# taz.de -- Zahlen zur Coronalage: Ein unklares Bild
       
       > Die Neuinfektionen gehen durch die Decke. Doch die Zahl der täglichen
       > Toten sinkt und die Intensivstationen füllen sich nur langsam. Woran
       > liegt das?
       
 (IMG) Bild: Zurzeit infizieren sich vor allem Jüngere: Intensivstation in Berlin
       
       Bei der Frage, ob die Coronamaßnahmen gelockert, beibehalten oder
       verschärft werden sollen, half in der Vergangenheit stets ein Blick auf die
       wichtigsten Kennziffern: Die Entwicklung von Neuinfektionen,
       Intensivpatient:innen und Todesfällen vermittelte stets ein gutes
       Bild davon, wo wir stehen. Doch das hat sich nun geändert, denn die Zahlen
       vermitteln ein unklares Bild.
       
       Schaut man auf die Zahl der Neuinfektionen und die daraus abgeleitete
       7-Tage-Inzidenz, die in der Berichterstattung über Corona weiterhin im
       Mittelpunkt steht, sieht die Entwicklung dramatisch aus. Sie eilt von
       Rekord zu Rekord und liegt mit knapp 1.500 gemeldeten Neuinfektionen pro
       100.000 Einwohner und Woche rund drei Mal so hoch wie beim Höhepunkt der
       Delta-Welle im Dezember und acht Mal so hoch wie beim Alpha-Höhepunkt im
       vergangenen Frühjahr.
       
       Doch die Aussagekraft dieser Zahlen ist eher gering. Zum einen dürfte der
       reale Wert noch deutlich höher liegen, weil durch die begrenzte
       Verfügbarkeit von PCR-Tests viele Fälle gar nicht in die offizielle
       Statistik eingehen. Zum anderen sagt die Zahl der Neuinfektionen immer
       weniger darüber aus, wie viele Menschen schwer an Covid-19 erkranken oder
       sterben.
       
       Auch in der Vergangenheit hatte sich dieses Verhältnis schon verschoben;
       unter anderem durch die Impfungen gab es pro Infektion weniger Tote als zu
       Beginn der Pandemie; dennoch blieb die Inzidenz ein guter Frühindikator.
       Inzwischen scheint sich die Entwicklung von Neuinfektionen und Todeszahlen
       komplett entkoppelt zu haben: Während die Zahl der täglich gemeldeten
       Infektionen seit fast sechs Wochen stark ansteigt, gibt es bei der Zahl der
       Todesfälle weiterhin keinen Anstieg, sondern sogar weiterhin einen
       Rückgang auf knapp 140 Tote pro Tag im Wochenschnitt.
       
       Noch immer zu viele Tote 
       
       Aus Sicht von Gesundheitsminister Karl Lauterbach ist das noch immer „viel
       zu viel“. Aber gleichzeitig ist der Wert damit nur noch halb so hoch wie
       zum Jahreswechsel – und weitaus niedriger als beim bisherigen Höchstwert
       von rund 900 Toten pro Tag vor gut einem Jahr.
       
       Auch auf den Intensivstationen ist die Lage weitaus entspannter als während
       der vergangenen Wellen: In den letzten Tagen ist die Zahl der dort
       behandelten Menschen mit einer Corona-Infektion zwar erstmals wieder leicht
       gestiegen; mit rund 2.400 liegt sie aber weniger als halb so hoch wie bei
       den Peaks der vergangenen Wellen. Allerdings ist hier in nächster Zeit ein
       Anstieg zu erwarten; die Zahl der neu auf Intensivstationen aufgenommenen
       Coronapatienten ist in den letzten zwei Wochen bereits deutlich gestiegen.
       
       Zudem sind derzeit vergleichsweise wenig ältere Menschen von den
       Infektionen betroffen: Bei den Über-60-Jährigen (Ü60), bei denen das Risiko
       für Intensivbehandlung oder Tod besonders hoch ist, war die Inzidenz
       zuletzt weniger als ein Drittel so hoch wie in der Gesamtbevölkerung.
       
       „Im Moment erkranken überwiegend Jüngere“, sagte auch Lauterbach am
       Dienstag. Sobald sich das ändere, könnte auch die Zahl der
       Intensivpatienten und Todesfälle noch einmal ansteigen, warnte der
       Gesundheitsminister. Und damit sei zu rechnen: „Bei den Ü 60 gibt es immer
       noch viele Ungeimpfte.“ Die Impfung gilt – neben der ohnehin etwas
       geringeren Gefährlichkeit der Omikron-Variante – als entscheidender Grund
       für die niedrigen Zahlen bei Toten und Schwerkranken.
       
       Den aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts zufolge sind gut 11 Prozent
       der Über-60-Jährigen noch gar nicht gegen Corona geimpft; knapp 25 Prozent
       haben noch keine Booster-Impfung erhalten. Wie viele der Ungeimpften durch
       eine vorausgegangene Infektion zumindest in gewissem Umfang geschützt sind,
       ist unbekannt; dazu läuft derzeit eine größere Untersuchung, deren
       Ergebnisse vor Ostern vorgestellt werden sollen.
       
       Die Zahl der Impfungen ist in Deutschland unterdessen stark rückläufig. Die
       Zahl der Erstimpfungen lag in der vergangenen Woche im Schnitt mit 20.000
       pro Tag so niedrig wie noch nie; und von diesen Impfungen entfielen 60
       Prozent auf Kinder und Jugendliche. Bei den Erwachsenen steigt die
       Impfquote damit kaum noch. Auch die Zahl der täglichen Booster-Impfungen
       ist stark gesunken – von über 900.000 Mitte Dezember auf zuletzt nur noch
       160.000.
       
       8 Feb 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
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