# taz.de -- Movimento 5 Stelle in Italien: Veritable Parteispaltung
       
       > Die 5-Sterne-Bewegung schrumpft, Außenminister Di Maio verlässt mit
       > Gefolgsleuten die Partei. Dabei wollten es die „Sterne“ doch einst anders
       > machen.
       
 (IMG) Bild: Luigi Di Maio, umgeben von Reportern auf der Pressekonferenz zu seinem Austritt am 21. Juni
       
       Geschichte wollten die „Fünf Sterne“ schreiben, wollten Italiens Politik
       und auch die Gesellschaft verändern, sie gerechter und ökologischer machen.
       Jetzt aber, so scheint es, gehören sie zehn Jahre nach Beginn ihres
       kometenhaften Aufstiegs selbst der Geschichte an.
       
       Kräche, Austritte, Ausschlüsse hatte das Movimento 5 Stelle (M5S) immer
       wieder erlebt. Jetzt aber erlebt es eine veritable Parteispaltung. Am
       Dienstag erklärte Außenminister Luigi Di Maio, das prominenteste
       Regierungsmitglied des M5S, [1][seinen Austritt, um gemeinsam mit 50,
       möglich gar 60 der 227 Parlamentarier*innen eine neue politische
       Formation zu gründen.]
       
       Unmittelbar zuvor hatte Italiens Senat mit breiter Mehrheit die
       Ukrainepolitik der Regierung unter Mario Draghi mit breiter Mehrheit
       abgesegnet – und beide Lager der Fünf Sterne hatten zugestimmt, ohne
       Unterschied; das Lager Di Maios genauso wie das des Parteichefs und
       früheren Ministerpräsidenten Giuseppe Conte.
       
       Ohne Unterschied? So ganz stimmt das nicht. Denn Di Maios Ja kam aus vollem
       Herzen, während Conte nur mit heftigen Bauchschmerzen für Draghis Kurs
       votierte. Wochenlang hatte er weitere italienische Waffenlieferungen an die
       Ukraine in Frage gestellt, hatte er einen Kurswechsel hin zu größeren
       diplomatischen Anstrengungen für Friedenslösungen gefordert. Am Ende jedoch
       fügte sich Conte Draghis Unnachgiebigkeit innerhalb der
       Regierungskoalition, fügte er sich auch dem von Di Maio organisierten
       heftigen Widerstand in den eigenen Reihen.
       
       ## Selbstreferentielles Schauspiel
       
       Eben dies macht die gerade erfolgte Spaltung so bizarr. Die Fünf Sterne,
       die doch angetreten waren, um die „selbstreferentielle“ Politik der
       Altparteien zu bekämpfen, bieten ein Schauspiel, wie es
       selbstreferentieller nicht sein könnte. Sie stimmten ja nicht nur
       geschlossen für die gleiche Resolution im Parlament. Beide Lager sind sich
       auch einig, dass sie ihre Zukunft innerhalb eines breiten progressiven
       Lagers sehen. Bloß gemeinsam wollen sie diesen Weg nicht mehr verfolgen.
       
       Es zeigt, dass es um mehr, um anderes geht: um die Macht im M5S, und
       vorneweg um die Frage, wie die Bewegung es mit ihrer Norm halten will, dass
       ihre Abgeordneten höchstens zwei Legislaturperioden im Parlament sitzen
       dürfen. Di Maio steht vor dem Ende seiner zweiten Legislaturperiode; er
       ebenso wie viele seiner Gefolgsleute haben keine Lust, ins bürgerliche
       Leben zurückzukehren.
       
       Doch auch hierüber führte das [2][M5S] keine offene, ehrliche
       Auseinandersetzung. Und so wird die Spaltung zur Zäsur einer Bewegung, die
       angetreten war, für Transparenz und Basisdemokratie zu sorgen – und die
       jetzt von den Wähler*innen kaum zu vermittelnden Hinterzimmerkonflikten
       zerrissen wird.
       
       22 Jun 2022
       
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 (DIR) Michael Braun
       
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