# taz.de -- Repression in Saudi-Arabien: Zwei sind wieder frei
       
       > Zwei prominente Aktivistinnen sind aus dem Gefängnis entlassen worden.
       > Doch Beobachter*innen sprechen schon von einer neuen
       > Repressionswelle.
       
 (IMG) Bild: Neapel, Italien, 16. Juni: Student*innen forderten die Freilassung von Aktivist*innen wie Samar Badawi
       
       Berlin taz | Es ist eine gute Nachricht, zumindest vordergründig:
       Saudi-Arabien hat die beiden international bekannten Aktivistinnen
       [1][Samar Badawi] und Nassima al-Sadah freigelassen. Die Frauen, die seit
       fast drei Jahren hinter Gittern saßen, hätten das Gefängnis verlassen,
       teilte das Gulf Centre for Human Rights (GCHR) am Montag mit. [2][Bereits
       im Februar war die Aktivistin Ludschain al-Hathlul freigelassen worden.]
       
       Die jüngsten Freilassungen seien jedoch nicht Teil einer breiteren
       Entwicklung, betont Joshua Cooper von der in London ansässigen
       Menschenrechtsorganisation ALQST gegenüber der taz. Dass Badawi und
       al-Sadah nun auf freiem Fuß seien, folge schlicht auf „den Ablauf der
       ungerechten Urteile gegen sie wegen ihres Menschenrechtsaktivismus“.
       
       Zudem werde zumindest al-Sadahs Freiheit auch außerhalb des Gefängnisses
       stark eingeschränkt. „Wie Ludschain al-Hathlul hat Nassima al-Sadah weiter
       schwere Einschränkungen auferlegt bekommen, darunter ein fünfjähriges
       Reiseverbot“, so Cooper. Die Auflagen für Badawis Entlassung seien noch
       unklar.
       
       Mit Ausreisesperren sowie politischen Betätigungsverboten versuchen
       saudische Behörden, Aktivist*innen zum Schweigen zu bringen. So hat man
       etwa von Ludschain al-Hathlul öffentlich nichts gehört, seit sie im Februar
       entlassen wurde.
       
       Wie al-Hathlul waren [3][sowohl Badawi als auch al-Sadah 2018 im Zuge einer
       Repressionswelle gegen Wortführerinnen der saudischen Frauenrechtskampagne
       festgenommen worden.] Sie hatten sich unter anderem für die Aufhebung des
       Fahrverbots für Frauen und des Systems der männlichen Vormundschaft
       eingesetzt. Badawi hatte zudem für die Freilassung ihres Ehemanns Walid Abu
       al-Chair sowie ihres Bruders, des Bloggers Raif Badawi, gekämpft. Der
       Menschenrechtsanwalt Abu al-Chair war 2014 zu 15 Jahren Haft verurteilt
       worden.
       
       Al-Sadah hatte sich als eine der ersten Frauen zu den saudischen
       Lokalwahlen aufstellen lassen. Ihr wurde unter anderem vorgeworfen, mit
       Stellen im Ausland zu kommunizieren, die Saudi-Arabien gegenüber feindlich
       eingestellt seien.
       
       ## Neue Repressionswelle 2021
       
       Badawis Festnahme hatte eine Krise zwischen Saudi-Arabien und Kanada
       ausgelöst. Nachdem die kanadische Außenministerin Badawis Freilassung
       gefordert hatte, verwies Riad den kanadischen Botschafter des Landes und
       rief den saudischen zurück. Zudem fror Saudi-Arabien ein Handelsabkommen
       mit Kanada ein.
       
       Zeitgleich mit der Repressionswelle von 2018 hatte die saudische Führung um
       Muhammad bin Salman gesellschaftliche Reformen vorangetrieben. So wurde im
       selben Jahr das Fahrverbot für Frauen abgeschafft. [4][Auch das
       Vormundschaftssystem – zentraler Stein des Anstoßes für saudische
       Frauenrechtler*innen – wird seitdem zunehmend ausgehöhlt], auch wenn
       die völlige Abschaffung nicht in Aussicht ist.
       
       Cooper erinnert derweil an das Schicksal anderer Aktivist*innen. „Während
       die 2018 verhafteten Aktivistinnen inzwischen bedingt aus dem Gefängnis
       entlassen werden, bleiben viele andere saudische Aktivist*innen hinter
       Gittern“, sagt Cooper, der eine neue Repressionswelle in der ersten Hälfte
       dieses Jahres beobachtet.
       
       „Allein in den letzten Monaten wurden mehrere Aktivist*innen zu
       Haftstrafen verurteilt, darunter Israa al-Ghomgham, Abdulrahman al-Sadhan
       und Mohammed al-Rabiah, der selbst 2018 im Rahmen des Crackdowns
       Saudi-Arabiens gegen Frauenrechtsaktivisten festgenommen worden war.“ Nach
       Angaben von ALQST beläuft sich die Freiheitsstrafe im Falle al-Rabiahs auf
       sechs Jahre; al-Sadhan und al-Ghomgham müssen zwanzig beziehungsweise acht
       Jahre ins Gefängnis.
       
       Al-Sadhans Schwester, Areej Al-Sadhan, hat im März [5][in der Washington
       Post] schwere Vorwürfe gegen Saudi-Arabien erhoben. Ihr Bruder werde
       gefoltert mit „Elektroschocks, Schlägen, Auspeitschen, Aufhängen in
       Stresspositionen, Schlafentzug, Todesdrohungen, Beleidigungen, verbalen
       Demütigungen und Isolationshaft“. Areej Al-Sadhan ist US-Bürgerin. Ihr
       Bruder hat keinen US-Pass, ist aber Sohn einer US-amerikanischen Mutter.
       [6][Die Biden-Regierung] hat sich in dem Fall öffentlich bislang nur
       „besorgt“ gezeigt.
       
       29 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [4] /Maennliche-Vormunde-in-Saudi-Arabien/!5779638
 (DIR) [5] https://www.washingtonpost.com/opinions/2021/05/03/abdulrahman-al-sadhan-sister-areej-saudi-arabia/
 (DIR) [6] https://www.state.gov/the-sentencing-of-saudi-humanitarian-aid-worker-abdulrahman-al-sadhan/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Hagmann
       
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