# taz.de -- Klimageld, Ukraine und mehr Niveau: Den Frieden gewinnen
       
       > Die Mieten bei Vonovia steigen unerklärlicherweise durch die Inflation.
       > Zudem „gewinnt“ Johnny Depp seinen Rechtsstreit – nur: zu welchem Preis?
       
 (IMG) Bild: Amber Heard verlor in dieser Woche im Rechtsstreit gegen ihren Ex-Mann Johnny Depp
       
       Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Kanzler Scholz sagt nicht, die Ukraine solle den Krieg gewinnen.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Kanzler Scholz sagt, die Ukraine soll den Frieden gewinnen.
       
       [1][Die Immobilienfirma Vonovia erhöht die Mieten] – wegen der Inflation.
       Welche Tipps zur Profitmaximierung würden Sie dem Konzern noch geben? 
       
       Die Vonovia enthält unter anderem die früher staatlichen Eisenbahnwohungen,
       Sarrazin verrubelte die Berliner kommunalen Wohnungen dorthin, die ehedem
       gewerkschaftliche Gagfah landete dort wie einige Landesbaugesellschaften
       und Genossenschaften. Nun schimpft SPD-Generalsekretär Kühnert, der Konzern
       sauge aus 1 Euro Miete 37 Cent Dividende. Das funktioniert auch, weil „der
       Markt“ einen brutalen Wohnungsmangel produziert hat. Hier – wie in der
       Pflege und neuerdings bei Tankstellen – fragt sich, was der Staat als
       Unternehmer eigentlich noch schlechter machen sollte. Die Inflation spielt
       sich – Energie und Heizung – in den Nebenkosten ab. Das berührt die
       Eigentümer nicht und muss nicht zu Mieterhöhungen führen. Ihr Ziel sollte
       sein, ähnlich wie AKW-Betreiber künftig Geld fürs Nichtstun zu bekommen.
       Einige Haie, die rottige Wohngeldbuden verwalten, sind da nah dran.
       
       Werden Sie eigentlich auch Klimageld bekommen? 
       
       Die Straßen sind mit Trost gepflastert: Autofahrer, Öffis und nun Leute,
       die unfallfrei auf dem Bürgersteig atmen können, werden subventioniert.
       Lenkungswirkung: null. Das „Klimageld“ der Ampel sollte CO2-Sünder
       abkassieren und CO2-Sparer belohnen. Statt dieser schönen Theorie gießt der
       Heilpraktiker nun ein Almosen über alle, die weniger als 4.000 Euro im
       Monat verdienen. Also die, die davon garantiert keine Wärmepumpe,
       Solarthermie oder Fassadendämmung kaufen werden. Derzeit senkt der Staat
       den Spritpreis, den er durch die CO2-Abgabe gleich wieder erhöhen müsste.
       Ich möchte kein Klimageld, es würde mich zu sehr verwirren.
       
       Jetzt haben wir es, das Urteil im [2][Fall Depp gegen Heard]. Welcher
       Rechtsstreit in der Promiwelt wird uns als nächstes beschäftigen? 
       
       Heard kann das Schmerzensgeld nicht aufbringen und wird deswegen eh in
       Berufung gehen: also erst mal Zugabe. Das Publikum auch in Deutschland
       teilte sich in zwei Fraktionen: Die Frau möge obsiegen gegen die ewige
       Männerdominanz – und der Mann möge Recht bekommen gegen die notorische
       Vorverurteilung des Mannes. Das Niveau dieser Debatte tunnelte spielerisch,
       sagen wir mal, wie eine Fehde zwischen einem betrunkenen Schalker und einem
       BVB-Hool beim Klären einer Elfmeterszene. Nur, dass die Fußballideologen
       für sich keine intellektuelle und moralische Überlegenheit beanspruchen.
       Der Schiedsrichterspruch ist dann nur noch Beweis der Ausgangsmeinung.
       Wichtiger ist jedoch der willkommene Anlass, den jeweiligen Gegner
       herabzuwürdigen. In Deutschland schwelt seit fast zwei Jahren die Causa
       Mockridge; auch hier leisten Teile der Realität Widerstand gegen das
       allseits gewünschte Schwarz-Weiß.
       
       Vergangene Woche zählte der Angriffskrieg auf die Ukraine den 100. Tag.
       Haben wir uns zu sehr an ihn gewöhnt? 
       
       Jedenfalls genug, um keine Friedensdebatte zu führen.
       
       Jetzt wurde das Sondervermögen für die Bundeswehr tatsächlich beschlossen.
       Ende gut, alles gut? 
       
       Wer 50 Milliarden jährlich so anlegen kann, dass die Bundeswehr im
       Ernstfall „blank“ dasteht, schafft das auch mit 100. Der Bundeshaushalt
       notiert inzwischen 26 Sondervermögen, vom „Klärschlamm-Entschädigungsfonds“
       über betagte Schulden aus der Finanzkrise bis zum
       „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“ wegen Corona. Bemerkenswert leise ist es
       um die Frage, wer das wann zurückzahlen soll. Derzeit also nichts gut, aber
       Ende schlecht.
       
       [3][Die Queen hatte nun ihr 70. Thronjubiläum.] Die Feier war riesig.
       Sollte auch Deutschland eine Party-Monarchie bekommen? 
       
       Meine Großcousine Margret wird diese Woche 102 und ich sehe sie da in der
       Poleposition.
       
       Die Türkei will [4][nicht mehr „Turkey“, sondern „Türkiye“] genannt werden,
       weil das erstere auch ein Tiername ist. Wollten Sie sich auch mal
       umbenennen? 
       
       Man möchte kaum Truthahn und sicher nicht „kalter Entzug“ heißen. Auch ist
       die Stimmung unter den Europäern gerade nicht nach „Gib mir wilde
       Tiernamen, Schatz“. Trotzdem ist „Türkiye“ heikel, weil den meisten
       europäischen Tastas die Umlaute fehlen. Solidarität: Dütschland heißen.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       140 Tore Differenz, 54 Punkte, kein Spiel verloren, Aufstieg: die neu
       gegründeten BVB Frauen.
       
       Fragen: Volkan Ağar und Johannes Drosdowski
       
       6 Jun 2022
       
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