# taz.de -- Der bunte Hund, wenn er singt
       
       > „Rufen und Raushaun“ heißt das neue Album von Jan Kage alias Yaneq. Im
       > Monarch am Kottbusser Tor stellte er es vor
       
       Von Kristof Schreuf
       
       Am Donnerstagabend nähert sich der Bühne des Monarch in Kreuzberg ein
       schlanker Mann in Anzugjacke. Auf dem Kopf trägt er einen kleinen schwarzen
       Hut und um den Hals ein Tuch in Batikfarben, das sich wie ein Künstlerschal
       bis unter seine Hüften herunterschlängelt. So schiebt sich,
       hochaufgeschossen wie ein Basketballer, der Galerist, Konzertveranstalter,
       Publizist und Rapper Jan Kage alias Yaneq durch Freundinnen und Freunde.
       
       Auf dem Weg zu seinem Auftritt nimmt er sich kurz Zeit für ein paar
       persönliche Auskünfte. Aufgewachsen sei er in Bonn, erzählt Yaneq, in einer
       Stadt, in der „grundsätzlich alle Eltern – ob nun von Mitschülern, Freunden
       oder Fußballkumpels – Beamte waren“. Der etwas drögen Atmosphäre entkam der
       jugendliche Jan mit Musikhören und -machen.
       
       Um nach der Schule Sozial- und Kulturwisenschaften zu studieren, zieht er
       nach Berlin, also „von einer Hauptstadt in die andere“. Seine Masterarbeit
       untersucht „American Rap. Explicit Lyrics – US-HipHop und Identität“,
       danach entwickelt er sich zum bunten Hund in vielen Gassen. Er schreibt,
       [1][unter anderem für diese Zeitung], lädt zu Ausstellungen im Schau
       Fenster am Moritzplatz ein und veröffentlicht vier HipHop-Alben. Das
       neueste Album „Rufen und Raushauen“ verdankt seine Entstehung der
       Coronapandemie. „Plötzlich hatte ich Zeit, bei der ich aufpassen musste,
       dass sie sich nicht in Leerlauf verwandelte.“ So enstanden Stücke, die zu
       einem Teil seine „kämpferische Selbstmotivation“ stärken sollten und zum
       anderen Teil benennen, was wirklich zählt, etwa „ein Leben in Würde, ein
       Leben mit Stil/ ansonsten brauch ich eh nicht so viel“. Mit dem
       dazugehörigen Stück „Kein Fleck is“ eröffnet Yaneq sowohl seine neue Platte
       als auch das Konzert.
       
       Ein Keyboarder und ein Schlagzeuger setzen Yaneqs Worte in einen
       entspannten Kontext. Der erweitert sich musikalisch von Stück zu Stück. Bei
       „Y zum Q“ klingt es, als würde RZA von der New Yorker HipHop-Gruppe Wu-Tang
       Clan die „Polonäse Blankenese“ von Gottlieb Wendehals modernisieren.
       „Südlich von Eden“, welches Yaneq zusammen mit seiner Frau, der Künstlerin
       Anina Brisolla, vorträgt, hört sich nach DAF an und als ließe sich zu den
       monumental bollernden Rhythmen ganz prima joggen.
       
       Dann klettert ein Mann auf die Bühne, unrasiert und mit einem Blick, als
       müsste er viel Schlaf nachholen. Sein Oberkörper steckt in einem ärmellosen
       T-Shirt, auf dem „Langsam Dreckig Ungenau“ steht. Es handelt sich um den
       Labelbetreiber und Musiker Marco Haas, der sonst unter dem Namen
       „T.Raumschmiere“ Elektropunk auf die Bühne bringt. Im Monarch fordert er
       zusammen mit Yaneq, sich „Auf in die Zukunft“ zu bewegen. Aus dem Stück
       steigt ein Idealismus auf, wie er geherrscht haben könnte, als die DDR
       gegründet wurde.
       
       Als Nächste betritt Chérie die Bühne. Die Sängerin mischt sonst musikalisch
       als Teil der Band „Warren Suicide“ die endzeitliche Bedrohlichkeit von Alec
       Empire mit der Unbeschwertheit von Nena. Mit Yaneq weist sie in „Halb voll“
       darauf hin, dass es darum geht, „alles aus(zu)sprechen, doch nicht
       aus(zu)buchstabieren“, und das „auch auf die Gefahr hin, haushoch zu
       verlieren“.
       
       Um die mittlerweile schon leicht überschäumende Stimmung im Monarch
       auszubalancieren, erweist sich Yaneq als gewandter Entertainer: „Ihr seid
       nicht nur gut drauf, ihr habt auch noch einen super Geschmack und ihr könnt
       rocken,“ sagt er zum Publikum. Kurz darauf endet er mit einem Lied, das
       klingt, als hätten sich Led Zeppelin für eine Krautrocksession
       wiedervereinigt.
       
       Dieser Gil Scott-Heron von Kreuzberg muss keine Pforten der Wahrnehmung
       reinigen, um herauszufinden, dass etwa ein Wortflow unendlich sein kann.
       Denn Yaneq tritt diese Pforten einfach ein.
       
       Yaneq – „Rufen und Raushaun“ (Grzegorzki Records)
       
       13 Jun 2022
       
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