# taz.de -- Rechte Anschlagserie in Berlin-Neukölln: Prozess gegen Verdächtige startet
       
       > Nach zahlreichen Pannen bei den Ermittlungen beginnt am Montag ein
       > Prozess gegen fünf Angeklagte. Ihnen werden Anschläge auf Linke
       > vorgeworfen.
       
 (IMG) Bild: Solidaritätsdemo für Buchhändler Heinz Ostermann 2018, eines der Opfer der Terrorserie
       
       Berlin dpa | Nach jahrelangen und zähen Ermittlungen [1][zur Serie von
       rechtsextremen Brandanschlägen und Bedrohungen in Berlin-Neukölln] kommen
       die mutmaßlichen Täter vor Gericht. An diesem Montag beginnt der Prozess
       gegen insgesamt fünf Angeklagte vor dem Amtsgericht Tiergarten.
       
       Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Männer im Alter von 35 und 39 Jahren aus
       der rechtsextremen Szene, letzterer war zeitweise AfD-Mitglied. Die
       Berliner Generalstaatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderen vor,
       spätestens im Januar 2017 beschlossen zu haben, Brandanschläge auf die
       Autos zweier Männer zu verüben, die sich politisch gegen Rechtsextremismus
       engagieren.
       
       Nach langen und zunächst erfolglosen Ermittlungen hatte die
       Generalstaatsanwaltschaft schließlich Anklage erhoben. Die Ermittler gehen
       davon aus, dass die Hauptangeklagten in der Nacht des 1. Februar 2018 –
       möglicherweise unter Beteiligung weiterer, unbekannter Menschen – im Bezirk
       Neukölln die Autos von zwei Männern angezündet und dadurch beschädigt zu
       haben. Zudem soll das Duo gemeinsam mit drei weiteren Angeklagten im Alter
       von 38, 48 und 50 Jahren bei verschiedenen Gelegenheiten vor allem im Jahr
       2017 Plakate und Aufkleber mit rechtsextremen Parolen in Berlin geklebt
       haben.
       
       Die Vorwürfe lauten Bedrohung, Brandstiftung beziehungsweise Beihilfe dazu,
       Sachbeschädigung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger
       Organisationen. Dem 39 Jahre alten Hauptangeklagten wirft die
       Staatsanwaltschaft zudem Betrug beim Bezug von Arbeitslosengeld und der
       Beantragung von Corona-Soforthilfen vor. Bislang hat das Amtsgericht für
       den Prozess insgesamt zehn Verhandlungstage bis zum 28. November geplant.
       
       ## Kocak als Nebenkläger doch zugelassen
       
       Dass das Amtsgericht den Linke-Politiker Ferat Kocak – selbst Opfer eines
       Brandanschlags der Serie – [2][zunächst nicht als Nebenkläger im Prozess
       zuließ], hatte für Kritik gesorgt. Am Freitag revidierte das Landgericht
       Berlin diese Entscheidung. Kocak zeigte sich erleichtert. „Ich bin
       einerseits glücklich. Andererseits bin ich traurig, dass Opfer rechten
       Terrors um ihre Rechte kämpfen müssen“, sagte er der Deutschen
       Presse-Agentur.
       
       Kocak, seit 2021 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, engagiert sich
       seit langem gegen Rechtsextremismus. Am 1. Februar 2018 war nachts sein
       Auto in einem Carport direkt neben seinem Haus in Flammen aufgegangen. Im
       Haus schliefen zu dem Zeitpunkt mehrere Menschen.
       
       Nach Angaben der Gerichtssprecherin hatte Kocaks Anwältin vor dem
       Landgericht argumentiert, dass auch ein Tötungsdelikt im Raum stehe. Für
       die Zulassung einer Nebenklage sei diese „entfernte Möglichkeit“
       entscheidend, erklärte die Sprecherin. Das bedeute aber nicht, dass bislang
       ein hinreichender Tatverdacht dafür gesehen werde, betonte sie. Die
       Anforderungen für die Zulassung einer Nebenklage seien deutlich geringer
       als beispielsweise für die Erhebung eine Anklage.
       
