
 (IMG) Bild: Die Unsicherheit, die mit „Fake-News“ und „alternativen Fakten“ begann, ist in Deutschland angekommen
       
       Leverkusen dpa | Eine große Mehrheit der Jugendlichen in Deutschland hat
       einer Studie zufolge kein Vertrauen in die Medien. 75,8 Prozent misstrauen
       demnach Zeitungen, 71,6 Prozent misstrauen Journalist_innen. Mehr als ein
       Drittel der Jugendlichen vermutet, dass die Medien absichtlich wichtige
       Informationen zurückhalten (37,9 Prozent) und nur ihre eigene Meinung
       verbreiten (32,8 Prozent).
       
       Studienleiter Prof. Holger Ziegler bezeichnete diese Ergebnisse am Dienstag
       als „alarmierend“. Eine gesunde Skepsis sei durchaus hilfreich, doch hier
       gehe es um etwas Anderes: „Stellen wir nicht nur den Wahrheitsgehalt einer
       Information in Frage, sondern vermuten wir, dass uns – in diesem Fall – die
       Medien absichtlich Informationen verschweigen und manipulieren wollen, dann
       bewegen wir uns in einem gefährlichen Bereich von
       [1][Verschwörungsglauben].“
       
       Für die Studie, die im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung von der
       Universität Bielefeld durchgeführt wurde, wurden 1582 Kinder (6 bis 11
       Jahre) und Jugendliche (12 bis 16 Jahre) befragt. Innerhalb des
       betrachteten städtischen Bevölkerungsabschnitts sei die Studie
       repräsentativ, teilte Ziegler mit. Befragt wurden Familien in Berlin,
       Leipzig, Köln, Deggendorf, Herne, Neunkirchen/Saar, Reutlingen, Stralsund,
       Bitburg und Aurich.
       
       Zu den möglichen Gründen für das geringe Vertrauen in die Medien sagte
       Ziegler der Deutschen Presse-Agentur: „Das Leben von heranwachsenden
       Kindern und Jugendlichen wird in einem hohen Maße durch die Medien
       geprägt.“ Mit wenigen Klicks hole man sich tagesaktuelle Informationen über
       den Zustand der Welt. „Meldungen von Klimawandel und Armut, Fake News und
       Krieg können Angst machen und hinterlassen Spuren. Eine Möglichkeit, darauf
       zu reagieren, ist, diese Informationen in Zweifel zu ziehen, sich
       zurückzuziehen und anderen zu misstrauen – auch den Medien.“
       
       Auch das Vertrauen in öffentliche Einrichtungen ist der Studie zufolge
       unter Jugendlichen nur mäßig ausgeprägt. Nur jeder zweite Jugendliche
       vertraut demnach der Bundesregierung (53,9 Prozent). Deutlich höheres
       Vertrauen genießen dagegen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (76,1
       Prozent) und [2][Polizei] (79,9 Prozent).
       
       Die Studie zeige, dass von den Jugendlichen, die nur ein geringes Vertrauen
       in öffentliche Einrichtungen hätten, mehr als ein Drittel (38,7 Prozent)
       eine starke Anfälligkeit für Verschwörungsgedanken aufweise, sagte Ziegler.
       Ebenso gebe es einen Zusammenhang von Medienkonsum und
       Verschwörungsneigung: Von den Jugendlichen, die ihre Informationen
       bevorzugt aus den sozialen Medien bezögen, zeigten 37,6 Prozent eine starke
       Verschwörungsneigung. Von den Jugendlichen, die sich überdurchschnittlich
       viel über öffentlich-rechtliche Medien informierten, seien dies nur 5,4
       Prozent.
       
       In der Pubertät seien Zweifel an sich selbst und an anderen durchaus
       erwartbar, sagte Ziegler. Das hier festgestellte Ausmaß fehlenden
       Vertrauens in andere sei jedoch bemerkenswert: Zwei Drittel der
       Jugendlichen (63,6 Prozent) haben demnach kein Vertrauen in andere
       Menschen. Etwa jeder zweite Jugendliche meint, wer sich auf andere
       verlasse, werde ausgenutzt (49,3 Prozent), und hat demnach schon erlebt,
       dass man sich nicht auf andere verlassen könne (46,3 Prozent).
       
       39,6 Prozent der Jugendlichen glauben nicht, dass die meisten Menschen gute
       Absichten haben. Ein Viertel der Jugendlichen (24,5 Prozent) besitzt nur
       geringes Selbstvertrauen.
       
       Dies beeinflusse auch den Blick auf die Zukunft, so Ziegler: Mehr als ein
       Drittel der Jugendlichen (34,8 Prozent) bewerte die Zukunft der
       Gesellschaft pessimistisch. „Wir sehen hier eine bemerkenswerte und auch
       besorgniserregende Entwicklung. Jugendliche vertrauen nur sehr begrenzt der
       Lösungskompetenz der Gesellschaft. Wer aber den Glauben an die Gemeinschaft
       verliert, zieht sich zurück und resigniert.“
       
       Auffallend sind demnach auch geschlechtsspezifische Unterschiede in der
       Ausprägung von Vertrauen. Mädchen zwischen zwölf und 16 Jahren verfügen
       über weniger Selbstvertrauen (Mädchen: 72,7 Prozent, Jungen: 81,0 Prozent)
       und weniger Vertrauen in andere als gleichaltrige Jungen (Mädchen: 49,5
       Prozent, Jungen: 58,5 Prozent).
       
       Das Vertrauen in öffentliche Einrichtungen ist ebenfalls bei Mädchen
       schwächer ausgeprägt als bei Jungen. 60 Prozent der Mädchen im
       [3][Teenager-Alter] sagen, dass sie wenig Vertrauen in öffentliche
       Institutionen haben, bei den Jungen sind es 42,8 Prozent.
       
       30 Aug 2022
       
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