# taz.de -- Wohin zoomen?: „Acht Stationen Horror“
       
       Interview Philipp Nöhr
       
       taz: Worauf muss sich das Publikum bei „German.Horror.Story“ gefasst
       machen? 
       
       Horror-Story-Team: Die Zuschauer:innen gehen mit Hilfe eines Avatars
       durch die „German.Horror.Story“ – eine theatrale Installation, von der die
       Zuschauer:innen einen Ausschnitt als Videokonferenz erleben. In der
       Installation thematisieren wir die Kontinuität des Faschismus in
       Deutschland: im Internet, etwa durch Hasskommentare, aber auch auf der
       Straße oder im Parlament. Wir wollen verschiedene Ansätze darstellen, wie
       man darauf reagieren kann. Diese sind inspiriert von der antifaschistischen
       Praxis, die nicht nur die Konfrontation mit Nazis sucht, sondern breiter
       angelegt ist – mal recherchierend, mal trauernd, mal künstlerisch und
       musikalisch.
       
       Wie gelingt Ihnen das auf der Bühne? 
       
       Zu Beginn gibt es für alle Zuschauer:innen erst einmal einen Fragebogen.
       Auf dessen Grundlage versucht dann ein Algorithmus, die perfekte Route
       durch unsere Installation zu genieren. Je nachdem, wie die Antworten
       ausfallen, gibt es immer eine andere Route durch acht interaktive Stationen
       der Horror-Story. Es gibt zum Beispiel bei einer Station eine Karte, die
       auf Daten der Rechercheplattform tatortrechts.de basiert. Wir versuchen da,
       die Horror-Story des Rechtsradikalismus in Deutschland zu verbalisieren.
       
       Sie wollen eine antifaschistische KI entwickeln. Wie das? 
       
       Künstliche Intelligenz neigt dazu, Menschen aufgrund äußerlicher Daten zu
       kategorisieren und zu überwachen. Das sind prinzipiell faschistische
       Praktiken. KI-Algorithmen sind häufig biased: Der Datensatz, auf dem sie
       trainiert wurden, ist voreingenommen und reproduziert Rassismus.
       
       Ist dann eine antifaschistische KI möglich? 
       
       Das ist die große Frage. Wichtig ist zum einen, auf welche Datensätze eine
       KI trainiert ist. Was wäre zum Beispiel, wenn KI auch auf historische
       Archive zu Rechtsextremismus und Faschismus zugreifen würde? Vielleicht
       würde es ihr eine andere Richtung geben, wenn wir versuchen, so transparent
       wie möglich zu sein. Diese Transparenz schafft zumindest ein Bewusstsein
       für die Funktionsweise der KI.
       
       Was hat Ihnen die wachsende Bedeutung von KI vor Augen geführt? 
       
       Zum Beispiel die Diskussion um intelligente Videoüberwachung. Als ich
       verstanden habe, dass da alle Menschen mit Videokameras aufgenommen und zu
       Daten verarbeitet werden – da dachte ich wirklich: Das ist der „German
       Horror“.
       
       Aber stecken in KI nicht auch große Chancen? 
       
       Eine Technik wie KI grundsätzlich abzulehnen, ist nicht in unserem Sinne.
       Wir denken, dass KI auch für eine bessere Zukunft genutzt werden sollte.
       Aber KI darf eben nicht diskriminieren und unterdrücken, sondern muss
       emanzipativ werden. Nur weil Konzerne wie Google und Facebook eine echte
       Bedrohung darstellen, dürfen wir ja nicht die Technik selbst verdammen.
       
       10 Apr 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Nöhr
       
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