# taz.de -- Corona-Maßnahmen in Deutschland: Ungeimpfte müssen draußen bleiben
       
       > Bund und Länder beschließen Maßnahmen gegen das Infektionsgeschehen. Die
       > Impfpflicht ist jetzt kein Tabu mehr – nicht einmal bei der FDP.
       
 (IMG) Bild: Die Kanzlerin geht voran, Scholz zieht nach: Die neuen Maßnahmen sollen die Infektionen reduzieren
       
       Berlin taz | Shopping nur noch für Geimpfte und Genesene, auch in Kinos,
       Theater und Restaurants gilt 2G. Ungeimpfte müssen also draußen bleiben.
       Ausgenommen sind nur Geschäfte des täglichen Bedarfs. Zudem soll es für
       Ungeimpfte strenge Kontaktbeschränkungen geben. Treffen sind auf den
       eigenen Haushalt sowie höchstens zwei Personen eines weiteren Haushaltes
       beschränkt.
       
       Darauf und auf noch sehr viel mehr haben sich Bund und Länder auf ihrer
       wahrscheinlich letzten Sitzung unter der scheidenden Kanzlerin Angela
       Merkel (CDU) am Donnerstag geeinigt. Sie sprach von einem „Akt der
       nationalen Solidarität“. Dieser sei erforderlich, um die Infektionen zu
       senken und die Lage in den Krankenhäusern zu entspannen, sagte Merkel. Am
       8. Dezember soll Olaf Scholz (SPD) zum neuen Bundeskanzler gewählt und die
       neue Regierung vereidigt werden.
       
       Scholz war in die Pläne denn auch eng eingebunden. Über die meisten Punkte
       wurde bereits im Vorfeld Einigkeit zwischen SPD- und Unions-Seite erzielt.
       Dabei ließ sich Scholz auch auf den Wunsch der Union nach einer stärkeren,
       bundesweiten Einschränkung des Restaurantbetriebs ein. Bars und Clubs
       sollen spätestens ab einer Inzidenz von 350 geschlossen werden. Zudem
       sollen Länder „angemessene zusätzliche Maßnahmen“ wie zeitlich befristete
       Schließungen von Gaststätten oder Einschränkungen bei Hotelübernachtungen
       zur Verfügung bekommen. Dafür werde auch das Infektionsgesetz noch mal
       verschärft. Auch Kontakte von Geimpften und Genesenen müssen dann reduziert
       werden: auf 50 in Innenräumen und 200 im Außenbereich.
       
       Bilder von 50.000 grölenden Fans wie vergangenes Wochenende im
       Fußballstadion von Köln soll es in den nächsten Wochen nicht mehr geben.
       Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte Geisterspiele im
       Fußball im Freistaat bereits ab dem Wochenende an. Das sollte zunächst für
       das laufende Jahr gelten, sagte Söder. Und auch auf ein Böllerverbot über
       Silvester haben sich Bund und Länder geeinigt.
       
       Scholz sprach von einer „großen nationalen Anstrengung“ und betonte, dass
       die Bundesregierung „alles dafür tun“ werde, um die Pandemielage in
       Deutschland zu verbessern. Nach dem Schlingerkurs der Ampelparteien in den
       letzten Wochen hatte Scholz kurz zuvor in der Zeit betont: „Für meine
       Regierung gibt es keine roten Linien mehr bei dem, was zu tun ist. Es gibt
       nichts, was wir ausschließen.“
       
       ## Die Krankenhäuser sind überlastet
       
       Insbesondere die an der künftigen Regierung beteiligte FDP hatte zuletzt
       viele der notwendigen Maßnahmen blockiert. Doch selbst dort findet nun ein
       Umdenken statt. Der designierte Bundesfinanzminister Christian Lindner
       macht sich gar [1][für eine allgemeine Impfpflicht] stark. „Ich sage offen,
       dass meine Richtung auch die einer Impfpflicht ist“, sagte Lindner auf Bild
       Live. Er habe auf eine [2][Impfquote] von 85 Prozent gehofft und sei
       „enttäuscht, dass die Impfbereitschaft so gering ist“, sagte er, der sich
       bislang vehement gegen eine Impfpflicht ausgesprochen hatte. „Wir kommen
       deshalb immer wieder in diese Situationen wie jetzt, wo [3][Freiheiten für
       alle eingeschränkt werden müssen]“, sagte Lindner. „Es ist ein scharfes
       Schwert, aber ich glaube, es ist verhältnismäßig.“
       
       Auch Merkel, die sich noch im August gegen eine Impfpflicht ausgesprochen
       hatte, sprach sich nun für eine solche allgemeine Pflicht aus. „Ich halte
       es für geboten, eine solche Impfpflicht zu beschließen.“
       
       Angesichts der hohen Zahl der Corona-Intensivpatient:innen in den
       Krankenhäusern warnen Mediziner:innen erneut vor einer massiven
       Überlastung. Insbesondere für viele Krebspatient:innen ist die
       angespannte Lage in den Kliniken bereits jetzt ein Problem.
       
       Die Durchführung bereits geplanter Operationen werde „von Tag zu Tag
       schwieriger, weil die Intensivstation zunehmend mit Coronapatienten belegt
       ist, auch durch Zuverlegung aus anderen Städten oder anderen
       Bundesländern“, sagt etwa Hauke Lang, Präsident der DGCH und Chirurg an der
       Uniklinik Mainz. Generell gelte: „Je weiter wir eine Tumoroperation nach
       hinten schieben, umso ungünstiger wird die Prognose insgesamt. Da haben wir
       wenig Spielraum.“ Laut Deutscher Interdisziplinärer Vereinigung für
       Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) ist die Zahl der
       Corona-Intensivpatienten in den Krankenhäusern am Donnerstag auf 4.774
       gestiegen, den zweithöchsten Wert seit Beginn der Pandemie.
       
       Gute Nachrichten gibt es von der Impfstofffront. Aufgrund von vorgezogenen
       Lieferungen unter anderem von Biontech könnten nach Angaben des
       Gesundheitsministeriums bis Weihnachten 30 Millionen Impfstoffdosen
       geliefert werden. Heftige Kritik erntet nun die Ständige Impfkommission
       (Stiko). Sie hatte bis Anfang Oktober gebraucht, um eine Empfehlung für
       Auffrischungsimpfungen auszusprechen – und dann auch nur für Menschen ab 70
       Jahren. Erst am 18. November folgte die allgemeine Empfehlung für alle ab
       18 Jahren. In ARD-„Panorama“ räumte Stiko-Chef Thomas Mertens ein, dass es
       wahrscheinlich günstiger gewesen wäre, mit dem Boostern früher anzufangen.
       
       2 Dec 2021
       
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