# taz.de -- Gespräche zum Ukrainekrieg in Antalya: Türkischer Vermittler
       
       > Im Ukrainekrieg will die Türkei zwischen Kiew und Moskau vermitteln.
       > Dabei hat Präsident Erdogan vor allem seine eigenen Interesse im Blick.
       
 (IMG) Bild: Protest unter Palmen: Demonstration gegen Putins Invasion in der Ukraine am 24. Februar in Antalya
       
       Istanbul taz | Am Dienstag titelte die regierungsnahe, türkische Zeitung
       Yeni Safak: „Der Friedenstisch wird in Antalya aufgebaut“. Man ist stolz
       darauf, dass das erste Treffen auf hoher Regierungsebene zwischen der
       Ukraine und Russland in der Türkei stattfindet. Der türkische Außenminister
       Mevlüt Cavusoglu sieht sich sogar als Moderator bei dem Gespräch. „Es wird
       ein trilaterales Treffen“, verkündete er, nachdem sowohl der russische
       Außenminister Sergej Lawrow, als auch sein ukrainischer Kollege Dmytro
       Kuleba zugesagt hatten, zu einem Gespräch an die türkische Mittelmeerküste
       nach Antalya zu kommen. Das Treffen findet am Donnerstag im Rahmen einer
       Konferenz statt.
       
       Tatsächlich ist dieses Treffen, wie immer es auch ausgehen mag, jetzt schon
       ein Erfolg für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Seit Wochen
       und Monaten hat er sich bereits als Vermittler zwischen Russland und der
       Ukraine angeboten, zuletzt allerdings von Putin einen Korb für ein Treffen
       mit dem ukrainischen Präsidenten Selenski in der Türkei bekommen.
       
       Am Mittwoch traf auch der israelische Präsident Izchak Herzog in Ankara
       ein, dessen Land sich ebenfalls um eine Vermittlung zwischen Russland und
       der Ukraine bemüht. Für das Treffen mit dem russischen Außenminister hat
       Dmytro Kuleba angekündigt, er wolle dort auf ein direktes Zusammenkommen
       der beiden Präsidenten von Russland und der Ukraine drängen. Letztlich
       würde ja der russische Präsident Putin allein wichtige Entscheidungen
       treffen. Cavusoglu und Erdogan erwarten dagegen, dass man sich zu
       mindestens auf eine Ausweitung von Fluchtkorridoren und humanitäre Hilfe
       verständigt.
       
       So wäre das Ziel aus türkischer Sicht erst einmal ein Waffenstillstand. Die
       von Erdogan angestrebte Vermittlerrolle entspricht auch dem ureigensten
       Interesse der Türkei. Zwar hat sich die türkische Regierung seit dem
       russischen Einmarsch verbal eindeutig auf die Seite der Ukraine geschlagen.
       Und schon seit Monaten liefert die Türkei die gefürchteten Kampfdrohen
       Bayraktar B-2, mit denen die Ukraine derzeit erfolgreich russische Panzer
       und anderes militärisches Gerät aus der Luft angreift.
       
       Erdogan ist von Putin abhängig 
       
       Aber trotzdem will Erdogan Putin nicht völlig verprellen. Zu stark ist die
       Abhängigkeit von Moskau, nicht nur, was die Lieferung von Öl und Gas
       betrifft, auch die russischen Touristen und der russische Markt für
       türkische Agrarprodukte sind für die sowieso stark angeschlagene türkische
       Ökonomie überlebenswichtig. Deshalb hält die Türkei ihren Luftraum für
       russische Flugzeuge, anders als die EU, weiterhin offen und hat sich auch
       sonst den EU-Sanktionen nicht angeschlossen.
       
       Allerdings hat die Türkei letzte Woche den russischen Einmarsch nicht als
       „Sonderoperation“, sondern als Krieg definiert und entsprechend dem
       [1][Abkommen über die Meerengen] an den Dardanellen und dem Bosporus die
       Passage vom Mittelmeer ins Schwarzen Meer für alle Kriegsschiffe
       geschlossen. Lediglich Kriegsschiffe der Schwarzmeer-Anrainerstaaten dürfen
       auf dem Rückweg in ihren Heimathafen die Meerengen noch passieren, wenn sie
       sich vorher anmelden und von der Türkei eine Genehmigung bekommen. Das
       stört Putin aktuell nicht so sehr, dürfte aber längerfristig die russische
       Marinebasis im syrischen Tarsus in Schwierigkeiten bringen, sobald der
       Nachschub aus Russland ausbleibt.
       
       Der facto verhält die Türkei sich mehr oder weniger neutral, was in der
       Bevölkerung auf große Unterstützung stößt. Man will sich vom Westen nicht
       in eine tödliche Konfrontation mit Russland treiben lassen, denn zum einen
       leben und arbeiten in Russland wie in der Ukraine etliche Türken und zum
       anderen sind die vielen Kriege zwischen dem Osmanischen Reich und dem
       zaristischen Russland noch gut im öffentlichen Gedächtnis präsent.
       
       9 Mar 2022
       
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