# taz.de -- Wiener Student in Kairo im Gefängnis: Hartes Urteil, klare Botschaft
       
       > Wegen Facebook-Posts muss ein Student aus Wien in Ägypten vier Jahre ins
       > Gefängnis. Das Urteil sei eine Warnung, sagt ein Menschenrechtler.
       
 (IMG) Bild: Ägyptischer Präsident Abdel Fattah al-Sisi
       
       Kairo taz | Nur drei Gerichtssitzungen hat es gedauert, dann fällte das
       Kairoer Sondergericht sein hartes Urteil. Der 29-jährige Ägypter Ahmad
       Samir Santawy, der einen Masterstudiengang an der Central University (CEU)
       in Wien absolviert, wurde am Dienstag zu vier Jahren Gefängnis verurteilt.
       Er soll aus dem Ausland heraus Falschinformationen verbreitet haben, die
       der inneren Sicherheit Ägyptens schaden. Corpus Delicti waren
       regimekritische Facebook-Postings, die er angeblich von Wien aus ins Netz
       gestellt hatte.
       
       Der Alptraum des Studenten begann am 23. Dezember letzten Jahres, als er
       bei einem Urlaub in seinem Heimatland, bei dem er auch seine Familie
       besuchen wollte, am Flughafen drei Stunden lang verhört, dann aber
       freigelassen wurde, um dann ohne weitere Probleme einreisen zu können.
       
       Nach einer späteren polizeilichen Vorladung in Kairo, der er nachgekommen
       war, [1][verschwand er kurzzeitig Ende Januar, tauchte ein paar Tage später
       aber dann bei der Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit wieder auf.]
       Seitdem saß er unter dem Vorwurf, Mitglied einer terroristischen
       Vereinigung zu sein und Falschmeldungen verbreitet zu haben, in
       Untersuchungshaft. Vor kurzem erst hatte sein Prozess begonnen, in dem nur
       das Delikt der Verbreitung von Falschmeldungen aus dem Ausland verhandelt
       wurde.
       
       Die Beweismittel seien Facebook-Screenshots gewesen, in denen kritische
       Äußerungen über die prekäre Lage von Häftlingen in ägyptischen Gefängnissen
       im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Covidpandemie gemacht worden seien,
       erzählt Muhammad Abdel Salam, der in Kairo die Menschenrechtsorganisation
       Association for Freedom of Thought and Expression (AFTE) leitet, gegenüber
       der taz.
       
       Ahmad Samir besitze inzwischen kein Facebook-Konto mehr und habe
       abgestritten, dass die Postings von ihm stammten, berichtet Abdel Salam.
       Grund der Verurteilung sei ein technischer Bericht des Innenministeriums
       gewesen, der die Screenshots Ahmad Samirs ehemaligem Facebook-Konto
       zuweist.
       
       ## Botschaft an Ägypter*innen im Ausland
       
       „Nehmen wir einmal an, diese Vorwürfe wären wahr – wir gehen davon aus,
       dass sie unwahr sind – dann wäre auch dies kein Grund, die Zukunft eines
       Studenten zu zerstören, weil er seine Meinung geschrieben hat“, erklärt
       Abdel Salam dazu. „Es ist einzigartig und es ist extrem hart“, lautet seine
       Einschätzung des Urteils.
       
       „Wir glauben, es ist auch eine Botschaft an die Ägypter, die im Ausland
       leben, als Studenten, Journalisten oder Universitätsprofessoren. Glaubt
       nicht, dass eure Verbindungen zu ausländischen Institutionen in Europa oder
       Amerika uns davon abhalten, gegen euch repressiv vorzugehen“, meint der
       Menschenrechtler.
       
       Verschärfend für den Studenten kommt hinzu, dass er keine Rechtsmittel
       gegen das Urteil einlegen kann. Diese Möglichkeit ist bei dem
       Sondergericht, das aufgrund des Ausnahmezustandes in Ägypten existiert,
       nicht gegeben. Die vierjährige Haftstrafe ist damit endgültig. Die einzige
       Hoffnung für Ahmad Samir sei nun, dass der ägyptische Präsident Abelfattah
       El-Sisi die ihm rechtlich zustehende Macht einsetzt und die Freilassung des
       Studenten trotz des Urteils anordnet.
       
       Die CEU und deren Direktor Michael Ignatieff war auf Anfrage nicht zu einem
       Kommentar bereit, mit dem Verweis, dass im Hintergrund weitere Bemühungen
       um die Freilassung Ahmad Samirs laufen. Auch im Außenministerium in Wien
       verweist man lediglich auf die bisherigen Bemühungen, die mit der CEU,
       Menschenrechtsorganisationen und anderen Partnern in der EU und in
       multilateralen Gremien koordiniert und abgestimmt worden seien.
       
       „Wir werden dies auch weiterhin mit voller Kraft tun“, heißt es dort vage.
       Offensichtlich hofft man sowohl an der Universität, sowie im
       Außenministerium, über stille diplomatische Kanäle doch noch etwas für den
       Wiener Studenten erreichen zu können.
       
       23 Jun 2021
       
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