# taz.de -- Nach Tod von Schwarzem durch Polizei: Proteste trotz Ausgangssperre
       
       > In Minneapolis protestieren erneut Dutzende, die Polizei setzt Reizgas
       > ein. Zuvor hatte US-Präsident Biden zur Ruhe aufgerufen.
       
 (IMG) Bild: Vor der Polizeistation von Brooklyn Center kamen erneut Demonstrierende zusammen
       
       Washington dpa/afp | Nach dem Tod eines weiteren Schwarzen bei einem
       Polizeieinsatz im US-Bundesstaat Minnesota hat US-Präsident Joe Biden zur
       Ruhe aufgerufen. „Friedlicher Protest ist verständlich“, sagte Biden am
       Montag im Weißen Haus. Für Gewalt gebe es aber „absolut keine
       Rechtfertigung“. Der Präsident verwies darauf, dass die Ermittlungen zum
       Tod des 20-jährigen Daunte Wright in Brooklyn Center im Norden der
       Metropole Minneapolis abgewartet werden müssten. „Die Frage ist, ob es ein
       [1][Unfall oder Absicht war.] Das muss noch geklärt werden.“ In Minneapolis
       läuft derzeit der Prozess gegen den Ex-Polizisten Derek Chauvin wegen des
       gewaltsamen Todes des Afroamerikaners George Floyd im Mai vergangenen
       Jahres.
       
       Eine Polizistin hatte am Sonntag bei einer Verkehrskontrolle auf Wright
       geschossen. Der Vorfall löste Proteste aus, die auch in Gewalt ausarteten.
       In Minneapolis und der benachbarten Stadt Saint Paul trat am Montagabend
       eine nächtliche Ausgangssperre für die Metropolregion in Kraft, die bis
       Dienstagmorgen um 6 Uhr (Ortszeit/13 Uhr MESZ) andauern sollte. Trotzdem
       kam es zu Protesten. Dutzende Demonstranten riefen Parolen und schwenkten
       Banner vor der Polizeistation von Brooklyn Center. Die Demonstranten
       schmähten die Polizisten über einen neu errichten Zaun um die
       Polizeistation hinweg. „Alle rassistischen Mörder-Bullen ins Gefängnis“ und
       „Bin ich der nächste?“ stand auf Schildern, die die Demonstranten hielten.
       Die Polizei setzte Tränengas ein und ordnete ein Ende der Demonstration an.
       
       Der Polizeichef von Brooklyn Center, Tim Gannon, hatte zuvor gesagt, er
       gehe davon aus, dass eine Polizistin versehentlich einen Schuss abgegeben
       habe. Nach ersten Erkenntnissen habe sie statt eines Elektroschockers
       (Taser) irrtümlich ihre Pistole gezogen. Der Präsident der
       Bürgerrechtsorganisation NAACP, Derrick Johnson, erklärte: „Ob es sich um
       Nachlässigkeit und Fahrlässigkeit handelt oder um einen unverhohlenen
       modernen Lynchmord, das Ergebnis ist das gleiche. Ein weiterer schwarzer
       Mann ist durch Polizistenhand gestorben.“
       
       Gannon zeigte bei einer Pressekonferenz Aufnahmen der Kameras, die die
       Polizisten am Körper trugen (Bodycams). Darauf ist zu sehen, wie
       Sicherheitskräfte Wright Handschellen anlegen wollen. Dabei löst sich
       Wright aus dem Griff und steigt wieder in sein Auto. Eine Polizistin ruft
       „Taser Taser Taser“, hat aber eine Pistole in ihrer Hand. Aus der Waffe
       scheint sich ein Schuss zu lösen, bevor Wright davonfährt. Die Polizistin
       sagt erst einen erschreckt wirkenden Kraftausdruck und dann: „Ich habe
       gerade auf ihn geschossen.“
       
       ## Bürgermeister sichert vollständige Aufklärung zu
       
       Bürgermeister Mike Elliott sagte, Wright sei noch mehrere Blocks
       weitergefahren und dann mit einem anderen Fahrzeug zusammengeprallt. Er
       habe nicht wiederbelebt werden können. Elliott sicherte vollständige
       Aufklärung und Gerechtigkeit für Wright zu. Der örtliche Sender WCCO
       berichtete unter Berufung auf die Gerichtsmedizin, Wright sei an einer
       Schusswunde an seiner Brust gestorben.
       
       Polizeichef Gannon betonte: „Es gibt nichts, was ich sagen kann, um den
       Schmerz der Familie zu lindern.“ Ihm sei nicht bekannt, dass im Wagen des
       Opfers eine Waffe gefunden worden sei. Die Polizistin sei während der
       laufenden Untersuchung freigestellt worden. Die Polizisten hätten Wright
       kontrolliert, weil die Zulassung seines Wagens abgelaufen gewesen sei. Bei
       der Überprüfung seiner Personalien hätten sie dann festgestellt, dass gegen
       ihn ein Haftbefehl wegen eines „groben Vergehens“ vorliege.
       
       Bürgermeister Elliott sagte, dass [2][nach George Floyd] erneut ein
       Schwarzer durch die Polizei getötet worden sei, sei „herzzerreißend und
       einfach unfassbar“. Elliott betonte: „Das hätte nicht zu einer schlechteren
       Zeit geschehen können.“ Amerika und die ganze Welt blickten auf die
       örtliche Gemeinschaft, die nach dem Tod Floyds immer noch „am Boden
       zerstört“ sei.
       
       Der neue Todesfall hatte am Sonntagabend schwere Proteste ausgelöst.
       US-Medien berichteten, Hunderte Demonstranten hätten ein Polizeirevier
       umringt. Es sei zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften gekommen, die
       unter anderem Tränengas eingesetzt hätten. Die örtliche Polizei habe später
       Verstärkung von der Nationalgarde von Minnesota erhalten, die derzeit wegen
       des Chauvin-Prozesses in Minneapolis stationiert sei.
       
       ## Profi-Ligen NBA, NHL und MLB sagen mehrere Spiele ab
       
       Nach dem Tod Floyds in Minneapolis am 25. Mai 2020 war es in den USA
       monatelang zu Massenprotesten gegen Polizeigewalt und Rassismus gekommen.
       Dem Ex-Polizisten Chauvin wird vorgeworfen, bei dem Einsatz im vorigen Jahr
       sein Knie minutenlang auf George Floyds Hals gepresst zu haben, obwohl
       dieser flehte, ihn atmen zu lassen.
       
       Als Reaktion auf den neuerlichen Vorfall sagten die Profi-Ligen NBA, NHL
       und MLB die für Montagabend geplanten Partien unter Beteiligung der
       Mannschaften aus Minnesota ab. In der NBA hätten die Minnesota Timberwolves
       gegen die Brooklyn Nets Basketball gespielt, in der National Hockey League
       ist die Begegnung der Minnesota Wild um den Augsburger Nico Sturm gegen die
       St. Louis Blues betroffen. In der Major League Baseball wurde das Spiel der
       Minnesota Twins mit dem Berliner Max Kepler im Kader gegen die Boston Red
       Sox abgesagt, wie die Ligen jeweils mitteilten.
       
       In Windsor im US-Bundesstaat Virginia wurde unterdessen ein Polizist
       entlassen, der bei einer Verkehrskontrolle gegen einen schwarzen Leutnant
       der US-Streitkräfte Reizgas eingesetzt hatte. Die Stadt teilte mit, eine
       Untersuchung des „unglücklichen“ Vorfalls vom vergangenen Dezember habe
       ergeben, dass der Polizist Verfahrensregeln nicht eingehalten habe.
       
       13 Apr 2021
       
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