# taz.de -- Russland-Nato-Krise: Kiew fordert Ultimatum von Scholz
       
       > Kanzler Scholz besucht Moskau. Die USA schließen ihre Botschaft in Kiew.
       > Und die Linkspartei bringt Merkel als Vermittlerin ins Gespräch.
       
 (IMG) Bild: Auf dem Weg nach Russland: Scholz geht auf dem Rollfeld des BER zum Airbus A340 der Luftwaffe
       
       Berlin afp/rtr/dpa | Bei seinem [1][Besuch in Moskau am Dienstag muss
       Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)] aus Sicht des ukrainischen Botschafters in
       Deutschland den Druck auf Russlands Staatschef Wladimir Putin deutlich
       erhöhen. „Nur ein klipp und klares Ultimatum an Herrn Putin mit einer
       Deadline, seine bis zu den Zähnen bewaffneten Horden nicht später als am
       16. Februar zurückzubeordern, kann noch den Weltfrieden retten“, sagte der
       Botschafter Andrij Melnyk der Funke Mediengruppe.
       
       „Sollte der Kreml-Chef diese allerletzte Warnung ignorieren, müssten
       bereits am nächsten Tag schritt- und stufenweise äußerst schmerzhafte
       präventive Sanktionen gegen Russland eingeführt werden“, forderte Melnyk.
       Bei einem Nicht-Abzug der russischen Truppen aus dem ukrainischen
       Grenzgebiet sollte laut Melnyk überdies das „endgültige Aus“ für die
       Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 „auch tatsächlich für immer und ewig
       politisch beschlossen und rechtlich umgesetzt werden“.
       
       [2][Scholz hatte am Montag bereits den ukrainischen Staatschef Wolodymyr
       Selenskyj in Kiew getroffen.] Sein Besuch in Moskau am Dienstag folgt auf
       diplomatische Bemühungen um eine Beilegung des Konflikts in den vergangenen
       Wochen.
       
       Scholz will Putin nach eigenen Angaben zur Deeskalation im Ukraine-Konflikt
       drängen. Zugleich kündigte er an, den russischen Präsidenten erneut darauf
       hinzuweisen dass ein Angriff auf die Ukraine „schwerwiegende politische,
       wirtschaftliche und geostrategische Konsequenzen für Russland zur Folge“
       haben würde.
       
       ## USA schließen Botschaft in Kiew
       
       Die USA hatten in den vergangenen Tagen vor einem drohenden russischen
       Einmarsch in die Ukraine noch im Laufe dieser Woche gewarnt. Am Montag
       schlossen die USA vorläufig ihre Botschaft in der ukrainischen Hauptstadt
       Kiew. Die Botschaftsaktivitäten würden „vorübergehend“ in die
       westukrainische Stadt Lemberg (Lwiw) verlegt, die rund 70 Kilometer von der
       Grenze zu Polen entfernt liegt, erklärte US-Außenminister Antony Blinken.
       Er begründete den Schritt mit der „dramatischen Beschleunigung“ des
       russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine.
       
       Angesichts der Spannungen hat das US-Außenministerium US-Bürgerinnen und
       -Bürger in Belarus aufgerufen, „unverzüglich“ das Land zu verlassen.
       „US-Bürger, die sich in Belarus aufhalten, sollten unverzüglich auf
       kommerziellem oder privatem Wege ausreisen“, hieß es. Die Situation sei
       „aufgrund einer Zunahme ungewöhnlicher und besorgniserregender russischer
       Militäraktivitäten“ unvorhersehbar.
       
       Der ukrainische Präsident Selenskyj erklärte derweil den kommenden Mittwoch
       zum Tag der nationalen Einheit. „Sie sagen uns, dass der 16. Februar der
       Tag der Invasion sein wird. Wir werden diesen Tag zum Tag der Einheit
       machen“, sagte Selenskyj am Montag und rief die Bürger dazu auf, am
       Mittwoch die Nationalfahne zu hissen.
       
       Um die ukrainische Wirtschaft zu stützen, sagten westliche Staaten der
       Regierung in Kiew Kredite in Millionenhöhe zu. Scholz kündigte am Montag
       die beschleunigte Auszahlung von 150 Millionen Euro aus einem laufenden
       Kredit sowie einen neuen Kredit in Höhe von 150 Millionen Euro für das Land
       an. Kanada sagte der Ukraine einen neuen Kredit in Höhe von 500 Millionen
       kanadischen Dollar (347 Millionen Euro) zu; zudem will die kanadische
       Regierung erstmals tödliche Waffen und Munition im Wert von 7,8 Millionen
       kanadischen Dollar an die Ukraine liefern.
       
       In Washington gab es Überlegungen für eine Kreditgarantie in Höhe einer
       Milliarde Dollar (880 Millionen Euro) an die Ukraine. Eine solche Garantie
       würde es der ukrainischen Regierung deutlich leichter machen, sich an den
       internationalen Finanzmärkten Kredite zu besorgen.
       
       ## Merkel soll vermitteln
       
       Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte erneut vor der
       Gefahr eines militärischen Konflikts: „Die Situation ist äußerst gefährlich
       und kann jederzeit eskalieren – wie schnell so etwas passieren kann, wissen
       wir in Europa nur zu gut“, erklärte Baerbock am Dienstagmorgen vor ihrem
       Abflug zu einem Besuch in Madrid. „An den Grenzen zur Ukraine steht durch
       den russischen Truppenaufmarsch im Moment das Schicksal eines ganzen Landes
       und seiner Bevölkerung auf dem Spiel.“
       
       Linksfraktionschef Dietmar Bartsch schlug indes einen diplomatischen
       Einsatz von Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor. „Ich würde mir
       wünschen, dass die Kanzlerin, die das bis vor wenigen Wochen war, die einen
       exzellenten Draht zu Wladimir Putin hat, die die Sprache spricht,
       vielleicht von Olaf Scholz und Emmanuel Macron beauftragt wird, hier eine
       Vermittlerrolle wahrzunehmen“, sagte er am Montagabend im TV-Sender
       Phoenix.
       
       Ein solches Modell könnte aus seiner Sicht erheblich zu einer Entschärfung
       der Lage beitragen, argumentierte Bartsch. „Wir müssen auch Angebote
       unterbreiten, dass man über Brücken gehen kann.“ Eine militärische
       Konfrontation „wäre in Europa verheerend“, betonte der Fraktionschef.
       
       Es sei notwendig, gemeinsam mit Russland zu Lösungen zu kommen. „Wir müssen
       eine Sicherheitsarchitektur schaffen, die dauerhaft trägt.“ In diesem
       Zusammenhang lobte Bartsch auch Scholz. Dessen Reisen nach Kiew und Moskau
       seien vernünftig, befand Bartsch. „Scholz muss bewirken, dass es nicht die
       letzte Chance ist, er muss die Türen offenhalten.“
       
       Wenig Sympathien für eine Berufung von Merkel zeigte die Vorsitzende des
       Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP).
       „Ich glaube, dass sie nicht bereitstünde, weil sie sich in ihrer Art
       angenehm von ihrem Vorgänger unterscheidet“, sagte sie Phoenix mit Blick
       auf die Lobbyarbeit von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD). „Wenn man aus
       einem solch wichtigen Amt scheidet, sollte man sich einrollen und nichts
       machen.“
       
       15 Feb 2022
       
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