# taz.de -- Zustände in der JVA Fuhlsbüttel: Nur trocken Brot in Santa Fu
       
       > Im Hamburger Männerknast ist Corona ausgebrochen – nun kämpfen die
       > Insassen gegen die Haftbedingungen. Die Justizbehörde weist alle Vorwürfe
       > zurück.
       
 (IMG) Bild: Durch diese Pforte kam auch das Corona-Virus ins Gefängnis
       
       Hamburg taz | Die Insassen der Hamburger Justizvollzugsanstalt (JVA) in
       Fuhlsbüttel protestieren gegen die Zustände in ihrem Knast – wieder einmal.
       Diesmal geht es um die Maßnahmen, die im Zuge der Pandemiebekämpfung
       verhängt wurden. Denn in dem meist nur „Santa Fu“ genannten Gefängnis ist
       Corona ausgebrochen. Am vergangenen Freitag meldete die Hamburger
       Justizbehörde insgesamt 46 Gefangene, die positiv auf das Virus getestet
       wurden, am Montag waren es schon 60. Das Gefängnis hat 386 Haftplätze.
       
       „Die Infrastruktur bricht zusammen, nichts klappt mehr“, sagt Marion Kunze
       (Namen von der Redaktion geändert), deren Sohn gerade wegen Drogendelikten
       einsitzt. „Hamburg ist unmenschlich“, so ihr Urteil. Für die Gefangenen
       bedeute die coronabedingte Quarantäne nicht nur, dass sie zehn Tage lang
       „weggeschlossen“ würden, und die Betriebe der JVA nicht arbeiteten: „Es
       gibt keinen Ausgang und keine Versorgung. Die Insassen bekamen zwei Tage
       lang nur ein Mittagessen und das war auch nur lauwarm. Frühstück und
       Abendbrot fielen aus. Am Freitag kam das Essen dann eineinhalb Stunden
       später, dazu gab es vier Scheiben Brot und Käse, keine Margarine.“
       
       Und es fehlte offenbar nicht nur am Essen: „Es gab keine Medikamente, kein
       heißes Wasser für Tee, kein Toilettenpapier“, sagt Kunze. „Und kein Wärter
       will zu den Insassen, auf Klingeln wird nicht reagiert.“ Die Folge: „Die
       Insassen springen gegen die Zellentür, sie haben Hunger, wollen raus.“ Es
       habe „Tumulte“ gegeben, so Kunze.
       
       Die Hamburger Justizbehörde unter der grünen Senatorin Anna Gallina weist
       jedoch all diese Anschuldigungen kategorisch zurück: „Wir sind diesen
       Vorwürfen nachgegangen“, so Behördensprecher André Otto: „Keiner dieser
       Vorwürfe trifft zu.“ Wie es zu dem Corona-Ausbruch kommen konnte, kann er
       nicht beantworten: „Das lässt sich – wie oft bei einem solchen
       Ausbruchsgeschehen – nicht genau sagen.“
       
       Andere Quellen bekräftigen jedoch Kunzes Darstellungen: Otto F. etwa
       bestätigt ihre Vorwürfe im Gespräch mit der taz. Der Mittfünfziger saß
       selbst 36 Jahre lang im Hamburger Knast ein, das erste Mal mit 15, damals
       noch im Jugendarrest. Inzwischen ist er wieder frei, arbeitet auf einer
       Baustelle, hat aber nach eigenen Worten immer noch „gute Kontakte“ nach
       drinnen: F. war zuletzt auch Mitglied der Gefangenenvertretung von Santa
       Fu, im vergangenen Jahr sagte ein Wärter vor Gericht aus, F. sei ein
       Gefangener, der sich gut benehme und keine Probleme mache.
       
       Die momentanen Zustände in Santa Fu beschreibt Otto F. als „chaotisch“. Und
       er ergänzt: Gefangene hätten keine Fenster öffnen und nicht duschen gehen
       können. Zudem gebe es zu wenig Bedienstete im Hamburger Knast – einige von
       ihnen haben selbst Corona.
       
       „Ganz so drastisch wurde uns das nicht bestätigt.“, sagt indes Tim Burkert,
       Vorsitzender der [1][Hamburger Arbeitsgemeinschaft für
       Strafverteidiger:innen] der taz: „Es gibt allerdings einzelne
       Hinweise auf Probleme in der Quarantäne, die für die Gefangenen sehr
       belastend sein dürften“, so Burkert: Keine Möglichkeit zu duschen,
       ausgefallenes Essen, fehlende Frischluft und mangelnde Information wurde
       dem Anwalt von seinen inhaftierten Mandanten berichtet. Und dass es
       teilweise nur trockene Scheiben Brot zu essen gab.
       
       Einer Anwältin, die ebenfalls zwei Mandanten vertritt, die in Santa Fu
       einsitzen, wurde berichtet, dass es „nicht ausreichend“ zu essen gab, die
       Fenster tagelang verschlossen blieben und auch die Freistunde ganz ausfiel.
       Wann diese wieder möglich sein werden, wurde ihnen nicht gesagt, so die
       Anwältin.
       
       Bis Mittwoch rücken die Gefangenen nicht zur Arbeit aus, sagt der
       Behördensprecher, die Freistunden würden aber sehr wohl gewährt –
       „flügelweise“. Freizeitmaßnahmen, die drinnen stattfinden, seien „bis auf
       weiteres ausgesetzt“. Aber an Frischluft fehle es nicht: „Während der
       Quarantäne können in den Hafträumen beide, anstatt nur ein Fensterflügel
       geöffnet werden“, so Otto.
       
       Unabhängige Quellen, die über die Zustände im Knast berichten können, gibt
       es kaum: Der katholische Anstaltspastor verweist auf Nachfrage auf die
       Gefängnisleitung und die Justizbehörde, auch die Hamburger
       Straffälligenhilfe „kann überhaupt nichts dazu sagen, wie die realen
       Umstände aktuell vor Ort sind“.
       
       Allerdings, und das bestätigen auch von der taz befragte Anwälte:innen,
       wurden die Zustände in der Hamburger Haftanstalt in der Vergangenheit schon
       öfter kritisiert. Erst [2][im Juli vergangenen Jahres] schrieben Gefangene
       [3][Briefe an Behörden] und die Hamburgische Bürgerschaft. Darin beklagen
       die Häftlinge „katastrophale Zustände“.
       
       Der Hauptvorwurf: Es gebe zu wenig psychologische Betreuung, kaum Maßnahmen
       zur Resozialisierung und es fände fast keine Entlassungsvorbereitung mehr
       statt. Der [4][NDR] veröffentlichte im Herbst einen Beitrag, in dem ein
       anonymer JVA-Beamter über rassistische Misshandlungen und Verhaltensweisen
       anderer JVA-Bediensteter berichtet. Die Justizbehörde bestreitet die
       Vorwürfe.
       
       26 Apr 2022
       
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 (DIR) [4] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Santa-Fu-Beschwerden-wegen-schlechter-Haftbedingungen,santafu146.html
       
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 (DIR) Jan Zier
       
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