# taz.de -- Die Wahrheit: Wenn Iren kommunieren
       
       > Katholiken und Corona: Die Show muss weitergehen, immer weiter. Die
       > Kirche hat nämlich immer noch Vorrang vor Kindern.
       
 (IMG) Bild: Mara Klein nimmt ab Freitag am Reformgremium der katholischen Kirche teil
       
       In Irland wird wieder fröhlich konfirmiert und kommuniziert. Die
       katholische Kirche schert sich nicht um die Coronarichtlinien der
       Regierung, in vielen Diözesen schieben die Pfaffen seit dem Wochenende den
       Kindern wieder die Oblaten in den Mund.
       
       Zum Glück sind es nur die Oblaten. Die Kirche hat aufgrund ihrer
       langjährigen Vertuschung von Kindesmissbrauch durch Priester jegliche
       moralische Autorität verspielt, aber sie meldet sich immer wieder mit
       nervtötender Selbstgerechtigkeit zu Wort. Dublins Erzbischof Dermot Farrell
       beschwerte sich, dass die Regierung keine Kirchenvertreter bei der
       Festlegung der Richtlinien zu Rate gezogen habe. Warum auch? Die
       Schimpansen im Zoo wurden auch nicht gefragt, und die verstehen von
       Virologie genauso viel wie der Klerus.
       
       Farrell monierte außerdem, es sei heutzutage „anscheinend die einzige
       riskante Versammlung, wenn ein Vater sein Kind zur Kirche bringt, um das
       Sakrament zu empfangen“. Als ob es darum geht. Viel wichtiger sind den
       Kindern die Party und die Geschenke nach dem obligatorischen Ritual. Im
       Schnitt kostet eine Kommunion mehr als 900 Euro für Großraumlimousine,
       Designerkleid und opulente Mahlzeit.
       
       Die Kinder bekommen im Durchschnitt 600 Euro an Geldgeschenken, ein Viertel
       kassiert sogar mehr als 800 Euro. Früher mussten die Kleinen mindestens die
       Hälfte der erbeuteten Summe der Kirche für wohltätige Zwecke spenden. Davon
       träumen die Priester heute.
       
       ## Ohne Gott auch kein Präsident
       
       Aber mit der Trennung zwischen Kirche und Staat hapert es dennoch in
       Irland. Dem Staatsrat, der den Präsidenten beraten soll, gehören neben
       Regierungspolitikern und Juristen auch sieben Menschen an, die der
       Präsident selbst auswählt. Diese sieben und der Präsident müssen einen Eid
       „in Anwesenheit des allmächtigen Gottes“ schwören. Mit anderen Worten: Ein
       Atheist kann niemals irischer Präsident werden – und Berater des
       Präsidenten auch nicht.
       
       Bis 2011 hatte der Staat die Kosten für Kommunion und Konfirmation mit 3,4
       Millionen Euro bezuschusst. 2012 waren es noch 1,5 Millionen, dann wurden
       die Zuschüsse eingestellt. Viele Eltern müssen für die Kommunions- und
       Konfirmationsfeiern einen Kredit aufnehmen. Dass diese Feiern im
       vergangenen Herbst zu einem rapiden Anstieg von Coronafällen führten, haben
       Virologen nachgewiesen.
       
       Deshalb hat die Regierung vorvergangene Woche dem Erzbischof erklärt, man
       werde die Situation beobachten und zum Herbstanfang vermutlich eine
       Lockerung beschließen. Tags darauf schrieb Farrell an die Priester in
       seiner Diözese und erklärte ihnen, sie können wieder loslegen. Im Gegensatz
       zur Regierung hatte Farrell den keltischen Kalender im Sinn: Nach dem fängt
       der Herbst am 1. August an.
       
       Andrew Madden, der als Kind von einem Pfaffen vergewaltigt worden war,
       sagt: „Die Bischöfe haben nichts gelernt: Die Kirche hat immer Vorrang vor
       Kindern. Alte Gewohnheiten sind offenbar schwer zu überwinden.“
       
       16 Aug 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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