# taz.de -- Razzien in Belarus: Die Tür eintreten
       
       > Zahlreiche Organisationen bekommen Besuch vom Geheimdienst KGB. Janka
       > Belarus erzählt vom Leben in Minsk in stürmischen Zeiten. Folge 95.
       
 (IMG) Bild: In Belarus nicht möglich: Demo für die Freilassung von Oppositionellen in Polen
       
       Einer meiner Freunde kommentierte mit schwarzem Humor: „Der Einsatzplan des
       KGB lautet wie folgt: Eine Woche Journalist*innen, eine Woche
       Menschenrechtler*innen. Das Prinzip, nach dem die Razzien in Belarus statt
       finden, ist klar: Die Sicherheitskräfte brechen bei allen ein, die eine Tür
       haben.“
       
       Nach den Säuberungen bei den belarussischen Medien hat die Staatsmacht auch
       ihre Repressionen gegenüber Nichtregierungsorganisationen und
       Menschenrechts-Gruppen verstärkt. Am 14. Juli kam es zu einer weiteren
       Welle von Durchsuchungen. Technik wurde konfisziert, Journalist*innen,
       Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen wurden
       festgenommen.
       
       Den Repressionen fielen mindestens 16 Organisationen zum Opfer. Nach der
       Zerstörung unabhängiger Medien hat das Regime beschlossen, sich auch noch
       derer zu entledigen, die sich, wie auch immer, für [1][Menschenrechte in
       Belarus] einsetzen, für unabhängige und wahrhaftige Daten sorgen sowie
       Menschen helfen. Womit beschäftigen sich die Organisationen, die durchsucht
       wurden?
       
       BEROC: Ein führendes Wissenschaftszentrum im Bereich der
       Wirtschaftsforschung in Belarus. Das Zentrum ist seit 2008 tätig.
       
       Das Menschenrechtszentrum Vjasna (Frühling), das Monitorings durchführt und
       Informationen über die Verletzung von Bürger- und Freiheitsrechten in
       Belarus sammelt. Vjasna arbeitet seit 1996.
       
       BNF (Belarussische Volksfront): Eine legendäre Partei, die 1988 von Sjanon
       Poznjak gegründet wurde.
       
       Human Constanta: Eine belarussische Menschenrechtsorganisation (seit 2016),
       die sich um den Schutz von Menschenrechten und Diskriminierung kümmert.
       
       Belarussisches Helsinki-Komitee: Eine Menschenrechtsorganisation, die 1995
       vom belarussischen PEN-Zentrum gegründet wurde.
       
       Belarussische Journalistenunion (Basch): Eine Nichtregierungsorganisation
       und wohl die einzig ernst zu nehmende Informationsquelle über die Tätigkeit
       von [2][Medien in Belarus]. Sie arbeitet seit 1995.
       
       IMENA: Eine gemeinnützige Medienplattform, die dabei hilft, soziale
       Projekte zu entwickeln, um die sich der Staat nicht kümmert.
       
       „Lawtrend“: Eine Bildungseinrichtung, die für eine Verbesserung der
       Rechtskultur eintritt und im Bereich Recht forscht.
       
       „Gender-Perspektiven“: Eine internationale zivilgesellschaftliche
       Vereinigung, die sich mit dem Problem häuslicher Gewalt und
       Geschlechtergleichheit befasst. Die Vereinigung ist seit 2010 tätig.
       
       Die Vereinigung aller Belaruss*innen weltweit „Batskauschyna“ (Heimat)
       ist eine 1990 gegründete Nichtregierungsorganisation, die mit der
       belarussischen Diaspora in mehr als 20 Ländern arbeitet. „Batskauschyna“
       kümmert sich um den Aufbau kultureller Beziehungen und unterstützt
       Belaruss*innen im Ausland.
       
       Man muss schon über eine ungewöhnliche Fantasie verfügen, um in den
       Tätigkeiten dieser Organisationen einen terroristischen Subtext zu finden.
       
       Die Menschenrechtsorganisation „Vjasna“ hatte am meisten zu leiden: Elf
       Mitglieder, darunter der Vorsitzende Ales Beljatski, wurden am 14. Juli für
       72 Stunden festgenommen. Der Vorwurf lautet auf Organisation von Aktionen,
       die die öffentliche Ordnung verletzen, sowie Steuerhinterziehung.
       
       Was umso erstaunlicher ist: Diese Razzien erinnern ein wenig an Pogrome.
       Einfach das Büro betreten, dazu sind die Vertreter der Staatsmacht nicht in
       der Lage, sie müssen unbedingt die Tür eintreten. Da die Sicherheitskräfte
       beim ersten Mal keine Beweise finden, durchsuchen sie die Räumlichkeiten
       eben zweimal.
       
       Vielleicht, weil sie nicht wissen, was sie suchen? Aber sie haben den
       Befehl dazu erhalten, also ran an die Arbeit! Kynologen sagen, dass Hunde,
       mit denen sie sich beschäftigen, unlogische Befehle nicht befolgen. Aber
       die „Hunde des Regimes“ haben scheinbar eine andere Ausbildung.
       
       Aus dem Russischen Barbara Oertel
       
       24 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Politische-Willkuer-in-Belarus/!5748145
 (DIR) [2] /Journalismus-in-Belarus/!5716586
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Janka Belarus
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Notizen aus Belarus
 (DIR) Belarus
 (DIR) Alexander Lukaschenko
 (DIR) Schwerpunkt Krisenherd Belarus
 (DIR) Schwerpunkt Krisenherd Belarus
 (DIR) Alexander Lukaschenko
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Repression gegen Medien in Belarus: Journalist hinter Gittern
       
       Der belarussische Chefredakteur Egor Martinowitsch wurde von der Polizei
       brutal festgenommen. Nun sitzt er in einem für Folter berüchtigten
       Gefängnis.
       
 (DIR) Repressionen in Belarus: Razzien und Festnahmen
       
       Machthaber Lukaschenko setzt die Unterdrückung fort. Nach
       Hausdurchsuchungen bei Redaktionen und NGO's landeten mehrere Menschen im
       Knast.
       
 (DIR) Repressionen in Belarus: Nächster Schlag
       
       Das Regime geht erneut gegen Kritiker*innen vor. Das Muster ist immer
       gleich. Erst finden Razzien, dann Festnahmen statt. KGB spricht von
       Säuberung.