       ## Auch der Untersuchungsausschuss tagt wieder
       
       Mit den Brandanschlägen, Sachbeschädigungen und Bedrohungen in Neukölln
       beschäftigt sich auch [3][ein Untersuchungsausschuss des Berliner
       Abgeordnetenhauses]. Dieser will sich am 2. September zum dritten Mal
       treffen und erste Zeugen hören. Geladen sind ein Richter und ein
       Buchhändler, die bedroht wurden.
       
       Zwei vom Senat eingesetzte Sonderermittler hatten 2021 Fehler von Polizei,
       Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz festgestellt. Es habe Umstände
       gegeben, die „kritikwürdig und verbesserungswürdig“ seien, hieß es in ihrem
       Bericht. Die Justiz habe den Seriencharakter der Taten zu spät erkannt, die
       Staatsanwaltschaft habe Ermittlungsverfahren zu früh eingestellt. Hinweise
       auf rechtsextreme Netzwerke in der Polizei fanden die Sonderermittler
       nicht.
       
       26 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Rechte-Anschlagserie-in-Berlin-Neukoelln/!5858231
 (DIR) [2] /Rechte-Anschlagsserie-in-Berlin-Neukoelln/!5872582
 (DIR) [3] /Rechte-Anschlagsserie-in-Berlin-Neukoelln/!5861533
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Rechter Terror in Berlin-Neukölln
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Ferat Koçak 
 (DIR) Rechter Terror in Berlin-Neukölln
 (DIR) Rechter Terror in Berlin-Neukölln
 (DIR) Rechter Terror in Berlin-Neukölln
 (DIR) Rechter Terror in Berlin-Neukölln
 (DIR) Rechter Terror in Berlin-Neukölln
 (DIR) Rechter Terror in Berlin-Neukölln
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Rechtsextreme Terrorserie in Neukölln: Freispruch für Neonazi
       
       Tilo P. wird vom Vorwurf mehrerer Auto-Brandstiftungen freigesprochen –
       trotz vieler Indizien. Gegen Sebastian T. wird der Prozess fortgesetzt.
       
 (DIR) Neukölln-Prozess zu Nazi-Terrorserie: Neue Vorwürfe gegen die Polizei
       
       Eine Zeugin gibt an, von einem Polizisten auf ihre bevorstehende Aussage
       angesprochen worden zu sein. Ihre Vorwürfe gegen Tilo. P. wiederholt sie
       nicht.
       
 (DIR) Prozess zur Neuköllner Terrorserie: Jetzt ist Feuer im Prozess
       
       Die Betroffenen Ferat Kocak und Heinz Ostermann wurden als Zeugen
       vernommen. Gegen die angeklagten Neonazis häufen sich die Indizien.
       
 (DIR) Rechte Anschlagsserie in Berlin-Neukölln: Kein rechter Terror ohne Trauma
       
       Dass die Opfer im Neukölln-Komplex keine Nebenkläger sein dürfen, ist ein
       Armutszeugnis – für den Umgang mit Betroffenen und den Kampf gegen Rechts.
       
 (DIR) Neukölln-Komplex: Aufklärung kennt keine Sommerpause
       
       Der Untersuchungsausschuss zur rechtsextremen Terrorserie in Neukölln hat
       seine Arbeit aufgenommen. Nun heißt es erstmal Akten wälzen.
       
 (DIR) Rechter Terror in Berlin-Neukölln: „Es geht um das rechte Umfeld“
       
       Abgeordnete sollten im Untersuchungsausschuss berlinweit rechte Netzwerke
       in den Blick nehmen, fordert Bianca Klose von der mobilen Beratung gegen
       Rechtsextremismus.