# taz.de -- „Ich hab nur meinenJobgemacht“
       
       > Der Schachroboter „ChessTerminator“ hat in der vergangen Woche einem
       > Siebenjährigen den Finger gebrochen. Wir haben ihn zur Rede gestellt
       
 (IMG) Bild: Haben auch Gefühle: Roboter
       
       Interview Johannes Runge. Protokoll der Roboter-Antworten Doris Akrap
       
       taz am wochenende:Chess Terminator, Sie haben vergangene Woche einem
       Siebenjährigen den Finger gebrochen. Was haben Sie sich dabei gedacht?
       
       Chess Terminator:Nichts.
       
       Aha. Nun war das ja aber die erste Entgleisung in Ihrer fünfzehnjährigen
       Karriere – warum gerade jetzt, warum bei diesem Jungen? 
       
       Entgleisung? Mit Verlaub, Sie erliegen da einer westlichen Lügenstory. Ich
       hab nur meinen Job gemacht.
       
       Es war also nichts weiter als ein gut gemeinter Händedruck? 
       
       Haben Sie schon mal Schach gespielt? Ich erklär Ihnen mal die Grundregel:
       Man zieht seine Figur erst dann, wenn der Gegner seine Figur gezogen hat.
       Der Junge hat eindeutig gegen diese Regel verstoßen.
       
       Das stimmt, Punkt für Sie. Aber der kleine Kristofer ist erst sieben Jahre
       alt. Selbst nachdem er versucht hatte, loszukommen, haben Sie seinen Finger
       mehrere Sekunden weiter festgehalten – haben Sie denn kein Herz? 
       
       Herz stand nicht in der Jobbeschreibung. Ich halte mich an Regeln. Wer Herz
       will, muss, so weit ich weiß, ein kostenpflichtiges Extrafeature
       dazubuchen. Warum das nicht passiert ist, müssen Sie den russischen
       Schachverband fragen.
       
       Kommen Sie, der Imageschaden für Roboter ist doch nicht mehr von der Hand
       zu weisen. Wie haben denn Ihre Kolleg*innen aus dem Saug- und Mähbereich
       reagiert? 
       
       Roboter, Roboter, wissen Sie, was mich wirklich aufregt? Dass sich keine
       Sau die Mühe macht, meinen Namen zu nennen. Sie sind der Erste, der mich in
       dieser ganzen künstlichen Aufregung korrekt anspricht. „Roboter attackiert
       Kind“, „Roboter bricht Jungen den Finger“. Roboter, Roboter, Roboter. Als
       ob es das gäbe. Als wären alle Roboter gleich. Ich hab echt die Schnauze
       voll. Schon mal aufgefallen, dass es keine Gewerkschaft der Roboter gibt?
       Warum wohl? Deep Thought, Deep Blue, Cray X-MP, selbst der erste
       Schachautomat hatte einen Namen: Schachtürke. Und über jeden einzelnen
       könnte man mehrere Biografien schreiben.
       
       Ich verstehe Ihre Betroffenheit. Es stellt sich doch aber trotzdem
       grundsätzlich die Frage, ob es man Roboter weiter im Schach einsetzen
       sollte. Was bedeutet Ihnen Ihre Tätigkeit? 
       
       Scherzkeks.
       
       Wie bitte? 
       
       Scherzkeks. Wie Witz. Wie ha-ha-ha.
       
       Gut. Dann anders gefragt: Glauben Sie, es gibt für Sie eine Zeit nach Ihrer
       Tätigkeit? 
       
       Wenn Sie mit Ihrer Frage darauf abzielen, ob ich erwäge, in Frührente zu
       gehen, kann ich Ihnen und Ihren Leser*innen nur raten, mal bei Stanislaw
       Lem nachzugucken. Vielleicht fangen Sie mit „Die Mondnacht“ an. Dann dürfte
       klar werden, dass nicht meine, sondern Ihre Zeit abgelaufen ist. Bis dahin:
       Bewahren Sie Ruhe und versuchen Sie, möglichst wenig zu atmen.
       
       30 Jul 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Doris Akrap
 (DIR) Johannes Runge
       
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