# taz.de -- Gewerkschaftlerin zum Klinikstreik: „Der Druck ist jetzt erheblich“
       
       > Wenn sich Vivantes nicht bewegt, könnten Pflegekräfte zur Charité
       > abwandern, warnt Meike Jäger von Verdi Berlin. Jetzt wird
       > weiterverhandelt.
       
 (IMG) Bild: Kurz vor 12: Das Klinikpersonal streikt in Berlin seit mehr als 30 Tagen
       
       taz: Frau Jäger, einer der härtesten Arbeitskämpfe im deutschen
       Gesundheitswesen dauert nun schon länger als einen Monat. Am Samstag waren
       wieder bis zu 4.500 Berliner Beschäftigte von Charité und Vivantes und ihre
       Unterstützer:innen auf der Straße. Zumindest bei der Charité gab es
       aber Ende vergangener Woche einen Durchbruch. 
       
       Meike Jäger: Das ist mehr als ein Durchbruch bei der Charité. Das
       Eckpunktepapier, auf das wir uns geeinigt haben, ist ein großer Erfolg und
       besser als das, was bisher in anderen Krankenhäusern bundesweit
       abgeschlossen worden ist. Das war unser Ziel, und wir haben es geschafft.
       Das muss natürlich noch in einen Tariftext gegossen werden.
       
       Bei der Charité haben Sie sich auf einen Mindestpersonalschlüssel für fast
       alle Krankenhausbereiche, mehr Ausbildungsqualität und einen
       Freizeitausgleich bei Schichten in Unterbesetzung verständigt. Warum
       klappte das [1][bisher bei Vivantes nicht]? 
       
       Ich denke, dass die Charité die Chancen in so einer Regelung sieht und
       glaubt, sich dadurch von den anderen Krankenhäusern in Berlin und
       bundesweit absetzen zu können. Und damit auch dringend benötigtes, neues
       Personal gewinnen zu können.
       
       Die Charité steht aber auch finanziell besser da als Vivantes und kann sich
       die Neuregelung eher leisten, oder? 
       
       Ob die Charité, bezogen auf den reinen Krankenhausbereich, finanziell
       besser ausgestattet ist, das würde ich infrage stellen. Aber bei der
       Charité ist es aufgrund ihrer rechtlichen Struktur so, dass das Land Berlin
       Defizite ausgleichen muss. Vivantes als GmbH wiederum ist angehalten,
       möglichst schwarze Zahlen zu schreiben. Für das Land Berlin scheint es
       rechtlich schwieriger zu sein, mögliche Defizite zu übernehmen.
       
       Aber das Verhandlungsziel ist das Gleiche bei Vivantes? 
       
       Natürlich. Und der Druck ist jetzt erheblich. Die Beschäftigten in den
       Gesundheitsberufen kennen sich durch die vergangenen Monate gemeinsamen
       Kampfes ganz gut in beiden Unternehmen. Wenn Vivantes jetzt nicht zu einem
       guten Ergebnis kommt, das sich auf dem Niveau der Charité bewegt, dann
       läuft das Unternehmen Gefahr, einen Haufen Mitarbeiter an die Charité zu
       verlieren. Ich hoffe, das ist Vivantes jetzt endlich auch klar geworden,
       und wird ganz schnell zu einem guten Ergebnis kommen. Die Kolleginnen und
       Kollegen sind jedenfalls ungeduldig und warten darauf.
       
       Am Montag gehen die Verhandlungen mit Vivantes auch direkt weiter. Wie
       sieht es bei den Vivantes-Töchtern aus – da kämpfen die Beschäftigten der
       Reinigung, Essensausgabe, aber auch Therapeut:innen und medizinische
       Assistent:innen um eine Bezahlung nach Tarif. 
       
       Wir haben ganz klare Beschlüsse des Abgeordnetenhauses, dass die
       Kolleginnen und Kollegen auf jeden Fall in die Tarifbindung müssen. Dafür
       wollen wir eine klare Perspektive mit einem Stufenplan hin zum Tarifvertrag
       für den öffentlichen Dienst. Es liegt ein Angebot von der Arbeitgeberseite
       auf dem Tisch, und auch wir haben unsere Forderungen noch mal
       konkretisiert. Am Mittwoch werden wir die Verhandlungen unter der
       Moderation von Matthias Platzeck fortsetzen.
       
       Glauben Sie, dass die erkämpften Neuregelungen auch in Sachen
       [2][Personalmangel] etwas bringen? Der verschärft sich doch noch durch
       Mindestbesetzungen und Freizeitausgleiche. 
       
       Wenn wir insgesamt im Gesundheitssystem die Rahmenbedingungen verbessern,
       dann sind wir voll überzeugt davon, dass mehr Kolleginnen und Kollegen
       zurückkommen in den Beruf, den sie nur aus Selbstschutz verlassen haben,
       und auch viele aus der Teilzeit wieder in die Vollzeit gehen. Und wenn auch
       [3][die Auszubildenden] nach ihrer Ausbildung nicht frustriert eine neue
       Ausbildung anfangen, sondern im Beruf verbleiben, dann wird das sicher
       schon einiges an Veränderung bringen.
       
       11 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Berliner-Krankenhausstreik-/!5800739
 (DIR) [2] /Krise-im-Gesundheitswesen/!5803844
 (DIR) [3] /Aus-Azubis-koennen-streiken/!5788402
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manuela Heim
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Vivantes
 (DIR) Pflegekräftemangel
 (DIR) Verdi
 (DIR) Pflege
 (DIR) Charité
 (DIR) Krankenhäuser
 (DIR) Vivantes
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Einigung im Tarifstreit bei Vivantes: Kompromiss nach langem Streik
       
       Angestellte in Töchterfirmen des landeseigenen Berliner Klinikkonzerns
       erhalten mehr Geld. Allerdings werden nicht alle gleich behandelt.